Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
Vom Netzwerk:
Erklärung.
    Byrd warf seinem Kollegen einen raschen, forschenden Blick zu. Er war also doch nicht der einzige, der sich mit Zweifeln quälte.
    Ob wohl Fräulein Dares Zeugenvernehmung noch lange auf sich warten läßt, was meinen Sie? fuhr jener fort.
    Vielleicht erfolgt sie schon morgen, entgegnete Byrd, froh, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. Ich weiß nicht, ob Sie gemerkt haben, wie methodisch die Anklage verfährt? Zuerst wurde der Beweggrund für das Verbrechenermittelt. Herrn Goodmans Aussagen und die der andern Zeugen aus Buffalo lauteten einstimmig dahin, daß der Gefangene häufig den Wunsch geäußert habe, genügende Mittel zu besitzen, um seine Erfindung ausführen zu können. Dann ward die Höhe der hiezu erforderlichen Summe festgestellt, und es ergab sich, daß diese genau mit dem Betrag der Hinterlassenschaft seiner Tante übereinstimme. Auch hatte er um ihre Absicht gewußt, ihn zum Erben einzusetzen. Der Anlaß zur Tat war also vorhanden. Nun kamen die Beweise an die Reihe, daß er Gelegenheit gehabt hatte, sie auszuführen.
    Um seine Anwesenheit in Sibley außer Zweifel zu stellen, wurden der Bahnwärter der Zwischenstation und die alte Sally Perkins vernommen, zuletzt Sie und ich. Nunmehr leuchtete jedem ein, daß er die Tat verübt haben und dann auf dem Waldweg über die Hügel unbemerkt nach der Station am Steinbruch entkommen sein könne. Was fehlt noch, um ihn zum Verbrecher zu stempeln? Nichts als ein starker Indizienbeweis. Den liefert der Ring. Und wessen Zeugnis bedarf es dazu? Nur das Fräulein Dares. Und sie wird es nicht verweigern können.
    Das Gespräch stockte.
    Was ist Ihre Meinung über Orkutt? forschte Hickory nach einer Weile.
    Er verhält sich merkwürdig ruhig. Jeder, der ihn kennt, wundert sich darüber. Er hat bis jetzt fast kein Kreuzverhör vorgenommen und nichts für die Verteidigung erreicht. Nur das vortreffliche Zeugnis, das Goodman dem Gefangenen ausgestellt, hat, kommt diesem zu gute.
    Goodman ist Mansells Freund.
    Ich weiß wohl; aber seine kurzen, entschiedenen Aussagen waren von großer Wirkung auf die Geschworenen. Die Art, wie er Mansells Charakter schilderte, mußte sie zu seinen Gunsten stimmen.
    Orkutt weiß recht gut, was Eindruck macht.
    Er versteht sich auf den vorliegenden Fall und sieht ein, daß es ein vergebliches Bemühen wäre, die Beweise umstoßen zu wollen. Die Tatsachen sprechen zu deutlich, und die Zeugen sind angesehene, zuverlässige Leute. Was die Herren Goodman und Harrison aussagen, steht unerschütterlich fest; auch was wir beide ans Licht gebracht haben, läßt sich nicht wegleugnen.
    Nein, das wäre unmöglich.
    So wird Orkutt also die Verteidigung auf ganz andere Grundlagen aufbauen wollen. Nach seinem Benehmen zu urteilen, muß er noch etwas Wichtiges in Bereitschaft halten. Aber was das für ein geheimer Punkt sein mag, ist eben die Frage.
    Ja, das ist die Frage, wiederholte der andere nachdenklich.
    Sie saßen einander noch eine Weile stumm gegenüber, bis Hickory aufstand und sich nach seinem eigenen Zimmer begab.

Sechsundzwanzigstes Kapitel.
    Am nächsten Morgen betrat Byrd als einer der ersten den Sitzungssaal, um sich einen Platz zu verschaffen, von dem aus er sowohl die Zeugen als den Gefangenen genau beobachten konnte. Allmählich füllte sich der Zuschauerraum weit mehr als am vergangenen Tage; die dichte Menge verharrte in erwartungsvollem Schweigen, und manches Auge war aus Fräulein Dare gerichtet, deren Leichenblässe nur zu deutlich den schweren Kampf in ihrem Innern verriet. Rasch schaute sie empor, als der Gefangene jetzt festen Trittes eintrat, senkte aber den Blick sofort wieder: die Stunde konnteja ohnehin nicht mehr fern sein, da sie einander Auge in Auge begegnen mußten.
    Orkutt sah nach dem Mädchen hinüber, das er mit so leidenschaftlicher Glut liebte, und Ferris beobachtete seinerseits wieder den Rechtsanwalt mit lebhaftem Interesse. Daß Orkutt die Verteidigung seines Nebenbuhlers übernommen hatte, zeugte von Edelmut und hochherzigster Gesinnung, doch lag etwas in seinem Gesichtsausdruck, das den Bezirksanwalt peinlich berührte. Hofft er vielleicht Imogen Dare für sich zu gewinnen, als Preis dafür, daß er Mansell das Leben rettet? fragte er sich.
    Die Sitzung ward eröffnet, und Fräulein Dare als Zeugin aufgerufen.
    Imogen erhob sich ohne Zögern von ihrem Platz, trat den Geschworenen gegenüber und leistete den feierlichen Zeugeneid, die reine Wahrheit zu bekennen, wissentlich nichts zu

Weitere Kostenlose Bücher