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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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er düster.
    O, rief sie, dann sagen Sie ihm, daß ich um den Unschuldigen zu retten, gezwungen war, den Schuldigen zu verraten, aber dabei auch meiner nicht geschont habe. Ich werde das Verhängnis teilen, dem er entgegengeht, und sollte es der Tod sein. Bringen Sie ihm diese Botschaft, seien Sie barmherzig!

    Erst sagen Sie mir, was sie bedeutet, Imogen, rief Orkutt, sie mit wilden Blicken durchbohrend, wollen Sie sich das Leben nehmen?
    Ich fühle, ich werde es nicht überstehen, sagte sie und preßte die Hand aufs herz.
    Er starrte entsetzt vor sich nieder.
    Und wenn er freigesprochen wird? fragte er in heiserm Ton.
    Dann – werde ich versuchen, mein Geschick zu ertragen.
    Das also ist die Wahl, vor die Sie mich stellen? Ich muß Sie zugrunde gehen sehen, oder den Mann befreien? – Sei es drum; ich will seine Sache führen und ihm die Freiheit verschaffen, wenn er selbst es zuläßt.
    Ein Freudenstrahl blitzte in ihren Augen auf.
    Und Sie werden meine Botschaft ausrichten?
    Das kann ich nicht, wenn ich als sein Anwalt zu ihm komme.
    So sagen Sie ihm doch, daß Imogen Dare Glück und Leben auf das Spiel setzt, um den Unschuldigen zu retten.
    Ich will ihm berichten, wie Sie leiden, will ihm Ihr Mitgefühl kundtun.
    Schon diese Zusage war für Imogen ein Trost; von der neuen, unerwarteten Hoffnung belebt, reichte sie Orkutt die Hand und murmelte ihren Dank für die versprochene Hilfe

Vierundzwanzigstes Kapitel.
    Da nun Valerian Hildreth aus dem Gefängnis entlassen worden war, und Craik Mansell sich bis zur nächsten Schwurgerichtssitzung in Haft befand, hatte Byrds Anwesenheit in Sibley keinen Zweck mehr. Er war im Begriff, die Stadt zu verlassen, sein Koffer war gepackt, und er brauchte nur noch Abschied zu nehmen.
    Noch eins geht mir im Kopf herum, Hickory, sagte er zu seinem wackeren Kollegen, den er aufgesucht hatte; vielleicht haben Sie es im Laufe Ihrer Forschungen erfahren. Wissen Sie, wo sich Fräulein Dare am Morgen der Mordtat aufgehalten hat?
    Das will ich meinen. Sie war in Professor Darlings Haus in der Sommerstraße.
    Bei diesen Worten schrak Byrd zusammen. Dort am Westende mündete ja der verschlungene Pfad durch den Wald, den er entdeckt hatte, als er zum erstenmal versuchte, der Spur des Mörders vom Hause der Witwe aus zu folgen. Er erinnerte sich noch zu deutlich, wie er ins Freie tretend Professor Darlings prächtige Villa vor sich liegen sah.
    Wie lange sie dort war und mit wem, wird man aber wohl schwerlich erfahren können, äußerte er nachdenklich.
    Das wäre doch keine Hexerei, war Hickorys Antwort, wenn es weiter nichts ist, das wollen wir bald ausfindig machen.
    Schon hatte er das Zimmer verlassen.
    Nach einer Stunde kehrte er ziemlich aufgeregt zurück.
    Jetzt weiß ich doch, wie Fräulein Dare aussieht, sagte er. Neulich in der Hütte mußte ich die ganze Zeit zu Boden sehen und durfte den Blick nicht zu ihr erheben, aus Furcht mich zu verraten; das ist mir schwer genug geworden.
    Sie haben Sie gesehen – wo? wie? sagen Sie es mir! rief Byrd ungeduldig.
    Gleich, versetzte der andere. Ich muß zuvor aber etwas vorausschicken. Das Mädchen, welches bei Professor Darling im Dienst steht, hat mir schon öfter Auskunft gegeben. Sie erinnerte sich, daß Fräulein Dare an jenem Morgen etwa um zehn Uhr gekommen und in die kleine Sternwarte im Turm gegangen war, wo sie sich häufig aufhielt, um mit des Professors ältester Tochter Astronomie zu treiben. Da aber Fräulein Helene ausgegangen war, habe sie sich anjenem Tage allein hinaufbegeben. Ich war neugierig, den Turm zu besteigen, und da das Mädchen sagte, von der Herrschaft sei niemand zu Hause, ließ ich mich von ihr hinaufführen. Man kann unmittelbar vom Garten aus auf einer Wendeltreppe in den Turm gelangen. Das Zimmer, in dem der Professor sein Fernrohr und seine Himmelskarten bewahrt, war unverschlossen, ich konnte mich mit Muße darin umsehen und die Aussicht bewundern.
    Auf meine Frage an das Mädchen, wann Fräulein Dare an jenem Morgen den Turm wieder verlassen habe, erhielt ich bereitwillig Antwort. Sie hatte das Fräulein nicht fortgehen sehen, aber als gegen zwölf Uhr Fräulein Tremaine zum Besuch kam und Imogen Dare rufen ließ, sei der Turm leer gewesen. Das Mädchen meinte, das Fräulein werde wohl einen Spaziergang im Garten oder Wald gemacht haben, wie sie häufig tue; etwa um ein Uhr habe sie sie dann in der Pferdebahn vorbeifahren sehen, nach der Stadt zurück. – Das sagte sie mir alles in dem Turmzimmer, und wie

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