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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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frischempSägemehl, und die Leierkastenmusik dudelte. Sivart sprang auf die kreisende Plattform eines Karussells, und Unwin eilte ihm hinterher, wobei er nach den Zügeln eines Holzpferdes griff, um die Balance zu halten. Sivart sprang auf der anderen Seite wieder ab und lief davon, auf die letzten Ausläufer des Geländes zu.
    Der Detektiv bewegte sich entschlossen, als folgte er einem vorbestimmten Plan. Konnte es sein, dass sich Penelope Greenwood und er vorher abgesprochen hatten, um ihm diese Atempause zu verschaffen? Unwin wusste nicht, wie weit er ihm folgen konnte. Schon jetzt kam er an die Grenzen dessen, was Miss Palsgraves Apparat aufgezeichnet hatte, und spürte ein Ziehen an seinem Hinterkopf. Dieser Traum ähnelte jenen russischen Puppen, bei denen immer eine weitere im Bauch der vorigen steckte. Doch wenn die Hauptschreiberin des dritten Archivs den Traum überwacht hatte, konnte sie dann vielleicht die Aufmerksamkeit von einem Ich auf das andere verlegt und sozusagen die Frequenzen geändert haben, wie Lamech es bezeichnet hatte? Ja: Je näher Unwin bei Sivart blieb, desto zusammenhängender und klarer war die Aufnahme.
    Sivart hatte den Rand des Vergnügungsparks erreicht. Hier stand ein kleines, fast vollkommen rechteckiges Gebäude, in dessen Fenstern sich der Lichterschein des Parks spiegelte. Der Detektiv stieg die Treppe hoch, legte seine Hand an den Türknauf, schloss dann die Augen und runzelte die Stirn. «Okay», sagte er zu sich selbst, «auch nicht schwerer, als einen Radiosender zu verstellen.» Er drehte am Knauf und riss die Tür mit Schwung auf.
    Auf der anderen Seite lag Unwins Badezimmer.
    Sivart ging hinein und blickte sich um. Er gähnte, streckte sich, nahm dann seinen Mantel ab und warf ihn über dieStange des Duschvorhangs. «So gefällt mir das schon viel besser», sagte er. Er drehte den Warmwasserhahn auf und zog sich aus, griff dann in seine Manteltasche und holte einen kleinen Flakon aus getöntem Glas heraus. Er entfernte den Korken, schnupperte am Flakon und goss den Inhalt ins Wasser. Die Wanne füllte sich mit Seifenschaum. Als die Wanne voll war, prüfte er das Wasser mit einer Zehe und stieg hinein. Den Hut tief ins Gesicht gezogen, begann er an seiner Zigarre zu paffen und schnipste die Asche in die Wanne. Der einzige Farbfleck im Zimmer war die Glut seiner Zigarre, und sie brannte so munter, dass der Schaum über der Wanne mit einem roten Schimmer übergossen war.
    Unter den Decken des Unterschreiberbetts im dritten Archiv des Agenturbüros streckte Unwin seine Beine aus. In seinem Traum von Hoffmanns Traum von Sivarts Traum öffnete ein träumender Unwin, ein frisches Handtuch über dem Arm und den Bademantel fest um seine Lenden gegürtet, seine Badezimmertür. Sivart schrubbte seine Füße mit einer langstieligen Bürste, und der andere Unwin sagte: «Sir, was machen Sie in meiner Badewanne?»
    Sivart bat den anderen Unwin, seinen Namen nicht auszusprechen. Jemand könnte mithören. Er warf ihm vor, vergesslich zu sein. Er sagte: «Ich sage Ihnen jetzt etwas, das Sie gleich wieder vergessen werden. Sind Sie so weit?»
    «Ja», sagte der andere Unwin.
    «Okay, hören Sie zu. Sie geben sich wahnsinnige Mühe, alles richtig zu machen. Ich habe gesehen, was Sie mit meinen Berichten gemacht haben. Ich habe die Akten gelesen. Sie streichen all die guten Stellen. Ihnen geht es nur um die Einzelheiten und um die Hinweise, und wer was gemacht hat und warum. Aber ich sage Ihnen, Unwin, an der Sacheist mehr dran als das. Es gibt eine … Ich weiß nicht» – er wedelte mit seiner Zigarre in der Luft –, «eine Art von Esprit bei dieser ganzen Sache. Es gibt all das Rätselhafte. Je vertrackter es wird, desto besser. Das ist so, wie wenn man sich verliebt. Oder wieder entliebt, ich vergesse immer, was was ist. Dagegen sind Fakten gar nichts. Also versuchen Sie es mal, ja? Versuchen Sie mal, die guten Stellen drinzulassen?»
    «Tut mir leid», sagte Unwin, «was haben Sie da gerade gesagt? War in Gedanken ganz woanders.»
    «Egal. Behalten Sie nur eins im Gedächtnis: Kapitel achtzehn. Kapiert?»
    «Ja.»
    «Wiederholen Sie es noch mal für mich: Kapitel achtzehn.»
    «Kapitel Stoßzahn», sagte Unwin.

Wenn Sie keine Grube graben, fallen Sie wahrscheinlich gerade selbst in eine. Den Meister seines Fachs erkennt man daran, dass er beides zugleich tut.
     
    Irgendwo trompetete ein Elefant. Woanders klingelte ein Wecker. Und in Lamechs Stadt schrie jemand wie am Spieß.
    Die

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