Hand in Hand in Virgin River
wirst dich verlieben. Du wirst dich möglicherweise mehr als einmal verlieben. Du wirst hin und wieder zu deinem Dad zurückkehren, vielleicht sogar für länger, also ein paar Monate. Allerdings ist es deine Aufgabe, dir außerhalb des Hauses deines Dads ein eigenes Leben aufzubauen. Und dann wirst du ihn gerne ein bisschen an deinem Leben teilhaben lassen – zum Beispiel, indem du deinen Freund mit nach Hause bringst, deinen Verlobten, deinen Mann, deine Kinder …“
„Das wird nicht so bald geschehen!“
„Eher als du denkst. Was ist mit deinem Dad? Machst du dir keine Sorgen, dass er einsam sein könnte, wenn du flügge wirst?“
„Darüber können wir uns später immer noch Sorgen machen …“
„Verstehe ich. Nun, nur damit du es weißt, es ist Vätern nicht gestattet, bei ihren Töchtern im Studentenwohnheim zu leben.“
„Witzig. Sie sind so witzig …“
„Courtney, du verlangst nicht nur von ihm, alleine und traurig zu bleiben, damit du dich sicher fühlen kannst, sondern du verlangst auch von dir, alle wichtigen Menschen aus deinem eigenen Leben fernzuhalten, damit du dich ganz um ihn kümmern und er dir ein Gefühl von Geborgenheit geben kann.“ Jerry schüttelte den Kopf. „Du hast dich für die harte Tour entschieden.“
„Wie sieht denn die einfache Tour aus?“
„Sag deinem Dad, dass du über die Zukunft nachdenkst, wo du mal wohnen wirst und dass du gerne wissen möchtest, was aus dir wird, falls ihm etwas passieren sollte. Sprich es aus.“
„Er wird einfach sagen …“
„Lief Holbrook hat seine junge Frau durch eine tragische und unvorhersehbare Hirnblutung verloren. Er wird nicht behaupten, dass so etwas nicht passieren kann.“ Jerry schwieg einen Moment. „Und falls es da auch nur die leiseste Befürchtung gibt, dass du vielleicht ein wenig Angst davor haben könntest, dich auf jemanden wie Kelly einzulassen und sie irgendwie zu verlieren, könntest du auch darüber reden.“
Sie zuckte nur die Achseln. Und zog kurz die Nase hoch, obwohl sie auf keinen Fall weinen würde.
„Du bist nicht die Einzige, weißt du“, fuhr Jerry fort. „Das ist nicht einmal Teenagerkram, Courtney. Es ist ganz normal, sich davor zu fürchten, dass jemand, den wir lieben, uns genommen werden könnte, eine menschliche Schwäche, die wir alle kennen. Und die Realität sieht so aus, dass wir irgendwann alle unter einem Verlust zu leiden haben. Das ist eine freudlose Tatsache, die zum Leben gehört. Es gibt keine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. Allerdings gibt es eine Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten …“
„Lassen Sie mich raten“, sagte sie sarkastisch. Der Kloß in ihrem Hals schien immer größer zu werden. „Lass es da raus, wo wir es uns anschauen können.“
„Ja, Courtney, so anstrengend es dir auch erscheinen mag. Aber Menschen versuchen, nach bestem Können damit umzugehen. Nicht einfach nur dadurch, dass sie über ihre Ängste und Sorgen sprechen, sondern proaktiv handeln. Sie lassen sich ärztlich untersuchen, nehmen ihre Vitamine, schnallen sich an, schreiben Testamente. Und das fängt irgendwie immer mit solchen Gesprächen an. Ich hätte gerne, dass du das ernsthaft in Betracht ziehst.“
„Aber begreifen Sie nicht, dass nicht jeder so etwas durchmachen muss“, sagte sie. „Selbst wenn andere darüber reden, passiert es in manchen Fällen nie“, meinte sie und konnte nicht mehr schlucken.
„Doch, Courtney. Jeder macht das durch. Du kannst mir niemanden nennen, der noch nie getrauert oder einen Verlust erlitten hat oder noch erleiden wird.“
„Was ist mit Amber, hm? Sie ist das einzige Mädchen in der Familie und wird wie einen Prinzessin behandelt. Ich meine, ihre Leute sind wirklich bescheuert … Und Amber ist zu bescheuert, um sich überhaupt wegen irgendwas zu sorgen. Ambers Leben verläuft so ruhig und einfach, auch wenn sie eine Menge Pflichten zu erledigen hat.“
Jerry zog eine Augenbraue hoch. „Und hat sie nicht auch einen kleinen Bruder oder Neffen, der im Rollstuhl sitzt? Wegen einer Krankheit, die man nicht heilen kann?“
„Rory“, antwortete Courtney wie aus der Pistole geschossen. Wieso hatte sie nicht an Rory gedacht? Weil er, obwohl er auf den Rollstuhl angewiesen war, so süß und lustig und verrückt war, dass es leichtfiel, zu vergessen, dass er die Pubertät vielleicht nicht überleben würde. Sie wusste, dass das sehr gut der Fall sein konnte, wenn es auch nicht sehr wahrscheinlich war.
„Toll, vielen Dank. Jetzt
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