Hand in Hand in Virgin River
fühle ich mich noch schlechter.“
„Sobald du und dein Dad in der Lage seid, euch gegenseitig zu verstehen, wird es dir sehr viel besser gehen. Ich sehe dich in einer Woche wieder. Wenn du möchtest, bring deinen Dad mit, damit ich euch beim Reden ein bisschen behilflich sein kann. Das kannst du gerne tun.“
„Verdammte Scheiße, ich glaube eher nicht“, entgegnete sie. Dann neigte sie den Kopf und grinste ihn an. „Sie hatten gesagt, ich dürfte fluchen.“
„Absolut, Courtney. Es ist in der Tat äußerst hilfreich. Denn durch einen solchen Gefühlsausbruch erkenne ich, welche Sachen dich am meisten ärgern oder bewegen.“
Sie funkelte ihn finster an. „Manchmal hasse ich Sie wirklich.“
Er lächelte leicht. „Das höre ich oft.“
Nichts konnte den Kloß in Courtneys Hals auflösen. Es half auch nicht, wenn sie ihre Gedanken von den eigenen Verlusten auf die Möglichkeit, Rory zu verlieren, lenkte. Sie liebte diesen albernen Jungen! Und Amber wirkte vielleicht bescheuert, aber tief in ihrem Herzen wusste Courtney ganz genau, dass Amber nicht nur bescheuert, sondern auch absolut aufrichtig und liebenswert war und sehr an ihrer Familie hing.
Und an Courtney.
Gleich am nächsten Tag fragte Courtney Amber beim Mittagessen: „Machst du dir eigentlich manchmal Sorgen, dass du Rory vielleicht mal verlieren könntest?“
Amber kaute und schluckte. „Die ganze Zeit. Und nicht mal nur vielleicht – falls nicht noch irgendein medizinisches Wunder geschieht, werden wir ihn ganz bestimmt verlieren. Und das bringt mich um.“
„Ist ihm das bewusst?“, fragte Courtney.
„Natürlich. Er sitzt seit zwei Jahren im Rollstuhl – glaubst du, er hat noch nicht gefragt, was das alles bedeutet? Der kleine Schlauberger ist klug. Er kennst sich besser mit seiner Krankheit aus als die Ärzte, schätze ich.“
„Hat er keine Angst?“
„Manchmal, doch er weiß, dass es nicht wehtun wird. Er weiß, dass es nur für diejenigen schmerzhaft wird, die ihn vermissen werden.“
Courtney schüttelte den Kopf. „Warum bist du dir da so sicher? Wie kannst du darüber reden, ohne zu weinen?“
Amber zuckte mit den Schultern. „Wir haben das Weinen schon hinter uns.“
Der nächste Tag war ein sonniger Märztag, und Courtney war in der Reitstunde. Sie kam immer besser mit Blue zurecht; sie konnte sie inzwischen nicht nur sehr erfahren hin und her manövrieren und ihr die Hufe gründlich reinigen, sondern sie hatte sie auch schon ein paar Mal mit dem Schlauch abgespritzt.
Nach der Reitstunde in der Halle lud Lilly Tahoma sie ein, mit ihr eine halbe Stunde lang draußen zu traben, ehe Lief sie abholen kam. Blue war Lillys Pferd, aber sie überließ sie Courtney und nahm eines ihrer anderen Pferde aus dem Stall.
Lilly sagte, dass der Winter vorbei war und die grünen Sprossen des Frühlings überall hervorbrachen, vor allem in den Ausläufern des Gebirges. Man konnte schon wieder ein oder zwei warme Tage pro Woche genießen. „Und in den Bergen beginnt die Schneeschmelze, also pass auf, wenn du an den Fluss kommst – er wird anschwellen. Courtney?“
„Hm?“, erwiderte Courtney und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Lilly.
„Hast du gehört, was ich über den Fluss gesagt habe?“
„Nein, was denn?“
„Der Schnee im Gebirge schmilzt. Du solltest die Flussufer meiden – der Fluss könnte in nächster Zeit Hochwasser führen und über die Ufer treten.“
„Okay“, antwortete Courtney.
„Du bist die ganze Zeit so still. Geht dir etwas Bestimmtes durch den Kopf?“
„Hm? Nein. Nichts …“
„Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst, aber du solltest nicht lügen. Antworte einfach darauf, „es ist etwas Persönliches“, und dann ist es gut.“
„Nein, da ist nichts“, beharrte Courtney.
„Altes Hopi-Sprichwort – wenn du die Nerven verlierst, verlierst du einen Freund. Wenn du lügst, verlierst du dich selbst.“
Und Courtney konterte: „Wenn du neugierig bist, verwirrst du die Leute.“
Lilly gluckste. „Was ich an dir am witzigsten finde, ist, dass du das Gesicht eines jungen Mädchens, aber den scharfen Verstand eines Genies hast. Ich bitte um Entschuldigung. Ich hatte nicht die Absicht, mich in deine Angelegenheiten zu mischen oder dich zu bedrängen. Du hast recht, mich zurechtzuweisen.“
Courtney seufzte: „Manchmal flippe ich einfach aus. Tut mir leid. Mir bereiten ein paar Sachen Kummer. Eine davon, dass der kleine achtjährige Neffe meiner Freundin an einer
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