Handyman Jack 04 - Tollwütig
die Empfangsdame, erkannte Nadia durch das Glas und betätigte den Türsummer. Sie begrüßte sie mit einem kurzen Winken und einem Lächeln. Dragovic drängte sich hinter ihr herein.
»Entschuldigen Sie, Sir –«, setzte Claudine an.
»Ich habe Treffen mit Ihren Bossen«, sagte Dragovic mit einer tiefen, harten Stimme und einem deutlichen Akzent. Dabei verlangsamte er seinen Schritt um keinen Deut und sah sie noch nicht einmal an.
Claudine blickte in ihren Terminkalender. »Hier steht nichts von einem Treffen.«
»Das ist, weil ich Treffen einberufe, Schätzchen.«
Dragovic ging weiter. Er zögerte nicht – er schien genau zu wissen, wohin er wollte, schritt durch den Flur zum Konferenzsaal, als gehörte ihm der Betrieb.
»Ich bin nicht Ihr Schätzchen«, sagte Claudine mit leiser Stimme.
»Rufen Sie den Sicherheitsdienst«, sagte Nadia.
Claudine zuckte die Achseln. »Welchen Sinn hätte es? Niemand widerspricht oder wehrt sich dagegen, wenn er hereinplatzt.«
Nadia schaute wütend hinter Dragovic her. Was fiel ihm ein, hier hereinzustürmen wie ein Elefant in den Porzellanladen? Sie wäre ihm am liebsten gefolgt und hätte eine Möglichkeit gesucht, dieses Treffen zu belauschen. Aber das konnte gefährlich sein. Wenn man sie dabei erwischte, könnte das die Einwegfahrkarte zurück auf die Straße sein.
Indem sie mehrmals tief durchatmete, sagte Nadia sich, dass sie sich ihren großen Tag nicht verderben lassen wollte. Sie strebte schnell weiter zu den GEM-Büros, wo die Treppe sich befand, die in die Forschungsabteilung hinunterführte. Die Firma hatte in diesem Gebäude zwei Etagen gemietet: in der oberen befanden sich die meisten Verwaltungsbüros wie Marketing und Verkauf; die Grundlagenforschung –Dr. Monnets Baby – befand sich in der unteren Etage und konnte, aus Sicherheitsgründen, nur über den Verwaltungsflur erreicht werden. Der Fahrstuhl hielt in dieser Etage nicht an.
Sie führte ihre Magnetkarte durch das Lesegerät und hörte, wie das Schloss sich mit einem Klicken öffnete. Sie eilte die Stufen hinunter und winkte einigen Technikern und Programmierern auf dem Weg zu ihrem Büro freundlich grüßend zu. In ihrem Büro angekommen, schlüpfte sie sofort in ihren weißen Kittel und begab sich zur Kaffeekanne.
Nadia bemerkte, wie ihre Hand zitterte, als sie sich eine Tasse einschenkte. Zu viel Koffein oder immer noch die nicht ganz verrauchte Wut auf Milos Dragovic?
… Das ist, weil ich Treffen einberufe, Schätzchen…
Diese Arroganz. Welche Macht mochte er über die GEM-Manager haben? Sie hätte wer weiß was dafür gegeben zu erfahren, was sich in diesem Augenblick im Konferenzsaal abspielte.
5
»Ich will keine Entschuldigungen!«, brüllte Milos Dragovic und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Er nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, wie Garrison und Edwards zusammenzuckten. Monnet, dieser Wichser, schürzte lediglich die Lippen, als hätte er plötzlich einen säuerlichen Geschmack im Mund. »Ich will meine Lieferung – und ich will sie jetzt!«
Milos blickte auf die drei Chefs von GEM Pharma auf der anderen Seite des Mahagonikonferenztisches hinunter. Er wusste alles über diese Harvard-Absolventen: Garrison, Edwards und Monnet hatten sich vor gut zwölf Jahren zusammengetan und die Firma gegründet. G-E-M – ihre Initialen. Süß.
Links saß Kent Garrison, der rundliche, rothaarige, ständig zerknittert wirkende MBA, der sich um das Tagesgeschäft kümmerte. Neben ihm saß Brad Edwards, der dunkle, schlanke, reiche Anwaltschönling, der den größten Teil des Startkapitals der Firma beigesteuert hatte. Er leitete die Rechtsabteilung und fungierte als Rechnungsprüfer.
Und last but auf keinen Fall least der elegante Dr. Luc Monnet, der Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, mit einem freien Stuhl Abstand zu den anderen beiden. Monnet war der Partner sowohl mit einem Ph.D. als auch einem M.D. der angeblich bahnbrechende Aufsätze über Themen veröffentlichte, von denen höchstens drei Menschen auf der ganzen Welt etwas verstanden.
Monnet… diesen Mann nur anzusehen, brachte Milos schon in Rage. Etwas an ihm weckte in Milos den Wunsch, ihm die Froschnase platt zu schlagen. Vielleicht war es seine Aura der Überlegenheit, als wäre er von königlichem Geblüt oder so etwas. Vielleicht war es auch die Art und Weise, wie er Milos ansah, so als wäre er ein Ungeziefer, das irgendwann unter einem Stein hervorgekrochen war. Milos konnte die anderen
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