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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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heraus –
    Ja, und dicht hinter der Hütte fängt der schmale Waldpfad an, den verfolge ich in gerader Richtung, bis ich zu den Blaubeerbüschen komme, die am Abhang zwischen dem Steingeröll wachsen, dann – ja dann werde ich wohl stillstehen müssen.
    Weshalb?
    Weil mich der Henker holen soll, wenn ich weiß, wie ich die Fortsetzung des Pfades finde.
    Das kann ich Ihnen sagen. – Wo sich der Wald wieder öffnet, steht ein einzelner, hoher Tannenbaum, gehen Sie auf den zu, und Sie können nicht fehlen.
    Schön; aber über das Steingeröll zu kommen, ist keineleichte Aufgabe, man muß wie auf Eiern gehen – ein Fall den Abhang hinab, und mein Lauf wäre ein- für allemal zu Ende.
    Ich zeichne die Strecke im Zickzack. – Dann erreichen Sie den Holzweg.
    Ja, den verfolge ich nach rechts, bis ich ins Freie komme und den Fluß unten sehe. Nun muß ich den Hügel hinunter und ans andere Ufer hinüber; wie ich das aber bewerkstelligen soll, weiß ich nicht.
    Das ist gerade der schwierige Punkt. An jener Stelle kann man nicht übersetzen, es fahren dort keine Boote wegen des starken Gefälles; man muß eine ziemliche Strecke am Ufer zurückgehen, bis man zur Brücke gelangt. Nach einem andern Uebergang zu suchen, wäre bei den vielen und plötzlichen Windungen, die der Fluß macht, nur verlorene Zeit. Ich will Ihnen den Lauf auf dem Papier angeben. Sehen Sie, ungefähr so – da können Sie sich einen Begriff davon machen. Sind Sie aber erst einmal auf der Brücke – –
    So liegt die Landstraße vor mir und der kleine Bahnhof am Steinbruch, sagte Hickory, die vollendete Skizze zur Hand nehmend und sie nachdenklich betrachtend.
    Wissen Sie, Byrd, fuhr er nach einer Weile kopfschüttelnd fort, es kommt mir höchst unwahrscheinlich vor, daß Mansell den weiten Bogen gemacht haben soll: er kennt gewiß einen Richtweg durch den Wald, auf dem sich ein Stück abschneiden läßt.
    Das glaube ich kaum. Sie erinnern sich, daß Orkutt den Bahnwärter fragte, wie Mansell aussah, als er am Bahnhof anlangte. Er war erhitzt und von Kräften gewesen, aber seine Kleider weder zerrissen noch mit Schlamm bespritzt. Sobald man aber nach rechts oder links von dem Waldpfad abweicht, muß man bis an die Knie im Sumpf waten, oder die Kleider bleiben einem in Fetzen am Dorngestrüpp hängen. Folglich muß Mansell auf dem Wege geblieben sein.
    Möglich, daß Sie recht haben. Nun, ich werde ja morgen sehen, was sich durch Schnelligkeit ausrichten läßt.

    Schnelligkeit allein wird's nicht tun, behauptete Byrd. Glück und Verstand müssen auch mithelfen. Es könnte zum Beispiel ein Fuhrwerk des Weges kommen – –
    Mir soll kein Vorteil entgehen, verlassen Sie sich darauf. Ich bin doch begierig, ob ich's nicht mit Orkutts Schnellläufern von Fach aufnehmen kann.
    Nach diesen Worten trennten sich die beiden Kollegen.

Neunundzwanzigstes Kapitel.
    Voll Ungeduld sah man der Eröffnung der Gerichtssitzung am nächsten Morgen entgegen. Nicht nur die neugierige Menge, selbst Richter und Geschworene warteten mit Spannung darauf, wie Orkutt seine kühne Behauptung begründen werde. Byrd, der sich rechtzeitig einen Platz verschafft hatte, fand Zeit und Muße, die Gesichter der zumeist Beteiligten zu beobachten, deren Ausdruck sich infolge der letzten Ereignisse merklich verändert hatte. Gern würde er allerlei Bemerkungen darüber mit seinem Kollegen Hickory ausgetauscht haben; allein der fehlte an seiner Seite.
    Die Verhandlung begann. Nachdem feststand, daß Frau Klemmens um drei Minuten nach zwölf Uhr bewußtlos und blutend auf ihrem Eßzimmer am Boden liegend gefunden worden sei, galt es, den Zeitpunkt genau zu ermitteln, wann die Mordtat geschehen sein könnte.
    Ein Murmeln der Ueberraschung lief durch die ganze Versammlung, als Orkutt mit lauter Stimme Valerian Hildreth als Zeugen aufrief.
    Schnell war Ferris aufgesprungen. Sie können doch unmöglich einen Mann als Zeugen vernehmen wollen, derselbst, wie Sie wissen, dieses Verbrechens verdächtig gewesen ist und deshalb bereits längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hat. Denken Sie etwa Ihren Klienten dadurch vom Galgen zu retten, daß Sie jenem den Strick um den Hals legen?
    Ich lege niemand den Strick um den Hals, war Orkutts kaltblütige Erwiderung. Dies Vorrecht gebührt nicht dem Verteidiger, sondern dem Ankläger, Herr Bezirksanwalt.
    Mit unmutiger Gebärde nahm Ferris seinen Sitz wieder ein, während Hildreth zögernden Schrittes herbeikam. Seine verfallenen Züge, sein

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