Handyman Jack 01 - Die Gruft
fragte sie und wich zurück, als er sich neben ihr auf den Boden kniete.
»Ich bin Jack. Das weißt du doch.«
»Weiß ich das? Ich bin mir nicht mal mehr sicher, dass du wirklich Jack heißt.« Sie spürte, wie die Angst in ihr aufstieg. Ihre Stimme überschlug sich. »Wer bist du und was machst du mit all diesen Sachen?«
Er kam ihr mit einer merkwürdigen Geschichte. Er erklärte, er sei ein Handyman; jemand, der in Aktion trat, wenn Not am Mann war, und der die Dinge »in Ordnung brachte«. Gegen Honorar beschaffte er gestohlene Gegenstände zurück oder verhalf den Leuten zu ihrem Recht, wenn die Polizei und die üblichen Justizmittel versagt hatten.
»Aber diese Pistolen und diese Messer und diese anderen Sachen … die sind dazu da, um Menschen wehzutun.«
Er nickte. »Manchmal kommt das vor.«
In Gedanken malte sie sich aus, wie er jemanden niederschoss, jemanden erstach oder zu Tode prügelte. Hätte ihr jemand so etwas über den Mann erzählt, den sie liebte, dann hätte sie ihm ins Gesicht gelacht und wäre davongegangen. Aber die Warfen lagen auf dem Tisch vor ihr. Und der, der diese Dinge erzählte, war Jack selbst!
»Dann bist du nichts weiter als ein bezahlter Schläger!«
Er wurde rot. »Ich arbeite zu meinen eigenen Bedingungen – immer. Und ich tue niemandem etwas an, das derjenige nicht bereits selbst jemand anderem angetan hat. Ich wollte es dir erklären, sobald …«
»Aber du verletzt andere Menschen!«
»Manchmal.«
Dies entwickelte sich zu einem Albtraum! »Was ist das für eine Art, sein Leben zu führen?«
»Es ist mein Beruf.«
»Gefällt es dir, anderen Menschen wehzutun?«
Er blickte weg. Und das reichte als Antwort aus. Es war, als hätte man ihr eines seiner Messer ins Herz gestoßen.
»Wirst du von der Polizei gesucht?«
»Nein.« In seiner Stimme lag ein gewisser Stolz. »Die wissen nicht einmal, dass es mich gibt. Genauso wenig wie die Stadt New York oder die Steuerbehörde oder die Regierung der Vereinigten Staaten.«
Gia erhob sich und schlang die Arme um ihren Körper. Ihr war plötzlich kalt. Sie wollte diese Frage nicht stellen, aber sie musste einfach.
»Was ist mit Mord? Hast du schon mal jemanden getötet?«
»Gia …« Er erhob sich ebenfalls und wollte sie in den Arm nehmen, aber sie entzog sich ihm.
»Beantworte die Frage, Jack! Hast du schon einmal jemanden getötet?«
»Das ist schon vorgekommen. Aber das heißt nicht, dass ich damit meinen Lebensunterhalt verdiene.«
Sie hatte das Gefühl, sie müsste sich übergeben. Der Mann, den sie liebte, war ein Mörder. »Aber du hast getötet.«
»Nur wenn es keine andere Möglichkeit gab. Nur wenn es sein musste.«
»Du meinst, nur wenn man dich töten wollte? Töten oder getötet werden?« Bitte sag Ja! Bitte!
Er wandte wieder den Blick ab. »So in etwa.«
Ihre Welt schien zusammenzustürzen. Hysterie übermannte sie und sie begann zu laufen. Sie rannte zur Tür, lief die Treppen hinunter und einem Taxi hinterher, das sie nach Hause brachte, wo sie sich in eine Ecke ihrer Wohnung zurückzog und dem Klingeln des Telefons lauschte – wieder und wieder und wieder. Als Vicky von der Schule nach Hause kam, legte sie den Hörer neben die Gabel. Seitdem war sie Jack aus dem Weg gegangen.
»Komm jetzt weg vom Fenster. Ich sage dir, wenn Jack kommt.«
»Nein, Mommy! Ich will ihn sehen!«
»Na gut, aber wenn er kommt, will ich nicht, dass du herumläufst und einen Aufstand machst. Du sagst ihm einfach nur nett und höflich Guten Tag und dann gehst du wieder in dein Spielhaus. Haben wir uns verstanden?«
»Ist er das?« Vicky begann auf ihren Zehenspitzen auf und ab zu hüpfen. »Ist das Jack?«
Gia sah auf die Straße, dann lachte sie und zog ihre Tochter an den Zöpfen. »Der hat ja nicht mal Ähnlichkeit mit ihm.«
Sie wandte sich vom Fenster ab, kam dann aber wieder zurück. Sie fand sich damit ab, hinter Vicky zu stehen und zu warten. Anscheinend hatte Jack es geschafft, Vickys an sich untrügliche Menschenkenntnis zu täuschen. Aber schließlich war ihm das auch bei Gia gelungen.
Es schien, als täusche Jack jedermann.
9
Wenn er sich seine Wohngegend in Manhattan aussuchen könnte, dann würde Jack am Sutton Square leben, dem halben Block immens teurer Immobilien an der Ostspitze der 58. Straße gegenüber vom Sutton Place, der mit einer niedrigen Mauer oberhalb einer abgesenkten gepflasterten Terrasse endete, von wo aus man einen herrlichen Blick auf den East River hatte. Hier
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