Hand von Thrawn 01 - Schatten der Vergangenheit
dann trat sie einen Schritt zurück und stürzte vom Rand des Daches.
Sie hatte halb damit gerechnet, daß Karoly noch einen Blasterschuß auf sie abfeuern würde, ehe sie unter der Mauerkante verschwand. Doch nichts geschah. Karoly war entweder vor Überraschung erstarrt oder besaß zuviel Selbstkontrolle, um einfach so ins Blaue zu feuern. Doch Shada hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken, um welche Möglichkeit es sich handeln mochte. Die Sicherheitsleine straffte sich, und im nächsten Moment prallte sie auch schon von der Wand ab, als sie um den Mittelpunkt des letzten Ankers, den sie unterhalb des Daches angebracht hatte, abwärts und nach rechts schwang. Noch zwei Sekunden, so schätzte sie, und sie würde den Scheitelpunkt ihrer Schwingung hinter sich lassen und wieder nach oben zum Dach sausen, wo Karoly und ihr Blaster auf sie warteten.
Also blieben ihr nur zwei Sekunden, um herauszufinden, wie sie ihre frühere Kameradin überwältigen konnte.
Der aufgeschreckte Felssegler hatte nicht mal genug Zeit zu quieken, als Shada ihn aus seinem Nest riß. Es gelang ihr, mit der anderen Hand eines der Eier zu packen, und schon federte sie zurück Richtung Dach.
Dann war ihre zwei Sekunden währende Gnadenfrist vorüber. Noch während sie den Vogel zum Wurf bereit über die Schulter hob, tauchte Karoly am Rand der Mauer auf und eilte auf die Stelle zu, von der aus Shada in die Tiefe gesprungen war. Ihre Augen und die Mündung des. Blasters suchten die Flanke des Gebäudes ab. Sie entdeckte Shada, die einen kurzen Moment lang um ihr Gleichgewicht kämpfte, als sie versuchte, ihren Aufwärtsdrall aufzuhalten und gleichzeitig ihr Ziel anzuvisieren…
… und mit einem angestrengten Ächzen warf Shada den Felsegler nach Karolys Gesicht.
Dieser blieb keine Zeit zum Nachdenken, keine Zeit, innezuhalten und die Lage zu überschauen. Plötzlich wirbelte ein Durcheinander von Flügeln vor ihr, als der Felssegler das Gleichgewicht wiederzuerlangen versuchte, und in der Abwesenheit klarer Gedanken übernahmen die Kampfreflexe der Mistryl die Herrschaft. Sie zuckte zurück – die plötzliche Bewegung brachte ihre ohnehin unsichere Balance noch mehr ins Wanken –, schwenkte die Mündung des Blasters in Richtung des vor ihr flatternden Geschosses und drückte ab.
Der Blasterblitz traf den Felssegler und die flatternden Flügel verwandelten sich unvermittelt in ein Gewirr aus Flammen und Funken und ätzendem Qualm. Karoly duckte sich unter den Feuerball und drehte den Kopf zur Seite…
Gerade rechtzeitig, um das Ei des Felsfliegers genau aufs Nasenbein zu kriegen.
Sie keuchte, als das Ei zerbrach und die schleimige Flüssigkeit sich in ihre Augen ergoß. Ihre freie Hand schoß nach oben und versuchte, die zähflüssige Masse wegzuwischen, die sie blendete, während Shada die Führung der Sicherheitsleine mit einem Schlag erneut löste und aufs Dach sprang. Sie beschrieb einen Bogen von einigen Metern nach rechts, um sich aus der Schußlinie des Blasters zu bringen, der immer noch vage in ihre Richtung zielte, und näherte sich von der Seite.
Sie erreichte die jüngere Frau in dem Moment, als diese ihre Augen frei bekam, und trat ihr den Blaster aus der Hand, als sie versuchte, die Waffe in ihre Richtung zu schwenken. Der Blaster traf den Mauerrand hinter Karoly, prallte ab und stürzte in die Dunkelheit unter ihnen. »Shassa«, stieß Karoly fauchend die alte Verwünschung hervor, sprang nach rechts aus Shadas Reichweite und zauberte von irgendwoher ein schimmerndes Messer hervor. »Shada…«
»Ich gehorche nur meiner Pflicht«, rief diese und führte nun ihrerseits einen Ausfallschritt nach rechts aus, um der Spitze des Messers zu entgehen. »Du hast immer noch die Möglichkeit, mir aus dem Weg zu gehen.«
Karoly fauchte und stürzte nach vorne. Shada machte einen weiteren Schritt nach rechts und gab vor, auf Karoly zuzuspringen, dann wich sie noch einmal seitwärts aus, änderte die Richtung und hielt auf die Oberlichter zu.
Doch Karoly hatte diesen Zug vorhergesehen. Sie blinzelte weitere Reste des Vogeleis aus den Augen und machte einen großen Schritt in die gleiche Richtung. Ihr Messer schwang bedrohlich hin und her. Shada konterte mit einem Schritt, der sie gefährlich nah an den Rand des Daches brachte, dann machte sie in dem Versuch, auf Karolys linke Seite zu gelangen und damit ihrer Messerhand zu entgehen, zwei lange Schritte entlang der Mauerkante. Karoly wirbelte daraufhin herum und streckte
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