Hand in Hand in Virgin River
dann passte sie wegen ihrer schwarzen Kleidung und den wilden Haaren nicht mehr zu ihnen. Sie fand neue Freunde, die so Sachen machten wie die Medizinschränkchen ihrer Eltern auszuräumen, ab und zu ein bisschen Pot zu rauchen, Geld aus den Portemonnaies ihrer Eltern zu klauen – für das Pot natürlich – und, das war ungefähr das Einzige, was ihr richtig lustig erschien, von zu Hause abzuhauen, wenn die Eltern schliefen. Sie hatten nie wirklich etwas angestellt; sie hingen draußen, wo sie keinen Ärger kriegten, ab und rauchten ab und zu Zigaretten. Sie pfiffen auf Regeln. Courtney hatte nichts mit Pillen oder Pot am Hut, sie probierte nur ein bisschen herum. Sie fühlte sich schrecklich und unwohl genug; ihr gefiel nicht, dass sie nicht wusste, wie sie sich fühlen sollte. Sie tat meistens nur so als ob. Das musste sie. Sie konnte den Gedanken, schon wieder alleine zu sein, nicht ertragen. Falls die guten Kinder und die schlechten Kinder sie fallen ließen, wer würde ihr dann noch bleiben?
Also sagte Lief: „Das klappt alles nicht in dieser Stadt. Du verwickelst dich in zu viele Schwierigkeiten, und ich habe den Krach und den Verkehrslärm satt. Wir ziehen von hier weg. Ich werde etwas Besseres für uns suchen. Ich hätte gerne, dass wir wenigstens wieder Freunde sein könnten, so wie vorher. Und du könntest die Gelegenheit nutzen, noch einmal neu anzufangen. Möglicherweise auf der richtigen Seite des Gesetzes?“
Na ja, Courtney wollte nicht aus L.A. weg. Punkt.
Obwohl sie ihre alten Freunde verloren hatte und ihre neue Clique nicht mochte. Irgendwas an der Idee, ihr Leben einzupacken und in einen Umzugswagen zu verfrachten, um von dem Ort wegzuziehen, wo sie mit ihrer Mutter zusammen gewesen war, brachte sie völlig zum Ausflippen, auch wenn ihr klar war, dass ihre Mutter nie wieder zurückkommen würde.
Sie mochte die Idee, sich wieder besser mit Lief zu verstehen, obwohl sie nicht glaubte, dass er es wirklich so meinte. Sie schätzte, dass es ihm eher darum ging, dass sie wieder wie früher aussah. Aber das große Problem war, dass es nicht funktionieren würde – bevor sie wieder zu nur einer Haarfarbe zurückkehrte, dachte sie vielmehr daran, sich viele Piercings und ein paar Tattoos stechen zu lassen …
Wie lange würde es dauern, bis er aufgeben würde? Wie lange, ehe er sie bei der Polizei ablieferte, den Bullen erzählte, dass sie sowieso nicht seine Tochter war, und die Cops aufforderte, sie gleich bei sich zu behalten oder einen Platz, wo sie bleiben konnte, für sie zu suchen. Denn sie glaubte, dass Lief sich nur deshalb um sie kümmerte, weil er es ihrer Mutter versprochen hatte. Und außerdem dachte sie, dass er schon darüber hinwegkommen und die Türschlösser austauschen lassen würde. Jedes Mal, wenn er sie anschaute, beklagte er sich. Er hasste ihr bunt gefärbtes Haar, den unregelmäßigen Schnitt, die schwarzen Klamotten und dass sie, aus ihr selbst unverständlichen Gründen, keine zehn Worte miteinander wechseln konnten, ohne sich zu streiten.
Sie blickte in den Spiegel – ihr Haar sah wild und verrückt aus, ihre Augen dunkel und Angst einflößend. Ihrer Meinung nach perfekt.
So. Sie hatten schon wieder miteinander gestritten. Diesmal war es um die Hausaufgaben gegangen. Sie hatte ihm gesagt, sie sei fertig, er hatte gemeint: „Lass mich mal gucken.“ Sie antwortete: „Nein.“ Er sagte: „Du bekommst eine Sechs in Mathe und Englisch. Dabei hast du einen hohen IQ – ich muss mir deine Hausaufgaben ansehen.“ Als sie ihm erklärte, dass er ihr vertrauen müsse, hatte er sie ausgelacht und gemeint, dass sie sich sein Vertrauen erst verdienen müsse. Woraufhin sie erwiderte, dass sie die Aufgaben lieber zerreißen als ihm zeigen wollte. Blablabla. Schließlich, nachdem er mit seiner Wut gerungen hatte, hatte er beschlossen, eine Weile in der Gegend herumzufahren, vielleicht, um irgendwo an der Küste ein wenig herumzuspazieren, um sich abzuregen. Er riet ihr, ihn, wenn er in ein paar Stunden wieder da wäre, lieber einen Blick auf die Hausaufgaben werfen zu lassen.
Ha! Da kannst du lange warten, dachte sie.
Wenn er von ein paar Stunden sprach, meinte er drei oder vier. Sie kannte seine Methode – er würde ihr jede Menge Zeit einräumen, ihre Hausaufgaben doch noch zu erledigen, und er selbst würde die Zeit brauchen, bis er sie wieder ertragen konnte. Er war um halb sechs weggefahren. Ihr ging es gut bis neun.
Sie hatte noch keine richtigen neuen Freunde,
Weitere Kostenlose Bücher