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Handyman Jack 04 - Tollwütig

Handyman Jack 04 - Tollwütig

Titel: Handyman Jack 04 - Tollwütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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umgebracht. Aber wen? Für einen kurzen Augenblick hätte Ivo sich beinahe selbst in die Hosen gemacht, weil er es mit der Angst zu tun bekam, dass er und Vuk als Prügelknaben herhalten mussten.
    Doch dann war Dragovic plötzlich verstummt, praktisch mitten im Satz, und hatte den Raum verlassen. Vuk und Ivo – und zweifellos auch viele der anderen Anwesenden – waren zitternd und schwitzend zurückgeblieben.
    Ivo erinnerte sich an einen Unteroffizier im Kosovo, der sich ähnlich benommen hatte. Er war genauso unberechenbar, beinahe psychopathisch gewesen. Aber ihn hatten wenigstens die Regeln und Vorschriften der Armee ein wenig gebremst. Dragovic konnte durch nichts zurückgehalten werden. Er bestimmte die Regeln und konnte sie nach seinem Gutdünken ändern, wann immer es ihm passte.
    Ivo vermisste die Armee, obgleich er dort einen Großteil seiner Zeit damit verbracht hatte zu warten, dass etwas geschah oder dass ihm befohlen wurde, was er tun sollte. Am meisten vermisste er das klar strukturierte Leben. Die Kampfhandlungen vermisste er nicht.
    Er hatte noch immer Albträume vom Kosovo. An den Säuberungsaktionen hatte er nicht teilgenommen. Niemals hätte er ein Haus betreten und jeden erschießen können, der ihm dort begegnete. Diese Aktionen waren vorwiegend von der örtlichen Polizei und der Miliz durchgeführt worden. Einige Soldaten hatten daran teilgenommen – zum Beispiel Vuk –, aber die meisten hatten nur untätig dagestanden und es geschehen lassen.
    Das war meine Sünde, dachte Ivo. Weggeschaut zu haben. Das und die Plünderungen.
    Die Plünderungen waren so sinnlos gewesen – sie hatten Fernsehgeräte weggeschleppt, ohne eine Möglichkeit zu haben, sie nach Hause zu schaffen. Nur die Offiziere kamen an Lastwagen heran, und sie nahmen den ihnen unterstellten Männern ganz einfach die wertvollsten Beutestücke weg und ließen diese in ihre Heimat transportieren.
    Der Ivo, der aus dem Kosovo herauskam, unterschied sich grundlegend von dem Ivo, der in diese höllische Provinz einmarschiert war. Am Abend vor dem Abtransport hatte er gebetet, dass er nicht doch noch gezwungen würde, Menschen zu töten. Aber er war am Ende mit blutbesudelten Händen herausgekommen – Blut einiger weniger Guerillas der Kosovo-Befreiungsarmee und auch Blut von Zivilisten. Wenigstens hatte er Zivilisten nur dann getötet, wenn sie es darauf angelegt hatten.
    Seine Einheit war in der Region zwischen Gnjilane und Zegra stationiert gewesen, und niemand, der nicht dort gewesen war, konnte verstehen, was das bedeutete. Es kam vor, dass eine alte Frau an einer Gruppe Soldaten vorüberhumpelte und, kurz bevor sie um eine Hausecke bog, eine Handgranate unter dem Rock hervorzog und mitten in die Gruppe schleuderte.
    Manchmal musste man einfach als Erster schießen. Ivo kannte Kameraden, die gezögert hatten. Sie waren in Särgen nach Hause zurückgekehrt.
    Ivo hatte seine Lektion gelernt und war äußerlich heil und unversehrt nach Belgrad zurückgekommen. Aber das bleiche Gesicht eines vierzehnjährigen Jungen, den er erschossen hatte – eines unbewaffneten Jungen, der den Eindruck erweckt hatte, als wäre er bewaffnet, der aber nur um Geld gebettelt hatte – war Ivo bis in seine Heimat gefolgt und ließ ihn nicht mehr in Ruhe.
    In der Armee stand wenigstens noch die Regierung hinter einem. Hier, bei Dragovic, war sogar die Regierung gegen dich. Aber egal, wo man war, man verbrachte einen großen Teil seines Lebens mit Warten. So wie jetzt.
    »Meinst du, das mit dem Lieferwagen gestern war der Mann vom Strand?«, fragte Vuk und deutete mit einem Kopfnicken auf das Stadthaus.
    Ivo musterte ihn kurz von der Seite. Warum musste er immer mit Vuk zusammenarbeiten? Er mochte ihn ganz und gar nicht. Er war viel zu unbesonnen, schien ständig Ärger zu suchen. Warum sollte man unbedingt selbst den Verdruss suchen, wenn es so viele Möglichkeiten gab, dass er ganz von alleine zu einem fand?
    »Ich vermute es, aber ich könnte es nicht beweisen.«
    Keiner der beiden hatte am Vorabend gegenüber Dragovic oder irgendjemand anderem seinen Verdacht hinsichtlich des Lieferwagens geäußert. Sie hätten ziemlich dumm dagestanden, zugelassen zu haben, dass man sie austrickste, und sie wussten beide, wie der Boss mit Versagern umsprang.
    »Eines weiß ich genau«, sagte Ivo, »nämlich dass nachdem es passiert war, derjenige, der dort wohnt, frei und ungehindert kommen und gehen konnte. Und das macht mich – «
    Den Wagen durchlief ein Ruck,

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