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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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war von innerer Erregung, obwohl er seine äußere Ruhe bald wieder gewann.
    Ich danke Ihnen für Ihre Mitteilung, sagte er; ich bin Fräulein Dares bester Freund und kenne sie genügend, um zu versichern, daß sie auch nicht in dem entferntesten Zusammenhang mit dem verübten Verbrechen steht. Ihr heutiges, allerdings etwas auffälliges Benehmen wird sie mir gewiß leicht erklären können. Sie würden mich verbinden, wenn Sie die Angelegenheit nicht weiter besprechen wollten, bis ich mir aus des Fräuleins eigenem Munde Aufschluß darüber verschafft habe, woher ihr besonderes Interesse an dem Ereignis stammt.
    Er streckte dem Detektiv lächelnd die Hand hin, aber der sichtliche Zwang, den er sich antat, berührte Byrd aufs peinlichste. Es schien ihm fast, als fänden seine eigenen geheimen Zweifel ein Echo in der Brust des Rechtsanwalts.

Viertes Kapitel.
    Orkutt war kein Mann, auf den weibliche Reize mit ihren verführerischen Künsten Eindruck machten. Ob nun seine Unempfindlichkeit aus einem früheren Herzenserlebnis entsprang, welches er vor dem Geklatsch der Nachbarn und sogenannten guten Freunde zu verbergen gewußt hatte, oder aus einer von Natur kalten Gemütsart, gewiß ist, daß er jahrelang sowohl der schmeichelhaften Annäherung anerkannter Schönen als den schüchternen Bemühungen anderer liebender Herzen mit einer Geflissentlichkeit ausgewichen war, die an Geringschätzung grenzte.
    Mit dem Tage, an welchem Imogen Dare sein Haus betrat, ward dies jedoch anders. Von ihr ging ein Licht aus, das für den trockenen Geschäftsmann zu einem neuen Lebenselement wurde und ihm die düstere, alte Behausung freundlich erhellte.
    In Sibley hatte man längst vergessen, daß dies schöne, stolze, einnehmende Mädchen einst als namenloses Findelkind auf der Schwelle einer armen Frau gefunden worden war, die es mitleidig aufgenommen und Mutterstelle an ihm vertreten hatte. Der Frau, welche allein in der Welt stand, erschien das Kind als eine wahre Gottesgabe. Zu einer solchen wurde es auch wirklich für sie, denn jedermann wetteiferte, ihr bei der Pflege und Erziehung der reizenden begabten Kleinen mit Rat und Tat beizustehen, so daß ihr die nötigen Mittel völlig ungesucht zuflossen.
    Zwar verlor Imogen in ihrem elften Jahre die Wohltäterin ihrer Kindheit durch den Tod, aber sie hatte das Glück, sofort eine neue Heimat zu finden. Ein reiches, herzensgutes Ehepaar nahm sie an Kindesstatt an und gab ihr Gelegenheit, sich die Schätze einer höheren Bildung anzueignen und die feineren Umgangsformen der Welt, welcher sie jetzt angehören sollte, zu erwerben. Sie bewahrte dabei jedoch die Eigenart ihres Charakters, die schon früh zu Tage getreten war, und zugleich gewann ihre äußere Erscheinung täglich neue Reize. Ein kräftiger, kerngesunder Körper, ihre einzige, kostbare Mitgift für das Leben, trug noch dazu bei, die Pracht ihrer Schönheit zu erhöhen, die sich mit der Zeit immer herrlicher entfaltete.
    So verflossen für Imogen fünf Jahre in Glück und Wohlstand, als plötzlich ihr Geschick abermals eine neue Wendung nahm. Ihre Pflegeeltern verloren durch einen Bankerott ihr ganzes Vermögen, und als sie bald darauf starben, sah sie sich, kaum erwachsen, gezwungen, auf eigenen Füßen zu stehen. Zwar fehlte es ihr nicht an mancherlei Anerbietungen, um ihre Zukunft zu sichern, sie wies jedoch alle fremde Hilfe zurück und suchte nach einer Stelle, wo sich ihr Gelegenheit böte, ihre Kräfte zu verwerten und sich durch Arbeit ihren Unterhalt zu erwerben.
    Eine solche fand sich denn auch bald für sie in dem Hause des Rechtsanwalts Orkutt als Stütze seiner betagten Schwester, welche der Wirtschaft vorstand. Die alte Dame bedurfte einer jüngern Kraft, die ihr die Arbeit erleichtern und zugleich neues Leben und Interesse ins Haus bringen sollte. Daß das Mädchen eine Schönheit war, schien ihr kein Hindernis; sie ließ Imogen frei schalten und walten, und legte ihr selbst dann keinen Zwang auf, als sie sah, welche Anziehungskraft die neue Hausgenossin auf ihren Bruder ausübte. Schon Imogens erster Anblick hatte ihn mit Bewunderung erfüllt, und bald fügte er sich willenlosihrer unbewußten Herrschaft. Sie schien ihrer ganzen Natur nach für keine untergeordnete Stellung geschaffen und ward bald der leitende Geist an Orkutts Tisch und Herd.
    In allem erwies sie sich als das gerade Gegenteil der Mädchen, mit welchen er bisher verkehrt hatte. Zuerst zurückhaltend, stolz, unnahbar, dann, als ihr

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