Haltlos
einfach zu lügen. Also strahlte sie ihre Freundin an und flüsterte: „Jaaaa. Es war unglaublich! Und das ist ja nicht mal gelogen. “
Kerstin gab sich damit nicht zufrieden und fragte neugierig: „Und wie ist er so? Ich meine, … ich finde ihn ja einfach nur unheimlich.“
Victoria lächelte als sie widersprach: „Er ist überhaupt nicht unheimlich! Er ist sehr aufmerksam – ganz anders als Mark. Er scheint immer genau zu wissen, was ich mag oder auch nicht. Das macht es ja so unbeschreiblich mit ihm. Und wieder habe ich nur die Wahrheit gesagt!“
Kerstin grinste und zwinkerte ihr zu. „Vielleicht kann er ja doch Gedankenlesen.“
„Ja, das scheint tatsächlich so zu sein“, gab Victoria lachend zurück.
Kerstin wollte noch weiter bohren, einfach wissen, ob sie gemeinsam essen waren, im Kino oder so aber da ließ sich Falk neben sie plumpsen und erklärte bedeutungsvoll: „Ich weiß ja nicht, worüber ihr zwei da gerade tuschelt, aber ICH kann Karten für das Freundschaftsspiel unserer Nationalmannschaft in drei Wochen hier in der Ostseehalle besorgen!“
Felix und Sabine setzten sich auch gerade und Felix rief: „Echt? Das Spiel gegen die Schweden?“
Falk nickte stolz und Felix sah erwartungsvoll in die Runde. „Was meint ihr, Mädels? Wir waren in dieser Rückrunde gar nicht beim THW und so ein Semester ganz ohne Handball geht doch gar nicht!“
Sabine schaute zweifelnd in ihren Kalender. „Aber dann haben wir nur noch eine Woche, bevor die Klausuren anfangen…“
Falk grinste leicht ironisch. „Das ist doch gerade gut! Dann kriegen wir wenigstens den Kopf mal wieder frei. Man kann doch nicht immer nur lernen.“
„Außerdem spielen sie hier in Kiel!“, fügte Felix hinzu. „Wann kann man die Nationalmannschaft schon mal vor Ort sehen?“
Kerstin nickte. „Das stimmt! Also, ich bin dabei.“
Auch Sabine klappte entschlossen den Kalender zu. „OK, ich komme auch mit – auf einen Abend mehr oder weniger kommt es auch nicht an.“
Alle sahen Victoria erwartungsvoll an und Sabine fragte: „Und was ist mit dir? Kommst du auch mit?“
Sie erinnerte sich, dass Abrexar betont hatte, sich unbedingt unauffällig zu verhalten und sie hatte in diesem Semester wirklich viel zu wenig mit ihren Kommilitonen gemacht. Außerdem hörte sie Jaromirs Gedankenstimme: „Geh doch mit, Kleines. Das wird bestimmt lustig!“
Also nickte sie. „Jo, ich bin auch dabei!“
Falk strahlte. „Prima, dann organisiere ich uns fünf Karten direkt am Spielfeld, damit wir auch nichts verpassen.“
Bevor sie noch weitere Pläne schmieden konnten, betrat Professor Dieck den Raum und begann mit der Vorlesung.
Im Laufe des Tages versuchte Kerstin noch mehr bei Victoria über sie und ihren Professor in Erfahrung zu bringen und sie erzählte, dass sie meist bei ihm zu Hause waren, weil sie ihre Beziehung jetzt noch geheim halten wollten. Außerdem schwärmte sie von Alberts hervorragendem Essen.
Dass Professor Custos Portae einen Butler hatte, machte auf Kerstin großen Eindruck aber sie freute sich vor allem mit ihrer Freundin über ihr neues Glück. Und Victoria fand es einfach herrlich, endlich mal von ihrem Freund schwärmen zu können. So ganz von Frau zu Frau – das erinnerte sie an Mark und das vorherige Semester und fühlte sich fast schon so wunderbar normal an wie früher.
Am Dienstag freute sich Victoria richtig darauf, wieder mit Kerstin tuscheln zu können, aber die war mit anderen Gedanken beschäftigt.
„Was gibt’s Neues?“, fragte Victoria.
„Ach“, Kerstin verzog ihr Gesicht, „meine Mutter ist frisch verliebt.“
Victoria konnte genau sehen, was in ihrer Freundin vor sich ging, versuchte aber trotzdem eine normale Unterhaltung zu führen. „Aber, das ist doch toll! Die Scheidung von deinem Vater hatte ihr doch so zugesetzt, dass sie sich monatelang nur verkrochen hat.“
Kerstin seufzte: „Ja, schon. Ich freue mich ja auch für sie. Aber sie kennt Andre noch nicht so lange und der will sie gleich auf einen Urlaub nach England einladen – er hat Geld, weißt du...“
Victoria verstand das Unbehagen ihrer Freundin. „Ist denn deine Mutter glücklich mit ihm und er mit ihr?“
Kerstin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht genau. Ich habe sie erst einmal zusammen gesehen. Aber doch… ich glaube, sie mögen sich wirklich.“
Als Victoria die Erinnerung von der Mutter mit ihrem neuen Freund in Kerstins Gedanken sah, musste sie lächeln. Die zwei wirkten so unbeholfen wie
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