Haltlos
aber in Jaromirs Nähe war es angenehm warm.
Irgendwann setzte ein leichter Nieselregen ein und sie beschlossen aufzubrechen. Gemeinsam verstauten sie das Picknick im Korb. Dann gingen sie Arm in Arm zurück zu Jaromirs Sportwagen.
Victoria genoss seine Nähe sehr. „Ich könnte noch eine Ewigkeit mit ihm so durch den Regen laufen.“
Daraufhin sagte er leise: „Wenn du willst, können wir uns ja morgen Nachmittag wieder treffen. Dann bringe ich dir bei, wie du deinen Geist abschirmst.“
„Magst du meine Gedanken nicht hören?“
„Ich liebe es, deine Gedanken zu hören, aber ich weiß auch, wie sehr du deine Privatsphäre schätzt. Wenn du möchtest, hole ich dich ab und dann fahren wir zu mir. Dort sind wir ungestört und haben jede Menge Platz. – Es sei denn, du hast schon etwas anderes vor…“
„Ach, die Matheübungszettel können auch mal warten!“, lachte sie.
7. Gedankenfenster
Als Victoria am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war sie im ersten Moment absolut sicher, dass ihr Treffen mit Jaromir nur ein unglaublicher Traum gewesen war. Ihr Professor ein Drache und dann auch noch in sie verliebt? Das musste echt ihrer in letzter Zeit doch sehr blühenden Fantasie entsprungen sein!
„Das kann nur eine Illusion gewesen sein! So etwas gibt es doch gar nicht…“
Dann sah sie neben ihrem Wecker eine Packung Zimtkaugummi liegen und die Schmetterlinge wirbelten wieder Glücksstaub auf. Bevor Jaromir sie mit seinem Sportwagen nach Hause gebracht hatte, hatte er ihr das Kaugummi gegeben. Er war der Meinung, dass sie von jetzt an immer etwas Zimt bei sich tragen sollte. Sie hatte nichts dagegen – so schlecht schmeckte ihr das Zeug nämlich gar nicht und die Wirkung war wirklich unschlagbar.
Sie konzentrierte sich kurz und tatsächlich nahm sie Jaromir in einiger Entfernung wahr. Was genau er machte, konnte sie nicht sagen, aber sie war sich sicher, dass er sich im Augenblick ganz wohl fühlte.
Sie schaute auf den Wecker: es war jetzt zehn Uhr.
Dann erinnerte sie sich plötzlich, dass er sich vor dem Abschied mit ihr für diesen Nachmittag verabredet hatte.
„Will ich ihn denn wiedersehen?“ , fragte sie sich etwas verwirrt, aber sofort schrien alle Schmetterlinge lautstark: „JA!!!“ und übertönten damit ihren Verstand, der versuchte, sie mit vernünftigen Argumenten vom Gegenteil zu überzeugen.
Trotzdem … alles fühlte sich so fremd an und so… so unwirklich – eben wie ein Traum!
„Ja, «unwirklich» ist echt das richtige Wort dafür! Wenn ein Drache nicht unwirklich ist, dann weiß ich auch nicht! ... und was mache ich jetzt?“
Auch wenn das Treffen mehr als surreal gewesen war, so fühlte sie sich heute nicht weniger zu Jaromir hingezogen als in den letzten Tagen. Sie war noch genauso in ihn verliebt wie gestern – wenn nicht sogar noch mehr.
„Wie kann denn das sein? Eigentlich müsste ich doch schockiert sein, oder etwa nicht?“
Tatsächlich hatte sie jedoch das unbestimmte Gefühl, dass sich alles so entwickelte, wie es sollte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären wieso, aber ihre Beziehung zu Jaromir fühlte sich irgendwie «richtig» an und zwar so richtig, wie etwas nur sein konnte.
Sie wollte ihn wiedersehen, ungeachtet dessen, was da gestern gewesen war und das war wirklich verrückt!
„Vielleicht bin ich ja doch nicht mehr ganz bei Sinnen“, dachte sie und zuckte dann gleichgültig mit den Schultern. Schließlich musste sie grinsen. „Ach, auch egal! Wenn ich schon irre werde, dann aber bitte richtig! Also kann ich mich heute auch mit ihm treffen.“
Wenn sie jetzt aufstand, schaffte sie vielleicht sogar noch ein paar Übungsaufgaben, bevor er sie abholen würde. Bei dem Gedanken an diesen Nachmittag drehten die Schmetterlinge begeistert ein paar Runden.
Sie ging ins Bad und schaute in den Spiegel.
„Ja, da ist es wieder, dieses selige Grinsen. Und es wird wohl auch noch etwas bleiben“ , dachte sie glücklich.
Sie putzte ihre Zähne, wusch sich und kämmte die Haare. Dann zog sie sich an und ging in die Küche.
J saß schon am Frühstückstisch. Er hatte für sie beide gedeckt und sogar zwei Eier gekocht. „Na Prinzessin, wenn ich dein Lächeln richtig deute, ist es gestern ganz gut gelaufen, oder? Wie war es denn im Keenlein?“
J goss ihr dampfenden Tee in einen großen Becher und sah sie erwartungsvoll an.
Victoria hatte beschlossen, möglichst nah an der Wahrheit zu bleiben und sagte: „Wir waren gar nicht im
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