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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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sie dumpf.
    Verzagen Sie nicht, Fräulein Dare! ertönte eine Stimme voll väterlichen Wohlwollens hinter ihr; vertrauen Sie sich mir an, ich will Ihnen glauben, und wir wollen sehen, was sich tun läßt.
    Ueberrascht blickte sie auf. Vor ihr stand ein freundlicher Herr mittleren Alters, derselbe, welcher ihr vorhin so hilfreich den Arm geboten. Er flößte ihr Zutrauen ein, und doch lag etwas Rätselhaftes in seinen Mienen, auch sah er sie nicht an, während er sprach, sondern schien die düsterbrennende Hängelampe im Hausflur mit teilnehmenden, fast mitleidsvollen Blicken zu betrachten.
    Wer sind Sie? fragte sie mit bebender Stimme.
    Seine Augen schweiften von der Lampe nach dem Schleier hin, den sie fest in ihrer Rechten hielt.
    Wenn ich es Ihnen ins Ohr flüstern darf, sollen Sie es wissen, erwiderte er.
    Sie neigte sich zu ihm hin, und er murmelte einige Worte, die sie neu zu beleben schienen.
    Und Sie wollen mir helfen? rief sie.
    Zu welchem andern Zweck bin ich hier? war seine Antwort.
    An der Treppe stand eine wohlbekannte Gestalt, die Imogen jetzt erst bemerkte.
    Hickory, befahl jener Herr mit der ruhigen Bestimmtheit eines Vorgesetzten, sorgen Sie dafür, daß während meiner Abwesenheit niemand das Krankenzimmer betritt oder verläßt!
    Darauf geleitete er Imogen nach der Bibliothek und schloß die Tür hinter sich ab.

Siebenunddreißigstes Kapitel.
    Als Ferris eine Stunde später in Tredwells Begleitung das Haus verlassen wollte, fühlte er sich am Arm berührt. Er wandte sich um und sah Hickory vor sich stehen.
    Entschuldigen Sie, sagte der Detektiv mit höflicher Verbeugung, in der Bibliothek wartet ein Herr, der Sie zu sprechen wünscht, ehe Sie fortgehen.
    Sie begaben sich nach dem bezeichneten Zimmer und blieben tieferschüttert auf der Schwelle stehen. Die hohen Bücherschränke an den Wänden, der große, mit Akten undPapieren bedeckte Mitteltisch, die ganze wohlbekannte Einrichtung und dazu der leere Armstuhl vor dem ausgebrannten Kamin – es war ein düsteres Bild.
    An einem Fenster am andern Ende des Raumes hatte ein Herr, anscheinend in ein Buch vertieft, gestanden, jetzt wandte er sich und trat auf sie zu.
    Sie erlauben, daß ich mich Ihnen vorstelle, sagte er, mein Name ist Gryce, ich bin Beamter der Neuyorker Geheimpolizei.
    Sie hier, Herr Gryce? rief der Bezirksanwalt erstaunt, wie ist das möglich?
    Der berühmte Detektiv verbeugte sich, Horaz Byrd, einer meiner Untergebenen, hat mich gerufen, sagte er. Vor etwa sechs Stunden erhielt ich seine Depesche in Utica. Der junge Mann ist bei dem hier schwebenden Kriminalfall beschäftigt, ich hoffe, er hat sich Ihre Zufriedenheit erworben und genießt Ihr Vertrauen.
    Ich halte große Stücke auf Herrn Byrd, entgegnete Ferris, aber daß er nach Ihnen schickte, geschah ohne meinen Auftrag. Um wieviel Uhr ist denn sein Telegramm von hier abgegangen?
    Um halb zwölf, unmittelbar nach Herrn Orkutts Unfall. Wahrscheinlich glaubte Byrd meiner Hilfe bei dieser neuen Verwicklung zu bedürfen, da er sich allein ihr nicht gewachsen fühlte.
    Ferris warf einen forschenden Blick auf den erfahrenen Detektiv. Es kommt mir durchaus nicht ungelegen, daß Sie hier an Ort und Stelle sind, sagte er, Sie werden vernommen haben, welche schmähliche Anklage soeben gegen den trefflichen Rechtsanwalt, einen unserer angesehensten Bürger, erhoben worden ist. Das Fräulein, von welchem sie stammt, hat dergleichen völlig grundlose, wahnsinnige Verleumdungen schon früher vorgebracht. Sie muß an Geistesstörung leiden, und ich rechne auf Ihren Beistand,um den Namen meines sterbenden Freundes von dem Schimpf zu reinigen, den sie ihm angetan hat.
    Bester Herr, entgegnete Gryce, den Blick vertraulich bald auf diesen, bald auf jenen Gegenstand im Zimmer richtend, wir leben in einer Welt voll Trug und Schein. Große Geister, die wir bewundern, Herzen, auf die wir uns verlassen, täuschen uns oft durch Treulosigkeit, Gewalttat und Hinterlist. Das ist eine schreckliche Wahrheit, aber wer vermag sie zu leugnen?
    Unwillig und betroffen sah Ferris den Detektiv an. Was, rief er, auch Sie lassen sich durch die Fieberphantasien meines unglücklichen Freundes betrügen, der schwer verletzt an einer Kopfwunde darniederliegt? Können Sie im Ernst den Worten einer Rasenden trauen, die eben erst vor Gericht wissentlich falsch ausgesagt hat?
    Auch Tredwell konnte seinen Verdruß über die Rede des Detektivs kaum unterdrücken; ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf den Tisch. Unsinn,

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