Hand in Hand in Virgin River

guten Instinkten war, unternahm nur selten Dinge, die er später bereute. Deshalb konnte er nicht verstehen, wie er hatte so dumm sein können, Courtneys leiblichem Vater, Stu Lord, ein Foto von Courtneys Schulbeginn zu schicken. Das war total unnötig gewesen, denn sie hatten nie wieder ein Wort von Stu gehört. Nicht seit Stu im letzten Frühjahr sogar die Wochenendbesuche eingestellt hatte, falls Lief sich richtig entsann. Er hatte Stu wissen lassen, dass sie umzogen, und Stu hatte nicht einmal darauf reagiert.
    Eigentlich hatte Lief ihm das Bild gesendet, weil er stolz war. Ein stolzer Vater. Auf diesem Fotos sah Courtney wunderhübsch aus, und sie wirkte glücklich. Und Lief fiel ein, dass sie, als Stu sie das letzte Mal getroffen hatte, ziemlich Angst einflößend gewirkt hatte. Er wollte Stu zeigen, dass seine leibliche Tochter so schön war wie ihre Mutter, so klug und auch gesund. Er schrieb ihm ein paar kurze Zeilen:
    Einserschülerin, zwei Mal die Woche reiten, fühlt sich inzwischen in Virgin River viel wohler und hat sich sehr gut eingelebt. Hoffe, bei dir ist auch alles in Ordnung. Lief .
    Dann klingelte am Morgen des zehnten Dezembers das Telefon. Es war Stu.
    „Hallo, Lief, wie geht’s dir, Mann?“
    „Ganz gut. Und dir, Stu?“
    „Fantastisch. Danke. Einfach großartig. Danke für das Foto, Lief. Verdammt, die kleine Maus sieht toll aus, oder? Und du sagst, dass ihre Schulnoten wieder so sind, wie sie sein sollen?“
    „Das stimmt, Stu. Sie hat hart gearbeitet.“
    „Fabelhaft, und jetzt, wo sie wieder die Alte ist, hätten wir gerne, dass sie Weihnachten bei uns verbringt. Wir fahren nach Orlando. Familienurlaub. Ich hätte gerne, dass meine Tochter mitkommt. Sherry würde das auch gefallen.“
    Lief musste nicht groß darüber nachdenken. „Wir haben schon etwas vor, Stu. Eigentlich war Courtney diejenige, die mich gefragt hat, ob wir die Feiertage nicht auf der Farm meiner Familie verbringen können. Sie steht meiner Mutter inzwischen sehr nahe.“
    „Nun.“ Stu lachte. Und er lachte ihn aus. Tjalalalala . „Dann müsst ihr das auf das nächste Jahr verschieben. Denn Sherry und die Jungs wollen, dass sie uns begleitet. Wir haben sie schon so lange nicht mehr gesehen.“
    „Du hast auch nicht angerufen, Stu. Wir haben seit Monaten nichts von dir gehört. Tatsächlich habe ich zum letzten Mal – ich glaube, es war vielleicht im letzten April – mit dir telefoniert, und da hast du gesagt, dass du nichts mehr mit Courtney zu tun haben möchtest und dass sie bei mir bleiben kann. Und Stu – ich habe dich beim Wort genommen.“
    „ Tjalalala , das wird jetzt nichts nützen, Kumpel. Denn ich habe das Sorgerecht. Ich bin der Elternteil mit dem Sorgerecht. Erinnerst du dich an dieses kleine Detail? Also erklär es ihr, mein Lieber. Ich möchte, dass sie am achtzehnten bei uns ist. Wir fahren am zwanzigsten nach Orlando. Sie wird Spaß haben.“
    „Das schätze ich nicht, Stu. Courtney wird nicht mitfahren wollen. Und du und Sherry habt sie schon mal ziemlich drangsaliert und sie dann hängen lassen. Sie hatte bereits genug durchgestanden.“
    „Ich erzähl dir jetzt mal, wie es läuft, Lief. Du kannst es so machen, wie ich es sage oder du kannst ablehnen, doch in diesem Fall sprächen wir über eine Sorgerechtsstreitigkeit, die ich den Richter regeln lassen würde. Danach, so vermute ich, würde sie für immer bei uns leben.“
    Lief erblasste. „Bitte tue das nicht, Stu. Bitte. Es hat so viel Arbeit gekostet, Courtney wieder auf den rechten Weg zu bringen. Ich glaube nicht, dass sie noch einmal so ein solches Durcheinander verkraften würde. Bitte, Stu.“
    „Dann wäre es wohl sinnvoll, wenn sie am achtzehnten zu uns käme. Es ist nur für Weihnachten. Ich würde sie am zweiten Januar wieder heimschicken, und sie kann zurück in ihre Berge. Oder …? Du möchtest das doch nicht bis zum Schluss durchfechten, oder Lief, alter Kumpel?“
    Seine Stimme klang nur noch wie ein heiserer Hauch. „Bitte, Stu … Komm.“
    „Nee, es ist, wie es ist. Am achtzehnten. Gib mir Bescheid, wann ich sie abholen soll.“
    Stu legte auf. Und zum ersten Mal, seit seine Frau gestorben war, wollte Lief sich herzzerreißend heulend auf den Boden werfen.
    Bevor er etwas anderes unternahm, rief Lief seinen Rechtsanwalt an. Nach Lanas Tod musste er Courtney, obwohl es seine Trauer nur noch vertiefte, Stu überlassen, wenn dieser das verlangte. Glücklicherweise war Stu zum zweiten Mal verheiratet und hatte