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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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rief er, wie kann man den Mann für einen solchen Narren halten?
    Gryce ließ sich nicht beirren. Zunächst, mahnte er eindringlich, werden wir Maßregeln ergreifen müssen, damit durch die Personen, welche die Beschuldigung vernahmen, die böse Nachrede nicht weiter verbreitet wird.
    Ich habe allen, die zugegen waren, Schweigen anbefohlen, sagte Doktor Tredwell. Schon aus Achtung für Orkutt wird man meinem Wunsch willfahren.
    An uns ist es, das Andenken eines Mannes, der in so hohem Ansehen steht, rein und makellos zu erhalten, meinte Gryce. Darum ist es vor allem unsere Pflicht, sein Verhältnis zu der Ermordeten völlig klarzustellen.
    Orkutt hatte nichts mit ihr zu schaffen, als daß er bei ihr zu Mittag aß, weil sie gut kochte. Das ist stadtbekannt. Von einer andern Verbindung zwischen ihnen kann nicht die Rede sein.Gryce blickte zu Boden. Sie vergessen, meine Herren, sagte er, daß es der Rechtsanwalt war, der zuerst den Schauplatz des Mordes betrat, einige Minuten früher als alle übrigen. Sobald ein Verdacht gegen ihn verlautet, wird man sich dieser Tatsache erinnern.
    In den Zügen der beiden Männer malte sich die heftigste Bestürzung.
    Ich meine nur, fuhr jener fort, mißtrauische Leute können daran denken, daß es Herrn Orkutt nicht an Gelegenheit gefehlt hat, das Verbrechen zu begehen, da er an jenem Mittag im Hause der Frau Klemmens war.
    So töricht wird niemand sein, rief Tredwell, während Ferris kaum Worte fand, um seiner Entrüstung Luft zu machen.
    Wie, brauste er auf, Sie könnten wirklich glauben, daß irgend jemand in Stadt oder Land den sinnlosen Argwohn hegen würde, Orkutt habe die Frau mit eigener Hand erschlagen? Trat er denn nicht nach höchstens zwei Minuten schon wieder heraus, um uns die Todeskunde zu bringen?
    Der Gedanke liegt doch nicht gar so fern, beharrte Gryce, wenn man bedenkt, daß eben vor dem Gerichtshaus darüber verhandelt worden war, wie man ein Verbrechen begehen und sich am besten vor Entdeckung schützen könne.
    Es kann Ihr Ernst nicht sein, rief Tredwell, der bisher ebensowenig wie der Bezirksanwalt an die Möglichkeit gedacht hatte, daß man Orkutts letzte Worte für ein Geständnis halten würde.
    Unüberlegt zu schwatzen ist nicht gerade meine Art, gab Gryce zurück. Sagen Sie mir doch, woher bekam die Witwe Klemmens das Geld, von dem sie lebte?
    Das weiß man nicht.
    Sie soll ja auch ein hübsches Sümmchen hinterlassen haben?
    Ja, fünftausend Dollars.
    Seltsam, daß in einer Stadt wie Sibley niemand weiß, woher das Geld stammt, bemerkte der Detektiv.
    Die Herren schwiegen.
    Daß Orkutt ihr so viel für das Essen bezahlt haben soll, läßt sich kaum annehmen.
    Das hat auch noch niemand behauptet, stieß Ferris hervor.
    Aber weiß man, daß dem nicht so ist? forschte Gryce weiter. – Meine Herren, fuhr er erregt fort, ohne die Antwort abzuwarten, ich befinde mich in einer höchst Peinlichen Lage. Trotz meiner vielseitigen Erfahrung ist mir nie ein ähnlicher Fall vorgekommen. Glauben Sie mir, es wird mir nicht weniger schwer als Ihnen, an der Rechtschaffenheit des bedeutenden Mannes zu zweifeln, den auch ich verehrt habe. Aber gerade als sein Freund würde ich sagen: lassen Sie uns der Sache auf den Grund gehen und nicht eher ruhen, als bis sich die Unschuld des Rechtsanwalts noch klarer herausgestellt hat, als die der beiden andern Männer, welche vor ihm desselben Verbrechens angeklagt worden sind!
    Dabei ist nur der Unterschied, nahm Tredwell das Wort, da Ferris vor innerer Erregung verstummt war, daß gegen Orkutt nicht der Schatten eines Beweises vorliegt. Auch wüßte ich auf der Welt nicht, was ihn bewogen haben könnte, der armen Frau nach dem Leben zu trachten. Es scheint geradezu unsinnig, zu glauben, er habe die Missetat mit eigener Hand verübt und dann die Heuchelei soweit getrieben, den unschuldig des Verbrechens Angeklagten vor dem Schwurgericht zu verteidigen.
    Das gebe ich alles zu, entgegnete Gryce, doch hat mich die Erfahrung gelehrt, daß mancher Verdacht auf den ersten Blick falsch, grundlos und widersinnig erscheint; deshalb trete ich völlig vorurteilsfrei an jede Sache heran.Wie Sie sich erinnern werden, war bei jenem Gespräch vor dem Gerichtshause gerade von dem Verbrecher aus der Klasse der Gebildeten die Rede, dem alle Künste der List und Verstellung zu Gebote stehen und der weiß, daß der Beweggrund seiner Tat für die Welt ein Geheimnis ist.
    Aber gerechter Gott, rief Ferris entsetzt, was Sie behaupten, ist ja in diesem Fall

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