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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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im besten Wohlsein war. Zu dieser Zeit sah sie ein Zeuge und sprach mit ihr; folglich muß der Schlag, welcher die Ursache ihres Todes wurde, später geführt worden sein, als zehn Minuten vor zwölf. Nun hat aber das Zeugenverhör gleichfalls ergeben, daß der Angeklagte am selben Tage, zwanzig Minuten nach ein Uhr, den Eisenbahnzug auf der Station beim Steinbruch vor Monteith bestieg. Der Weg, den er dorthin einschlug, war erwiesenermaßen derselbe, auf welchem er sich tags zuvor heimlich und verstohlen dem Hause der Witwe Klemmens genähert hatte: nämlich der Pfad durch den Wald, der einzige, wie ich hier gleich erwähne, auf welchem man von der Station die Rückseite des bewußten Hauses erreichen kann. Aber, meine Herren, was sich bei dem Verhör nicht herausgestellt hat und was ich Ihnen jetzt zu zeigen beabsichtige, ist der Umstand, daß kein Mensch jenen Pfad benutzen kann, ohne auf die größten Hemmnisse und Schwierigkeiten zu stoßen. Dorngestrüpp und Steingeröll verhindern sein schnelles Vorwärtskommen; beim Abweichen nach der einen oder andern Seite gerät man in Sumpfboden, der mit dicht verwachsenem Unterholz bestanden ist; einen Richtweg durch den Wald zu nehmen ist daher ein Ding der Unmöglichkeit. Bleibt man aber auf dem Pfade und folgt allen seinen Biegungen und Windungen bis an die Hauptstraße, welche zu der Station am Steinbruch führt, so kann man diesen Weg nicht in der kurzen Zeit zurücklegen, die zwischen der Mordtat und dem Augenblick lag, als der Angeklagte auf der Station gesehen wurde. Meine Zeugen für diese Behauptung sind zwei Neuyorker Schnelläufer, welche auf der Strecke selbst den Versuch angestellt und ihren Aussagen zufolge eine größere Minutenzahl dazu gebraucht haben, als dem Angeklagtenzur Verfügung stand. Hat er also, wie erwiesen ist, den Zug nach Buffalo benutzt, so kann er zur Zeit, als der Mordstreich fiel, unmöglich im Hause der Frau Klemmens gewesen sein; er muß sich auf dem Wege nach dem Bahnhof befunden haben und nirgends anders. – Meine Herren, dies ist unsere Antwort auf die furchtbare Anklage, die gegen meinen Klienten erhoben worden ist. Auf diese einfache, aber folgenschwere Behauptung stützen wir unsere Verteidigung wie auf einen Felsengrund.

    Orkutt verbeugte sich vor dem Gerichtshof und nahm seinen Platz wieder ein. Es war inzwischen spät geworden, und die Verhandlung wurde vertagt.

Achtundzwanzigstes Kapitel.
    Nun, Byrd, was sagen Sie zu der Verteidigung? fragte Hickory seinen Kollegen, als sie sich durch die Menge Bahn gebrochen hatten, Sie sehen ja ordentlich verblüfft aus.
    Wer weiß, ob Orkutt nicht ganz recht hat, lautete die Antwort, zuerst kam mir seine Behauptung einfach lächerlich vor, aber ich kenne den Weg, und je mehr ich daran denke, welche Hindernisse Mansell bei seiner Flucht zu überwinden gehabt hat, um so unwahrscheinlicher wird es mir, daß er die Strecke in neunzig Minuten zurückgelegt haben kann.
    Die Ansicht teile ich einstweilen noch nicht, meinte Hickory mit schlauem Lächeln; wissen Sie, während der ganzen Zeit, daß Orkutt sprach, habe ich Fräulein Dare genau beobachtet. Sie verwandte kein Auge von ihm, und daraus schloß ich zweierlei: erstens, daß sie ebensowenig eine Ahnung hatte wie wir, worauf er seine Verteidigung gründen wolle, und zweitens, daß sie dieselbe für einen klugen Kunstgriff hielt und für weiter nichts, gerade so wie ich. Hätte sie gewußt, was kommen würde, so wäre ihr Hauptinteresse gewesen, welchen Eindruck die Rede auf die Geschworenen machte, aber sie sah nicht einmal nach ihnen hin. Als ihr dann klar wurde, was Orkutts Absicht war, leuchtete nicht etwa ein Freudenschimmer in ihrem Gesicht auf, als hoffe sie nun, die Unschuld des Geliebten verkünden zu hören. Nein, sie saß wieder starr und teilnahmslos da, als wären es doch nur leere Worte, was Orkutt zu Mansells Verteidigung vorbringen könne, und alle Mühe vergebens.
    Sie glauben also, sie habe auf irgend eine geheime Weise völlige Gewißheit erlangt, daß Mansell wirklich das Verbrechen begangen hat, und halte daher die Verteidigung für bloße Spiegelfechterei?
    Ich glaube, sie weiß mehr, als sie heute vor Gericht ausgesagt hat, sonst wären ihr Orkutts Gründe einleuchtend gewesen. Selbst die Tatsache, daß der Ring sich in dem Zimmer der Ermordeten fand, schwindet ja zu nichts zusammen, sobald feststeht, daß Mansell sich zur Zeit der Mordtat unmöglich in der Nähe von Frau Klemmens' Haus befunden haben kann.

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