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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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nur 90 Minuten.
    Ferris begann das Kreuzverhör:
    Haben Sie den ganzen Weg dreimal zu Fuß zurückgelegt?
    Ja, vom Hause der Witwe bis zur Station.
    War das nötig?
    Bis zur Landstraße jedenfalls. Der Pfad durch denWald ist zu schmal für ein Pferd, und der Holzweg, der breit genug wäre, so uneben, daß ein Reiter unfehlbar Hals und Beine brechen müßte.
    Auch auf der Straße jenseits der Brücke sind Sie gelaufen?
    Ja, alle drei Male, so schnell mich meine Füße tragen wollten.
    Hier trat Orkutt dazwischen.
    Warum taten Sie das? Der Bahnwärter hat bestimmt ausgesagt, er habe den Angeklagten auf der Landstraße gehen sehen?
    Es kam mir darauf an, Zeit zu gewinnen, lautete die Antwort.
    Und Sie brauchten so lange, obgleich Sie diesen Vorteil voraus hatten?
    Ich war nicht imstande, schneller anzukommen.
    Der zweite Schnelläufer, der nun an die Reihe kam, stimmte in seinem Bericht fast genau mit dem ersten überein. Durch Aufbietung aller Kräfte war es ihm gelungen, die Strecke einmal in fünf Minuten weniger, als sein Kollege, zu durchlaufen. – Während dieses Kreuzverhörs erschien endlich Hickory in der Tür. Als er Byrds Blick erwartungsvoll auf sich gerichtet sah, schüttelte er niedergeschlagen den Kopf. Offenbar war sein Versuch mißlungen. Daß Orkutt sie beobachtete, merkten die beiden Detektivs nicht, sonst hätte Hickory wohl seine Gefühle für sich behalten.
    Sobald er in Byrds Nähe gelangen konnte, flüsterte er ihm zu: Es war nichts damit. Weniger als 105 Minuten bringe ich nicht heraus, und ich habe das Mögliche getan. Es sind noch fünfzehn Minuten zu viel: aber nur wenn ich Flügel hätte, die mich über den Fluß trügen, würde ich kürzere Zeit brauchen.
    Immerhin haben Sie die beiden Schnelläufer übertroffen und ihnen fünf Minuten abgewonnen.
    Das ist mir lieb, ändert jedoch an der Hauptsache nichts, fuhr Hickory im Flüsterton fort. Mir schien übrigens, als würde ich beobachtet. Ein Mensch war in Frau Klemmens' Haus versteckt, ein anderer lungerte an der Station herum; sie haben gewiß den Moment meines Abgangs und meiner Ankunft genau notiert. Der zweite Aufpasser schickte eine Depesche ab und kam auf demselben Zug mit mir zurück. Orkutt muß wirklich ein Hexenmeister sein, daß er erfahren hat – –
    Hickory fuhr zusammen; eine laute, befehlende Stimme hatte seinen Namen genannt. Als er aufblickte, sah er das Auge des Verteidigers von der andern Seite des Gerichtssaals her auf sich gerichtet. Orkutt hatte ihn als Zeugen aufgerufen.
    Donnerwetter, brummte Hickory mit einem bedeutsamen Blick auf Byrd. Dann folgte er der unerwarteten Ladung.

Dreißigstes Kapitel.
    Es war nicht das erstemal, daß Hickory im Laufe der Verhandlung vor dem Gerichtshof erschien. Auch unter den Belastungszeugen hatte er eine Rolle gespielt; seine unverwüstliche Laune, sein derbes Wesen und keckes Auftreten war allen Anwesenden wohlbekannt. Was aber wollte der Verteidiger von ihm? Welchen Vorteil versprach sich Orkutt von seinem Zeugnis?
    Sagen Sie dem Gerichtshof gefälligst, wo Sie heute gewesen sind, Herr Hickory! lautete des Rechtsanwalts Anrede.
    Der Zeuge schien zu überlegen; er sah, wie um Entschuldigung bittend, zu Ferris hinüber, dann erwiderte er mit zuversichtlicher Miene: An vielen, verschiedenen Orten –Sie wissen recht gut, was ich meine, unterbrach ihn Orkutt. Wo waren Sie zwischen elf Uhr und dreiviertel auf eins? Er blickte auf ein Blatt Papier, das er in der Hand hatte.
    Zu der Zeit, war Hickorys Antwort, hielt ich mich nirgends dauernd auf; ich war unterwegs von Sibley nach der Zwischenstation von Monteith, mit der Absicht, dort schneller anzukommen als andere Leute und die Verteidigung über den Haufen zu werfen.
    Ah so – und wer veranlaßte Sie zu diesem Unternehmen?
    Einer meiner Freunde, auch so eine Art Detektiv.
    Wann und wo tat er das?
    Nach Ihrer gestrigen Rede; wir verabredeten es in dem Gasthaus, wo mein Freund und ich eingekehrt sind.
    Unternahmen Sie den Versuch nicht im Auftrag des Bezirksanwalts?
    Nein, er wußte nichts davon.
    Wer kannte dann Ihren Plan?
    Mein Freund.
    Sonst niemand?
    Da ich hier als Zeuge aufgerufen werde, scheint mir doch noch jemand darum gewußt zu haben, lautete Hickorys schlaue Erwiderung.
    Orkutt biß sich auf die Lippen. –
    Sind Sie im Wettlauf so geübt, daß Sie glaubten, es darin mit Schnelläufern vom Fach aufnehmen zu können?
    Ja, ich besaß die Dreistigkeit, mir dies einzubilden.
    Und Sie wollten damit den Beweis liefern, daß

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