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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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verschweigen und nichts hinzuzusetzen, so wahr sie dereinst auf Gottes Gnade hoffe.
    Nun begann das Verhör. Nach den üblichen Eingangsfragen über Namen, Alter und Abkunft, fuhr der Bezirksanwalt fort:
    Bei wem wohnen Sie in hiesiger Stadt?
    Augenblicklich bei einer Frau Kennedy. Ich erwerbe mir den Lebensunterhalt durch Handarbeit, fügte sie schnell hinzu, wie um der nächsten Frage zuvorzukommen.
    Imogen sah den Gefangenen überrascht aufblicken; offenbar hatte er von ihrer veränderten Stellung nichts erfahren; sie richtete sich stolz empor.
    Wie lange ernähren Sie sich schon auf solche Weise?
    Erst seit einigen Wochen. Früher lebte ich in Herrn Orkutts Hause, als Stütze der Dame, die seiner Wirtschaft vorsteht. – Sie wandte den Kopf nach der Seite des Verteidigers hin.
    Ferris, dem diese Erörterungen um Orkutts willen unangenehmwaren, wünschte möglichst schnell zur Sache zu kommen.

    Sehen Sie den Angeklagten an, Fräulein Dare, und sagen Sie uns, ob er Ihnen bekannt ist, forderte er die Zeugin auf.
    Sie hob langsam das Haupt und ließ den Blick erst über die dichte Zuschauermenge schweifen, ehe er auf ihren früheren Geliebten fiel. Plötzlich blitzte es in ihren Zügen auf: zum erstenmal sah sie sein bisher stets angewandtes Auge fest auf sie gerichtet.
    Ja, ich kenne ihn, gab sie zur Antwort. So ruhigihre Stimme klang, sie machte Mansell im Innersten erbeben; trotz seiner eisernen Selbstbeherrschung mußte er den Blick senken.
    Wo sind Sie mit ihm bekannt geworden und wann?
    Vor vier Monaten sah ich ihn zum erstenmal in Buffalo, bei einer ihm befreundeten Familie, in der ich mich zum Besuch aufhielt.
    Wußten Sie damals, daß die in hiesiger Stadt wohnhafte Frau Klemmens mit ihm verwandt sei?
    Nein, ich erfuhr erst bei einer späteren Begegnung, daß er eine Tante in Sibley habe.
    Entschuldigen Sie die Frage, Fräulein Dare, aber es ist für den Gerichtshof von Wichtigkeit zu erfahren, ob der Angeklagte Ihnen je seine Liebe erklärt hat?
    Eine dunkle Glut trat in ihr Antlitz. Ja, kam es mühsam über ihre Lippen.
    Und hat er Ihnen einen Heiratsantrag gemacht?
    Ja.
    Nahmen Sie ihn an?
    Nein.
    Sie schlugen ihn also aus?
    Ich willigte noch in keine Verlobung.
    Und wann verließen Sie Buffalo?
    Am neunzehnten August.
    Blieben Sie auf freundlichem Fuße mit dem Angeklagten, bis Sie sich trennten, so daß unter günstigen Umständen eine Heirat in Aussicht genommen wurde?
    Ja, unter günstigen Umständen.
    Haben Sie miteinander in Briefwechsel gestanden?
    Ja, von Sibley aus, nach meiner Rückkehr.
    Wollen Sie uns nun die Gründe angeben, warum Sie den Antrag fürs erste ablehnten, das heißt, wenn der Herr Verteidiger die Frage nicht beanstandet? sagte der Bezirksanwalt, sich verbindlich an Orkutt wendend.
    Dieser war aufgesprungen, als wolle er Einspruch erheben; bei Ferris' letzten Worten verbeugte er sich jedoch und sagte ruhig: Es wird mir nur erwünscht sein, wenn Sie volle Klarheit in die Angelegenheit bringen.
    Antworten Sie gefälligst! wandte sich der Bezirksanwalt wieder an die Zeugin, welches waren Ihre Gründe?
    Imogen stand hoch aufgerichtet da. Ich sagte ihm, erklärte sie mit fester Stimme, daß er noch nicht imstande sei, zu heiraten. Ich bin ehrgeizig von Natur und dachte mehr an meine Stellung vor der Welt, als an das, was des Mannes wahren Wert und Würde ausmacht. Damals hatte ich noch nicht gelitten wie jetzt.
    Die Worte klangen wie eine demütige Abbitte, sie waren offenbar für den Angeklagten bestimmt. Auf ihn und auf den Verteidiger, der in seiner Nähe saß, richteten sich jetzt aller Blicke. In Mansells bleichen Zügen war Verachtung zu lesen; Orkutts tiefe Bewegung, mit der er Imogen ihre Gefühle für einen andern aussprechen hörte, begriff jeder, der die Verhältnisse kannte.
    Und was äußerte der Angeklagte hierauf? fuhr Ferris fort, bei dem die Amtspflicht über jedes Mitgefühl gesiegt hatte.
    Er erwiderte, auch er sei nicht ohne Ehrgeiz, auch sein Streben gehe dahin, sich Namen und Stellung in der Welt zu erringen.
    Jetzt reichte ihr der Bezirksanwalt ein Paket Briefe hin, welches durch ein breites, schwarzes Band zusammengehalten war. Sie erschrak, als sie dies erblickte.
    Haben Sie diese Briefe geschrieben, Fräulein Dare?
    Ja, es sind meine Briefe, sagte sie und löste das Band, ich habe sie alle geschrieben.
    Ferris ließ sich das Paket wieder einhändigen; das Band hielt Imogen jedoch krampfhaft mit den Fingern fest, bis das Verhör vorüber war.
    Ich

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