Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
Zum Beispiel wirkte er absolut solide und zuverlässig. Sie spürte, dass der Junge, den sie gekannt hatte, zu einem korrekten und aufrichtigen Mann herangewachsen war, zu jemandem, der wirklich tat, was er zu tun versprochen hatte, der zu seinem Wort stand… der über all diese altmodischen Tugenden verfügte, die in dieser Stadt und dieser Zeit verschroben und seltsam antiquiert wirkten.
Der Zwischenfall mit dem jungen Mann und dem Teppichmesser hatte sie zutiefst erschüttert, doch als Jack dann während des Heimwegs seinen Arm um ihre Schultern legte, hatte sie sich so… sicher gefühlt. War dies das richtige Wort? Ja. Sicher. Als hätte sich ein undurchdringlicher Schutzschild auf sie herabgesenkt.
Mit einem Gefühl, als wären ihre Gliedmaßen plötzlich bleischwer, sank Kate in einen Sessel. Sie griff nach der Fernbedienung und drückte auf die POWER-Taste. Dabei war ihr gleichgültig, welche Sendung gerade lief, solange damit nur diese unerträgliche Stille vertrieben wurde.
Die Fox News liefen… jemand berichtete von einem Massenmord in der U-Bahn. Ihr erster Gedanke galt Jack. Sie hatte Angst, dass er in diesen Vorfall verwickelt worden war, dann wurde ihr bewusst, dass über ein Ereignis gesprochen wurde, das einige Stunden zuvor stattgefunden hatte.
Sie schüttelte den Kopf… die große Schwester machte sich noch immer Sorgen um ihren kleinen Bruder, obgleich es an diesem Abend unübersehbar klar geworden war, dass der kleine Bruder absolut fähig war, selbst auf sich aufzupassen.
Was aber war mit der großen Schwester? Ihr ging es gar nicht gut.
Etwas, das Jeanette an diesem Tag gesagt hatte, ging ihr erneut durch den Kopf.
Wir unterhalten uns bald… wir reden miteinander, wie wir noch nie geredet haben. Versprochen.
Es hatte so aufrichtig geklungen… ein Hoffnungsschimmer. Warum munterte es sie nicht auf? Machte es ihr keinen Mut?
Und was hatte sie sonst noch gesagt?
Schon bald bist du nie mehr alleine.
Was sollte das heißen?
Immer schön der Reihe nach, dachte Kate. So und nicht anders muss ich an die Sache herangehen… immer schön der Reihe nach.
10
Der Schmerz riss Kate aus dem Schlaf.
Ein scharfer Stich in ihrer Hand – und das Gefühl, dass sie im Zimmer nicht allein war.
»Jeanette?«
Keine Antwort.
Erschrocken wälzte sie sich herum und tastete suchend nach dem Schalter ihrer Nachttischlampe. Sie fand ihn und betätigte ihn. Sie musste im grellen Lichtschein blinzeln und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
Leer. Aber sie war sich ganz sicher gewesen…
Die Zimmertür stand offen. In der Diele erklang ein Geioo rausch… ein Klicken, als die Tür des Arbeitszimmers ins Schloss fiel. Dann wurde sie verriegelt.
Kate blickte auf ihre schmerzende Hand und entdeckte einen kleinen Blutstropfen, der aus einem winzigen Einstich in ihrer Handfläche quoll.
MITTWOCH
1
Sandy war um eine unchristliche Zeit – 6:03 Uhr – auf den Beinen, doch die Sonne lugte bereits hinter den gotischen Granittürmen von St. John the Divine hervor, während er die Straße entlang eilte. Er bremste vor dem Zeitungskiosk und blieb stehen. Da war es.
The Light.
Die Schlagzeile nahm die obere Hälfte der Titelseite ein:
U-BAHN
KILLER
Ein verschwommenes Foto des toten Massenmörders füllte die untere Hälfte. Sein Foto! Sie hatten tatsächlich etwas Brauchbares auf seinem Film gefunden.
Und darunter der Hinweis: EXKLUSIVER AUGENZEUGENBERICHT! (Siehe S. 3).
»Ja!«, rief er aus und stieß die Faust in die Luft.
Er schnappte sich ein Exemplar und schlug es auf Seite drei auf, und dort war es: sein ganz persönlicher Bericht in einem Rahmen und mit seinem Bild. O nein, sie hatten das unmögliche Foto aus seiner Personalakte verwendet! Aber das vergaß er, sobald er zu lesen begonnen hatte.
Schmetterlinge flatterten in seinem Bauch und in seiner Brust. Das war seine erste Riesenradfahrt, sein erster Besuch in Disneyland und sein erster Kuss auf einmal. Er hatte das Gefühl, als würde ihm jeden Augenblick der Kopf wegfliegen.
»Das macht einen Dahlah«, sagte eine Stimme mit Akzent.
»Hmm?«
Sandy schaute hoch und sah den dunkelhäutigen Kioskbesitzer, der fordernd die Hand aufhielt.
»Sie müssen kaufen, wenn Sie lesen wollen. Ein Dahlah.« »Natürlich.« Er fischte ein paar Scheine aus der Tasche. »Ich nehme vier.«
Er hätte sich praktisch unbegrenzt viele Freiexemplare aus der Redaktion mitnehmen können, aber das war nicht dasselbe. Die Exemplare hier
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