Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
Identi-Kit-Ausdruck, den er vor sich an den Computerbildschirm gelehnt hatte. Wer bist du, mein Freund? Wo wohnst du? Wo verbringst du deine Freizeit? Wo kann ich dich finden?
Er hatte keine große Auswahl, wo er mit seiner Suche beginnen sollte. Er würde zunächst einmal davon ausgehen, dass der geheimnisvolle Unbekannte auf der West Side in der näheren oder weiteren Umgebung der Seventy-second Street wohnte oder dort jedenfalls häufiger anzutreffen war.
Er lehnte sich zurück und rieb sich die Augen. Ein Riesengebiet. Millionen von Menschen.
Nun, niemand behauptete, dass einem Ruhm und Reichtum in den Schoß fallen. Guter Journalismus machte manchmal eine Menge Kleinarbeit erforderlich. Er war dazu bereit. Er musste sich nur an die Hoffnung klammern, Glück zu haben und ...
Das Telefon klingelte. O nein. Nicht schon wieder seine Mutter. Er hatte seine Familie am Vorabend angerufen, um ihnen von der Schießerei und seinem Bericht in der Morgenzeitung zu erzählen. Eine Dummheit. Seine Mutter hatte einen hysterischen Anfall bekommen und ihn angefleht, nach Hause zurückzukehren, wo er in Sicherheit wäre. Dad war weitgehend gefasst geblieben, aber auch er hatte verlangt, Sandy sollte nach Hause kommen, wenigstens für ein paar Tage. Unmöglich. Er war kein Student mehr. Er war sechsundzwanzig, und dies hier war der Ort, wo er lebte und arbeitete. Das Gespräch hatte nicht sehr freundlich geendet.
Er überlegte, ob er warten sollte, bis der Anrufbeantworter sich einschaltete, entschied jedoch dagegen. Er bekam kaum ein »Hallo« über die Lippen, als ihn eine barsche Stimme unterbrach.
»Sind Sie das, Palmer?«
Sandy erkannte McCanns Stimme. Und er klang nicht sehr glücklich. O Scheiße, er würde ihm jetzt die Leviten lesen, weil er heimlich fotografiert hatte.
»Detective«, sagte er. »Schön, von Ihnen zu hören.«
»Ich dachte, wir hätten wegen der Pistole eine Vereinbarung getroffen, Palmer.«
»Wegen welcher Pistole?«
»Der des zweiten Schützen. Wir wollten gewisse Dinge aus der Presse heraushalten.«
»Ich habe kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen, dass es eine Semmerling ist.«
»Ja, aber in Ihrem Artikel steht, dass er eine ›Mini-.45er‹ benutzt hat. Das engt die Möglichkeiten erheblich ein, finden Sie nicht?«
Scheiße. Das hatte er nicht mit Absicht getan. Sandy hätte am liebsten erwidert: Ich dachte, Sie lesen
The Light
gar nicht. Aber er wollte sich McCann gewogen halten. Er könnte eine wertvolle Informationsquelle sein.
»Tut mir Leid, Detective. Daran habe ich nicht gedacht. Ich habe von Waffen nämlich so gut wie keine Ahnung.«
»Nun, dann sollten Sie sich schnellstens ein wenig kundig machen.«
»Hören Sie, es tut mir aufrichtig Leid. In Zukunft bin ich etwas vorsichtiger.«
»Das will ich für Sie hoffen.«
Dann legte er auf, und Sandy glaubte gehört zu haben, wie die Stimme des Detectives ein wenig von ihrem verärgerten Unterton verlor, ehe die Verbindung unterbrochen wurde. Gut. Er konnte es sich nicht leisten, solche wichtigen Brücken abzubrechen. Und McCann hatte das Foto noch nicht mal erwähnt.
Die Haussprechanlage summte. Jemand rief aus dem Foyer an. Was nun?
»Ja«, meldete er sich und ließ den Knopf los.
»Ist dort Sandy Palmer?«, fragte eine weibliche Stimme. Jung. Zögernd.
»Der bin ich. Wer ist da?«
»Beth Abrams. Aus dem U-Bahnzug… gestern Abend.«
Oh, Donnerwetter!
»Beth! Kommen Sie rauf!«
Er betätigte den Türöffner, dann sah er sich prüfend in seinem Apartment um. Was für ein Schweinestall! Er rannte herum und sammelte die schmutzige Wäsche und die Postwurfsendungen auf, die überall herumlagen. Er warf alles ins Schlafzimmer und machte die Tür zu. Seine Bleibe sah immer noch ziemlich verkommen aus.
Ich hätte duschen sollen, dachte er. Er roch an seinen Achselhöhlen. Nicht gerade toll, aber auch nicht unbedingt tödlich.
Die Ausdrucke! Scheiße, die sollte sie auf keinen Fall zu Gesicht bekommen. Er schob sie in einen Manilaumschlag, während sie schon an die Tür klopfte. Er öffnete, und sie sah bemitleidenswert aus, wie sie da vor ihm stand, das bleiche Gesicht tränenüberströmt und dunkle, halbmondförmige Ränder unter den Augen.
»Beth«, sagte er. »Wie um alles in der Welt ...?«
Und dann war sie auf Tuchfühlung bei ihm, hatte die Arme um ihn geschlungen und weinte sich die Seele aus dem Leib. O Mann, fühlte sich das gut an. Wann hatte eine Frau, geschweige denn eine, die so attraktiv war wie
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