Hanan 2 - Weltenjäger
greifen würde; und sie wußte, daß er sie abweisen würde.
›Es zeugt nicht von Elethia, wenn du mich ausschließt‹
, sendete sie.
›Nein. Du glaubst, du kannst mich verlassen und ausschließlich auf deine Art handeln, aber ich werde dir folgen, selbst wenn mein Bewußtsein alles ist, was ich zu dir schicken kann.‹
›Hör auf!‹
Er stand auf, schloß ihre Gedanken aus und ging auf den Balkon hinaus.
Die
Ashanome
brannte hoch oben wie der früheste Abendstern, ein Unstern für Priamos, unentrinnbare Zerstörung verheißend. Vor einem Zeitalter war er der Kapitän eines Schiffes in dem, was ihm nun die Sicherheit der Esliph schien, gewesen, eine Giyre, die kaum kompliziert war. Nun war er der Abgesandte der Orithain, von denen die Amaut keine Ahnung haben konnten: Ein Tag verloren, die Nacht im Kommen, sein Asuthe verstümmelt, eine Mission, die er unmöglich erfüllen konnte. Am nächsten Mittag würde das Ultimatum auslaufen.
Plötzlich bezweifelte er, ob ein Gelingen seines Vorhabens überhaupt in Chimeles Absicht gelegen habe. Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob ihre Arastiethe es ihr gestatten würde, zwei verlorene Kamethi zu retten, bevor die Welt zu Asche verbrannte. Wenn er sich ihr widersetzte und durch die Straßen liefe, um das Weltenende zu verkünden, würde das niemandem helfen: Die Amaut konnten die Bevölkerung nicht rechtzeitig evakuieren. Er mußte alles mit ansehen. Bitter beklagte er, daß die Idoikkhei nicht senden konnten. Er würde betteln, er würde Chimele anflehen, zumindest Isande heimzubringen.
›Sie wird uns nicht im Stich lassen‹
, sendete Isande. Aber ein Zweifel lag darin. Chimele handelte nicht unvorsichtig: Es war nicht Nachlässigkeit, daß sie, bewußtlos und hilflos, unter die Amaut gesetzt worden waren. Die Motive der Iduve waren immer schwierig zu erkennen.
Aielas Puls schlug schneller vor Wut, die Isande zu dämpfen versuchte, wie immer erschrocken vor jedem Widerstand gegen die Iduve. Aber ein Iduve-Schiff war erreichbar, eines, das vor dem Angriff die Welt verlassen mußte. Bei dieser Erinnerung formte sich eine Idee in seinem Bewußtsein; und Isande klammerte sich an den Bettpfosten und strahlte Entsetzen aus.
›Du willst mich zu ihm schicken? Zum Teufel mit dir, Aiela, nein. Nein!‹
Aiela schirmte sich gegen ihre Einwände ab, kehrte zum Bett zurück und öffnete seinen Koffer; er zog gegen die Nachtkühle eine Jacke an und schnallte sich seine Dienstpistole um. Isandes Wut umspülte ihn, zunichte gemacht durch seine Erleichterung darüber, daß er Hilfe für sie gefunden hatte.
Sie sendete Erinnerungen: ein jüngerer Khasif, gesehen durch die Augen eines erschreckten, kalliranischen Mädchens, Aufmerksamkeiten, die weit über alles hinausgingen, was sie jemals irgend jemandem gestattet hatte – Berührung, Gefangenschaft auf kleinem Raum mit einem Iduve, dessen Absichten wesentlich gefährlicher waren als Katasukke. Sie ließ ihn diese Dinge fühlen: Das setzte sie beide in Verlegenheit.
»Chimele hat uns verboten, zu Khasif zu gehen«, sagte sie und wußte schon im voraus, daß es nichts nützen würde. Er würde dafür eine Vaikka hinnehmen müssen: Damit rechnete er und hoffte sogar, daß er dazu noch Gelegenheit haben würde. Sein Denken glitt schon wieder weg von ihr, zur Dunkelheit von Daniels Bewußtsein, zu seinem Vorhaben hier.
›Er ist ein MENSCH!‹
Das Wort kreischte durch ihre Gedanken mit einer nackten Abscheulichkeit, vor der sogar Isande beschämt zurückwich.
›Du siehst, warum ich dich nicht berühren kann‹
, sagte Aiela und haßte sich selbst für diese unnötige Aufrichtigkeit. Sie kam nicht dagegen an: Da war etwas, was ihre innere Abwehr aktivierte, sobald sie bemerkte, daß Daniel ihr zu nahe kam, obwohl sie an der Oberfläche bemüht war, freundlich zu ihm zu sein.
›Männlich und fremd‹
schrie ihr Gefühl, in dieser Reihenfolge.
›Hat dir Khasif das angetan?‹
fragte sich Aiela, ohne zu wollen, daß sie es auffing; vielleicht hatte er es zu genau getroffen – sie riß die Abschirmung hoch und wollte sie nicht mehr senken. Ihre Hände suchten die seinen, aber ihr Bewußtsein blieb unzugänglich.
»Wie glaubst du, daß du ihm helfen kannst?« fragte sie laut.
»Es gibt Hilfsquellen in Weissmouth. Bei all den Amaut und den menschlichen Söldnertruppen muß es doch eine vernünftige Chance geben, einen Weg zu ihm zu finden.«
Es sickerte durch, was sie von diesen Chancen hielt, trübe und unheilverkündend.
Weitere Kostenlose Bücher