Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
konservativ oder Demokrat oder Republikaner. Ich vertrete nur ein Prinzip: Jeder hat ein Recht auf sein Leben. Das heißt, dass man mit seinem Leben anfangen kann, was man will, solange man nicht die Freiheit anderer Menschen beschneidet, ihrerseits mit ihrem Leben anzufangen, was sie wollen. Es bedeutet, dass du auch frei über deinen Körper verfügen und damit tun kannst, was immer du willst – du kannst ihn piercen, ihn mit Drogen voll stopfen oder ihn anzünden – such es dir aus. Das Gleiche gilt für den Sex. Solange kein Zwang ausgeübt wird, ist mir völlig egal, worauf du stehst. Ich brauche es nicht gutzuheißen, denn es ist nicht mein Leben, sondern deines. Ich brauche es nicht mal zu verstehen. Was ich übrigens auch nicht tue.«
Während er kurz innehielt, um Luft zu holen, ergriff Kate schnell das Wort. »Aber das sagt mir nicht, was du empfindest.«
»Was ich empfinde? Wie klingt es, wenn ich gestehe, dass ich überrascht und verwirrt bin? Wenn du die ganze Zeit wie ein halber Junge gelebt und keine Rendezvous gehabt hättest, dann wäre für mich alles klar gewesen. Aber du hattest einen Freund nach dem anderen.«
»Stimmt. Aber keinen festen.«
»Ist das ein Zeichen?«
»Damals hatte ich es nicht so verstanden, aber jetzt weiß ich es.«
Sie fanden ein kleines Café auf der Seventh namens The Greek Corner. Sie sah hinter der Theke niemanden, der auch nur entfernt an einen Griechen erinnerte, aber der Kaffee duftete köstlich. Sie setzten sich an einen Tisch in einem rundum verglasten Gastraum, in dem es so heiß wie in einem Ofen gewesen wäre, wenn die Sonne am Himmel gestanden hätte.
Jack seufzte. »Um die Wahrheit zu sagen, Kate, ich kann nicht verstehen, wie Vertreter des gleichen Geschlechts einander anziehend finden können. Ich weiß, dass es das gibt, und ich akzeptiere das, aber es ist mir völlig fremd. Ich bin nicht so gepolt. Und dann ausgerechnet du.«
»Es war für mich mindestens genauso überraschend, Jack. Aber so ist es nun mal. Ich bin es. Und es gibt absolut nichts, was ich daran ändern könnte.«
»Aber wie? Wann? Wo? Warum? Hilf mir, Kate. Ich bin völlig ratlos.«
»Ich versuche immer noch, mir selbst darüber klar zu werden, Jack. Du willst wissen wann? Wann ich es wusste? Ich bin mir nicht sicher. Schwule Männer scheinen es viel eher zu wissen. Bei Frauen ist es nicht so einfach. Wir sind viel zu flexibel in Bezug auf unsere Sexualität – diese Feststellung stammt nicht von mir, ich habe es mal irgendwo gelesen. Aber es stimmt. Wir gehen viel intimer miteinander um. Sicher, ich mochte Jungen, als ich noch ein Teenager war. Ich habe mich gerne verabredet, ließ mir den Hof machen, freute mich über jeden Verehrer. Mir machte sogar Sex Spaß. Aber weißt du, was mir noch viel besser gefiel? Pyjama-Partys.«
Jack schlug die Hände vor die Augen. »Erzähl mir bloß nicht, dass nur wenige Schritte von meinem Zimmer entfernt wilde Lesbenorgien veranstaltet wurden, ohne dass ich etwas davon ahnte.«
Kate versetzte ihm unterm Tisch einen leichten Tritt gegen das Schienbein. »Verdammt noch mal, Jack. Reiß dich zusammen, okay? Nichts ist dort passiert. Aber es gab jede Menge Kontakt – ich denke an die Kissenschlachten, das gegenseitige Kitzeln, das Gelächter, das zu dritt auf einer Matratze schlafen oder zu zweit unter einer Bettdecke. Damals galt das als völlig normales Verhalten für halbwüchsige Mädchen, aber nicht für Jungen.«
»Das kann ich nur unterstreichen.«
»Und es war für mich normal. Ich liebte die Nähe zu anderen Mädchen, die Intimität, und vielleicht gefiel es mir sogar mehr als den anderen, aber ich hätte es niemals mit Sex in Verbindung gebracht.«
»Wann ist es passiert?«
»Wann ich wusste, dass ich eine Lesbe bin?«
Jack sog zischend die Luft. »Schon wieder dieses Wort.«
»Gewöhne dich daran. Ich fand es vor zwei Jahren heraus.«
»Vor zwei Jahren? Du meinst, du hast niemals vorher ...«
»Nun ja, in Frankreich – du erinnerst dich sicherlich an meinen Auslandsaufenthalt während der High-School ...«
»Ich habe dich schrecklich vermisst.«
»Wirklich? Das finde ich schön. Ich hatte damals keine Ahnung davon.«
»Große Jungen weinen nicht.«
»Und das ist doch eine Schande, oder etwa nicht? Aber wie dem auch sei, ich hatte damals ein ›Beinahe-Erlebnis‹, dachte anschließend aber nicht mehr darüber nach, denn in Frankreich ist vieles anders als bei uns. Bestimmt erinnerst du dich an den Joni-Mitchell-Song
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