Handyman Jack 01 - Die Gruft
in diesem Spiel vorgeführt worden, aber er sah nicht, was er hätte ändern können.
Die Frage war: Wo war Kolabati? Er würde versuchen, sie aufzuspüren. Vielleicht war sie wirklich auf dem Weg zurück nach Washington. Wenn er sich da doch nur sicher sein könnte.
Jack trat erneut gegen die Tür. Diesmal heftiger.
Kapitel 9
Manhattan
Dienstag, 7. August
Denn ich wurde zum Tod, dem Zerstörer von Welten.
Bhagavad Gita
1
Mit einer Mischung aus Angst, Wut und Sorge warf Jack den Hörer auf die Gabel zurück. Zum zehnten Mal an diesem Morgen hatte er in Kusums Wohnung angerufen und einer langen Reihe von Klingeltönen gelauscht. Zwischendurch hatte er bei der Auskunft in Washington angerufen, aber Kolabati wurde weder im District Washington noch in Nordvirginia geführt. Erst ein Anruf bei der Auskunft in Maryland führte ihn zur Nummer von K. Bahkti in Chevy Chase.
Aber auch da ging den ganzen Morgen niemand ans Telefon. Von New York in die Hauptstadt waren es nur vier Autostunden.
Wenn sie wirklich New York verlassen hatte, dann hätte sie längst da sein müssen. Aber Jack glaubte das nicht. Kolabati war ihm viel zu unabhängig erschienen. Sie würde sich nicht von ihrem Bruder herumkommandieren lassen.
Die Vorstellung einer Kolabati, die gefesselt und geknebelt in irgendeiner Kammer schmorte, verfolgte ihn. Wahrscheinlich hatte sie es bequemer, aber mit ziemlicher Sicherheit war sie Kusums Gefangene. Wegen ihrer Beziehung zu Jack hatte ihr Bruder etwas gegen sie unternommen. Jack fühlte sich verantwortlich dafür.
Kolabati… Seine Gefühle ihr gegenüber waren alles andere als klar. Er sorgte sich um sie, aber er konnte nicht sagen, dass er sie liebte. Sie schien ihm eher wie eine verwandte Seele, jemand, der ihn verstand und akzeptierte, was er war. Jemand, der ihn sogar dafür bewunderte. Wenn man das mit einer ungeheuren körperlichen Anziehungskraft verknüpfte, erhielt man eine einzigartige Beziehung. Aber es war keine Liebe.
Er musste ihr helfen. Weswegen hatte er dann den größten Teil des Morgens am Telefon verbracht? Warum war er nicht zu Kusums Wohnung gegangen und hatte versucht, sie zu finden?
Weil er zum Sutton Square musste. Irgendetwas in ihm trieb ihn schon den ganzen Morgen dorthin. Er würde sich nicht dagegen wehren. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, auf solche Gefühle zu vertrauen. Es war keine Vorahnung. Jack glaubte nicht an Telepathie oder außersinnliche Wahrnehmung oder so ein Zeug. Dieses Drängen bedeutete, dass sein Unterbewusstsein Schlüsse gezogen hatten, die seinem bewussten Denken noch nicht klar geworden waren, und dass es versuchte, ihn darauf hinzuweisen.
Irgendwo in seinem Unterbewusstsein ergaben zwei und zwei Sutton Place. Er sollte dorthin gehen. An diesem Morgen. Sofort!
Er zog sich an und schob die Semmerling in sein Knöchelhalfter. Da er wusste, dass er sie wahrscheinlich später noch brauchen würde, schob er seine Einbrecherausrüstung – einen Satz Dietriche und ein dünnes Plastiklineal – in eine Gesäßtasche und wandte sich zur Tür.
Wenigstens unternahm er endlich etwas.
2
»Kusum?«
Kolabati hörte ein Rasseln am Ende des Korridors. Sie presste ein Ohr gegen den oberen Teil ihrer Kabinentür. Das Geräusch kam unzweifelhaft von der Außentür zum Deck hin. Jemand schloss sie auf. Das konnte nur Kusum sein.
Sie konnte nur hoffen, dass er gekommen war, um sie freizulassen.
Die Nacht hatte sich endlos hingezogen. Bis auf gelegentliches schwaches Rascheln aus der Tiefe des Schiffes war alles still gewesen. Kolabati wusste, dass ihr nichts geschehen konnte. Die Rakoshi konnten nicht zu ihr gelangen, und selbst wenn es einem oder auch mehreren von ihnen gelang, aus dem Laderaum auszubrechen, hatte sie immer noch ihre Halskette, die sie vor Entdeckung schützte. Trotzdem hatte sie nur sehr schlecht geschlafen. Sie dachte an diesen schrecklichen Irrsinn, dem ihr Bruder vollkommen verfallen war, und machte sich Sorgen um Jack und das, was Kusum ihm antun mochte. Aber auch sonst war die Kabine nicht gerade bequem. In der Nacht war die Luft stickig geworden. Die Lüftung in der Kabine war schlecht und seit Sonnenaufgang war die Temperatur stetig angestiegen. Sie kam sich vor wie in einer Sauna. Sie hatte Durst. Es gab zwar ein Waschbecken in der winzigen angrenzenden Toilette, aber das Wasser, das aus dem Hahn tröpfelte, war brackig und roch unangenehm.
Sie drehte an dem Knauf der Tür, wie sie es bestimmt schon
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