Hand von Thrawn 01 - Schatten der Vergangenheit
erkannt?« fragte Tierce in das Schweigen hinein.
Disra brauchte einen weiteren Moment, um seine Stimme wiederzufinden. »Ich habe das Archiv der Imperialen Zentralbibliothek durchforstet, nachdem diese hierher nach Bastion verlegt worden war«, erklärte er. »Dort werden unter anderem Duplikate der persönlichen Aufzeichnungen des Imperators aufbewahrt, und es ist mir gelungen, mir Zugang zu verschaffen.«
Tierce wölbte eine Augenbraue. »Wirklich? Diese Dokumente galten als absolut sicher.«
»Es gibt in Wahrheit keine absolute Sicherheit«, entgegnete Disra.
»Offenbar nicht«, gab Tierce zurück. »Nun, und was jetzt?«
»Nicht das, was Sie erwarten«, versicherte ihm Disra. »Ich habe nicht vor, Sie als Deserteur zu denunzieren, falls ich überhaupt jemanden mit der nötigen Autorität auftreiben könnte, um Sie zu verraten. Das Imperium kann es sich kaum leisten, seine besten Leute zu vergeuden.« Er hob eine Braue. »Da wir gerade davon sprechen, muß ich Sie einfach fragen: Wie konnten Sie der Zerstörung des zweiten Todessterns entgehen?«
Tierce zuckte die Achseln, hob dabei kaum die Schultern. »Ganz einfach, ich war gar nicht dort. Wir von der Imperialen Ehrengarde rotierten in periodischen Abständen zu regulären Sturmtruppeneinheiten, um unsere Kampfbereitschaft zu trainieren. Ich war zu jener Zeit auf Magagran, weit draußen im Äußeren Rand, und habe dabei geholfen, eine Rebellen-Zelle zu knacken.«
»Und der Rest Ihrer Einheit wurde vernichtet?«
»Von einer einzelnen Rebellen-Zelle?« Tierce schnaubte verächtlich. »Wohl kaum. Nein, wir brachten unsere Mission zu Ende und wurden anschließend zurückbeordert. Damals wurde darüber spekuliert, ob der Imperator bei Endor ums Leben gekommen war oder nicht, daher bin ich im gleichen Moment, da wir Coruscant erreichten, aus dem Schiff gesprungen und habe mich umgeschaut, ob ich irgendwie zur Beruhigung der Lage beitragen könnte.«
Disra spürte, daß seine Lippen bebten. »Ich erinnere mich an jene Monate: das reine Chaos; die Rebellen brauchten nur die Scherben aufzusammeln, die wir ihnen auch gleich auf dem Präsentierteller hätten überreichen können.«
»Ja«, nickte Tierce mit Bitterkeit in Stimme und Miene. »Es war, als würde das gesamte Imperium von der Spitze an in sich zusammenfallen.«
»Vielleicht tat es das wirklich«, pflichtete ihm Disra bei. »Pellaeon sprach einmal davon, daß Großadmiral Thrawn eine Theorie darüber hatte.«
»Ja, daß der Imperator die Macht dazu eingesetzt hatte, seine Truppen anzutreiben«, sagte Tierce. »Ich erinnere mich an gleichlautende Diskussionen an Bord der Schimäre. Vielleicht hatte er ja recht damit.«
Disra runzelte überrascht die Stirn. »Sie waren auf der Schimäre!«
»Natürlich«, antwortete Tierce. »Gibt es einen besseren Platz für einen Imperialen Gardisten als an der Seite eines Großadmirals? Ungefähr einen Monat nachdem er von seinem Dienst in den Unbekannten Regionen zurückkehrte, gelang es mir, meine Versetzung zum Sturmtruppenkommando der Schimäre zu bewirken.«
»Aber dann… «, tastete sich Disra vor.
»Weshalb er starb?« Tierce biß die Zähne zusammen. »Weil ich falsch geraten habe. Ich rechnete mit einem Angriff auf den Großadmiral, als er bei den Bilbringi-Schiffswerften auf unerwartet große feindliche Kräfte stieß. Aber ich erwartete den Überfall in Form eines Kommandos, das die Schimäre in der Konfusion der Schlacht entern würde. Luke Skywalker war schon einmal auf diese Weise in das Schiff eingedrungen, um den Schmuggler Talon Karrde zu retten, und ich dachte, sie würden es noch einmal versuchen. Also stationierte ich meine Sturmtruppeneinheit in der Nähe der Hangarbuchten.«
»Ah.« Disra nickte. Die historischen Details dieser Schlacht fielen ihm wieder ein. »Also war es Ihre Einheit, die den Noghri-Verräter Rukh abfing und tötete, nachdem er den Großadmiral ermordet hatte?«
»Ja. Wenngleich das nur ein schwacher Trost war.«
»Hm.« Disra betrachtete sein Gegenüber. »Wußte Thrawn über Sie Bescheid?«
Tierce zuckte abermals die Achseln. »Wer könnte jemals sagen, was ein Großadmiral weiß und was nicht? Ich kann nur sagen, daß ich mich ihm niemals zu erkennen gegeben habe und daß er mich niemals mit meiner Vergangenheit konfrontiert hat.«
»Weshalb gaben Sie sich nicht zu erkennen?« wollte Disra wissen. »Ich dachte, ein Angehöriger der Imperialen Ehrengarde hat ein Anrecht auf bestimmte – äh –
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