Hand von Thrawn 01 - Schatten der Vergangenheit
die die beiden Sektionen des Büros voneinander trennte. Früher hätte er sicher versucht, sie zu überraschen, indem er durch die Tür gesprungen, sie an sich gezogen und ihr einen dicken Kuß aufgedrückt hätte. Doch ihre zunehmenden Jedi-Fähigkeiten hatten jeden Versuch, sich an sie heranzuschleichen, schon seit langem zu einem aussichtslosen Unterfangen gemacht.
Abgesehen davon würde sie, wenn er sie mit einem dummen Schuljungenstreich in Verlegenheit brachte, wahrscheinlich noch wütender auf ihn werden, als sie es wegen der Iphigin-Sache ohnehin bereits war. Vor allem dann, wenn sie nicht allein gekommen war.
Und so war es. Als er ein Ohr gegen die Tür preßte, konnte er außer der Leias noch mindestens zwei weitere Stimmen hören.
Einen Augenblick stand er einfach da und wartete ab, ob sie ihre Besucher hereinführte oder ob sie ihn auffordern würde, sie draußen zu begrüßen, denn sie wußte sicher längst, daß er hier drin war. Vielleicht war es ihr aber auch lieber, wenn er außer Sicht blieb…
Und dann erwachte plötzlich das Interkom auf ihrem Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers zum Leben: »… müssen verstehen, daß es nicht unser Wünschest, irgend jemanden in Schwierigkeiten zu bringen«, sagte jemand. »Wir wollen keine Rache, und für Gerechtigkeit ist es viel zu spät.«
Han runzelte die Stirn und kehrte quer durch den Raum zum Schreibtisch zurück. Also gut. Leia wollte also, daß er der Unterhaltung lauschte, aber nicht, daß er draußen auftauchte oder die Besucher, wer auch immer sie waren, wußten, daß sie belauscht wurden.
Dann warf er zum ersten Mal einen Blick auf das Interkomdisplay, und mit einem Mal verstand er ihre Zurückhaltung. Da draußen befanden sich zwei Ishori… und zwei Caamasi.
»Das ist keine Frage von Rache«, beharrte einer der beiden Ishori. Wahrscheinlich ein Senator, entschied Han, falls das kunstvolle Geflecht seiner Schulterklappen einen ausreichenden Hinweis gab. »Und für Gerechtigkeit ist es niemals zu spät.«
»Und welchem Zweck sollte diese sogenannte Gerechtigkeit dienen?« gab einer der Caamasi leise zurück. »Unsere Heimat ist verwüstet, und wir sind wenige und in alle Winde zerstreut. Würde eine Bestrafung der Bothans wie durch ein Wunder alles wiedergutmachen?«
»Vielleicht würde es das«, erwiderte der Ishori, der seine Stimme erhoben hatte. Er dachte intensiv und schnell nach, und das Ishori-Markenzeichen, der Zorn, stellte sich unverzüglich ein. Han verzog das Gesicht; die Erinnerung an seine verpfuschten Verhandlungsversuche auf Iphigin setzte ihm arg zu. »Wenn die Bothans schuldig gesprochen und gezwungen werden, Reparationen zu leisten…«
Das Kom am anderen Ende der Konsole schrillte: Leias privater Kanal, wie Han verärgert feststellte. Gerade als das Gespräch vor der Tür interessant zu werden versprach; wahrscheinlich eines der Kinder, und er tat besser daran, den Anruf entgegenzunehmen. Er schaltete den Interkomkanal auf Aufzeichnung der restlichen Unterhaltung draußen vor der Tür – was vermutlich illegal war, aber das war ihm jetzt gleichgültig –, sowie den Lautsprecher stumm und drückte die Bereitschaftstaste des Kom.
Es waren nicht die Kinder oder Winter, nicht einmal einer der Noghri. »Hallo Solo«, sagte Talon Karrde. »Mit Ihnen hätte ich auf diesem Kanal allerdings nicht gerechnet.«
»Gleichfalls«, erwiderte Han und sah den Schmuggler stirnrunzelnd an. »Woher wissen Sie von dieser Frequenz?«
»Weil Ihre Frau sie mir verraten hat, natürlich«, antwortete Karrde und versuchte gleichzeitig schlitzohrig und unschuldig auszusehen. »Ich habe sie mit der Wild Karrde von Wayland hierher zurückgeflogen. Ich dachte, Sie wüßten davon.«
»Ja, ich habe eine kurze Benachrichtigung von ihr darüber erhalten«, behauptete Han. »Ich wußte allerdings nicht, daß Sie ihr diese Privatfrequenz abgeschwindelt haben.«
Karrde lächelte, dann wurde er wieder ernst. »Wir sitzen neuerdings alle auf höchst explosivem Material, mein Freund«, sagte er. »Leia und ich sind übereingekommen, daß es ganz nützlich sein könnte, wenn ich dazu in der Lage wäre, auf, sagen wir mal, diskrete Weise Kontakt mit ihr aufzunehmen. Hat sie Ihnen schon von dieser Caamas-Datenkarte erzählt, die wir von Wayland mitgebracht haben?«
Hans Augen huschten kurz zu dem Interkomdisplay und den beiden Caamasi. »Nein. Ich hatte noch keine Möglichkeit, mit ihr zu sprechen, seit ich wieder hier bin«, entgegnete er dann.
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