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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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weggenommen.»
    «Du hast zugelassen, dass sie festgenommen wurde», sagte Penelope. «Der Job war dir wichtiger.»
    Um seine Zigarre aufzuheben, ging Sivart in die Knie, während er ihrem Streit lauschte, als wäre es eine Geschichte, die er schon kannte. Und dann begriff Unwin, dass Sivart diese Geschichte tatsächlich kannte, weil er eine Rolle darin gespielt hatte. Hoffmann und seine Tochter redeten vom zwölften November, von dem Tag, an dem Sivart Cleopatra Greenwood vor der Zentralbank auf frischer Tat ertappt und sie der Stadt verwiesen hatte.
Ich werde Ihnen nicht sagen, worüber wir geredet haben
, hatte er geschrieben.
Ich werde Ihnen nicht sagen, was geschah, bevor ich sie in den Zug setzte.
Darüber hatten sie also gesprochen: über Miss Greenwoods kleines Mädchen. An jenem Tag im Bahnhof hatten sie eine Vereinbarung getroffen. Sie hatten besprochen, wie sie Penelope aus der Stadt schaffen konnten, weg von ihrem Vater.
    «Ich bin aber nicht hierhergekommen, um darüber zu reden», sagte Penelope. «Ich möchte dir von meinem neuen Job erzählen. Das läuft alles unterirdisch, mehr, als du dir vorstellen kannst. Die haben dir den Rang abgelaufen, Dad. Erinnerst du dich an Hilda Palsgrave? Sie hat sich früherbeim Zirkus um die Feuerwerke gekümmert.»
    Unwin schnappte nach Luft, wirklich nach Luft. Hilda, die Riesin Hildegard: Sivart war ihr an dem gleichen Tag begegnet, als er Caligari kennengelernt hatte, hatte mit ihr gesprochen, während sie das Schwarzpulver für ihre Raketen mischte. Jetzt war sie Hauptschreiberin im dritten Archiv. Wie hatte es eine von Caligaris alten Angestellten in die Agentur geschafft?
    Hoffmann war erzürnt. «Ihr arbeitet alle beide für die Agentur? Ihr arbeitet für
ihn?
»
    Der Aufseher, dachte Unwin. Der Mann, über den Miss Greenwood gesagt hatte, er sei noch schlimmer als Enoch Hoffmann.
    Obwohl das in diesem Moment schwer vorstellbar war, denn Lamech warf sich zu Boden, krümmte sich, wälzte sich von einer Seite auf die andere und schlug mit den Fäusten auf den Hut. Genau so, dachte Unwin, hatte Lamechs Leben ein Ende gefunden: Er war von seinem eigenen Hut erstickt worden, und Unwin konnte nichts dagegen tun. Und wenn Lamech starb, wäre die Aufnahme vorbei. Viel Zeit hatte er nicht mehr.
    «Penny, Penny», flüsterte der Bauchredner. Fast sang er den Namen. «Es ist so lange her, dass wir einander verloren haben. Wo bist du gewesen? Als du auf die Welt kamst, waren deine Augen wie kleine Spiegel, erschreckend! Caligari sah dich und beanspruchte dich für sich selbst. Aber du bist gerade rechtzeitig zu mir zurückgekommen. Ich brauche deine Hilfe. Wir werden zusammenarbeiten, so wie früher.»
    Sivart lachte. «Klar. Wir alle wissen ja, wie gut das gelaufen ist.»
    «Der zwölfte November war ein Zufallstreffer», sagte Hoffmann barsch.
    Sivart wedelte abfällig mit der Hand, doch die Frau im karierten Mantel lauschte mit offenkundigem Interesse. Hoffmann und sie standen da und sahen sich an. Er war über einen Kopf kleiner als sie und wirkte in seinem zerknitterten Pyjama fast verloren.
    «Kleines», sagte Sivart zu ihr. «Hören Sie nicht auf ihn.»
    Penelope beachtete ihn nicht. «Wir müssen reden», sagte sie noch einmal zu ihrem Vater. «Allein.»
    Mit einem nervösen Seitenblick auf Lamech riss sich Sivart den Hut vom Kopf. Doch Hoffmann hatte keine weiteren Tricks im Sinn. «Ich lasse ihn nicht aus den Augen», sagte er.
    «Was glaubst du, wird er tun?», fragte Penelope. «In dem Müll in deinem Gehirn rumwühlen? Herausfinden, dass du einer von den Bösen bist? Lass ihn ruhig mal einen Moment in Ruhe.» Sie warf Sivart einen bedeutungsvollen Blick zu und fügte hinzu: «Der ist sowieso schnell genug wieder hier.»
    Hoffmann runzelte die Stirn, seufzte dann jedoch und sagte: «Okay.» Er schnalzte mit den Fingern, und hinter ihm löste sich ein einzelner Spiegel in Dunst auf. Direkt dahinter lag die Treppe in den Vergnügungspark.
    Sivart zuckte mit den Achseln und setzte seinen Hut wieder auf. Er paffte ein paarmal an seiner Zigarre, bis die Glut wieder tiefrot brannte. «Viel Spaß, ihr beiden», sagte er und verließ mit einem letzten Blick auf Lamechs sich immer noch windende Gestalt forschen Schrittes das Spiegelkabinett.
    Unwin folgte ihm. Draußen war das unheimliche Licht des Vergnügungsparks heller geworden, fast gleißend, und die Karussells drehten sich und wirbelten in halsbrecherischer Geschwindigkeit. Es roch nach Popcorn und

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