Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
uns diese Sache interessieren?«
»Das könnte sie durchaus«, sagte Joe. »Möglich, dass sie uns sogar brennend interessiert.«
Etwas in seiner Stimme ließ Stan seinen Bruder aufmerksamer ansehen. Er bemerkte, dass Joes Gesicht einen grimmigeren Ausdruck aufwies als sonst.
»Das sollte sie auch«, meinte Sally, während sie ihre Tassen auffüllte. »Vor allem wenn sie eine Belohnung aussetzen.«
»Wenn die Stadt es nicht tut«, sagte Joe, »dann tue ich es möglicherweise.«
Sally lachte. »Nur zu, Joe. Tu das.«
Während sie sich entfernte, starrte Stan seinen Bruder an. »Was ist los, Joe?«
»Steht in der
Times
nichts über die Art der Waffe, mit der er den Verrückten ausgeknipst hat?«
»Nein.«
Joe grinste. »Ich glaube, auf dem College gewesen zu sein, hat gewisse Nachteile. Sogar wir beschränkten Versager landen ab und zu einen Volltreffer.«
Zwischen ihnen bestand seit längerer Zeit eine Rivalität darüber, wer die bessere Zeitung las. Joe hatte die High-School vorzeitig abgebrochen. Stan hingegen war nach seiner Rückkehr aus Vietnam aufs College gegangen, hatte am Pace in Englisch seinen BA. gemacht, ihn aber beruflich nicht verwendet. Alles, was er jemals wissen müsste, hatte er in Vietnam gelernt.
»Komm schon zur Sache.«
»Einer der Reporter des
Light
saß gestern Abend in jenem Zug – und zwar genau in dem Wagen, in dem alles passierte – und er meint, dieser Erlöser hätte eine winzige .45er benutzt, die er aus einem Knöchelhalfter hervorzauberte.«
Es lief Stan eiskalt über den Rücken. Die Artikel in der
Times
hatten davon berichtet, dass der Killer mit 9jmm-Pistolen mit selbst gebastelten Schalldämpfern um sich geschossen hatte, doch über das Kaliber oder das Halfter der Waffe des Erlösers hatten sie sich nicht geäußert.
»Das bedeutet noch lange nicht, dass er es auch wirklich ist«, sagte Stan.
»Sicher. Ich wette, es gibt Tausende von Typen, die mit winzigen 45ern in Knöchelhalftern durch die Gegend rennen.«
Zum ersten Mal seit zwei Jahren sah Stan wieder das alte unternehmungslustige Funkeln in den Augen seines Bruders. Er wollte es auf keinen Fall zum Erlöschen bringen.
»Das ist ein Argument. Er könnte es wirklich sein. Aber schraub deine Hoffnungen nicht zu hoch.«
»Sie hochschrauben?« Joe grinste und zeigte dabei seine gelben Zähne. Er hatte noch nie sehr viel für Zahnärzte übrig gehabt. »Sie sind schon oben –
ganz
oben. Ich hoffe zu Gott, dass er es ist, Stan. Und ich hoffe, dass sie ihn, wenn er sich nicht von sich aus hervorwagt, finden und ins Rampenlicht zerren. Dann kriegen auch wir ihn zu sehen – und dann wissen wir, ob es unser Bursche ist und ob er bald das Zeitliche segnet.«
»Ruhig, Joe«, bremste Stan, »du redest zu laut.«
»Als ob ich darauf einen fetten Scheiß gebe! Du hast verdammt Recht, ich werde laut!«
Er hielt die linke Hand hoch und fuchtelte damit vor Stans Augen herum. Fleckiges, rosiges Narbengewebe glänzte im Licht der Neonlampen an der Decke. Es umschloss seinen Zeige- und seinen Mittelfinger, verschmolz sie zu einem einzigen Glied und bedeckte auch seinen Ring- und seinen kleinen Finger und verband sie ebenfalls miteinander. Der Daumen war ebenfalls stark vernarbt, doch er war als einzelnes Glied erhalten geblieben.
»Wir haben mit diesem Kerl noch einige Rechnungen offen. Dicke Rechnungen. Aber für mich ist es auch eine persönliche Angelegenheit.« Er hämmerte mit der gesunden Hand auf die Tischplatte. »Ich halte jetzt seit zwei Jahren nach ihm Ausschau, und wenn er es ist, dann wird er sterben! Ich werde ihn vom Antlitz dieser verdammten Erde blasen!«
Joes letzte Worte hallten von der gehämmerten Stahlblechdecke von
Moishe’s
koscherem Imbiss wider, und Personal und Gäste starrten ihn in erschrockenem Schweigen an.
3
Ich werde wohl einige Vermutungen anstellen müssen, dachte Sandy Palmer, während er sich über den Streckenplan der U-Bahn beugte. Er saß im Wohnzimmer seines Apartments am überladenen Schreibtisch und verfolgte die Broadway-Strecke durch die Upper West Side.
Eine Tatsache blieb unwidersprochen: Der Erlöser war an der Seventy-second Street ausgestiegen. Aber hatte er das von vornherein vorgehabt, oder hatten ihn die Umstände dazu gezwungen? War er auf dem Heimweg oder auf dem Weg zur Arbeit oder unterwegs zu seiner Freundin gewesen? Das Problem war, dass die Linie Neun bis zum Van Cortlandt Park oben in der Bronx verlief.
Sandy betrachtete das Gesicht auf dem
Weitere Kostenlose Bücher