Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
›In France They Kiss On Main Street‹?«
»Vage.«
»Nun, es stimmt. In Frankreich küssen die Mädchen einander auf der Straße –
normale
Mädchen. Sie küssen sich, umarmen einander, gehen Hand in Hand oder Arm in Arm spazieren. Es ist dort drüben völlig natürlich.«
Es ist Februar, und sie heißt Renee, dunkles Haar, dunkle rätselhafte Augen, hoch gewachsen, langbeinig und, mit zweiundzwanzig, ein Jahr älter. Sie hat Kate für diesen Tag auf den Landsitz ihrer Familie in Puy-de-Dôme eingeladen.
Zu zweit spazieren sie durch die umliegenden Felder und unterhalten sich. Geduldig lauscht Renee Kates stockendem Französisch, bis es plötzlich zu regnen beginnt. Als sie das verlassene Haus erreichen, sind sie völlig durchnässt und halb erfroren. Sie ziehen ihre nassen Kleider aus, wickeln sich in eine große Decke und hocken sich fröstelnd vor das Kaminfeuer.
Renee legt einen Arm um Kates Schultern und zieht sie näher… um sie besser zu wärmen, sagt sie.
Und das ist gut, denn Kate glaubt, dass sie nie mehr richtig warm wird.
Deine Haut ist so kalt, sagte Renee. Und beginnt Kates Rücken zu reiben… um ihre Haut anzuwärmen.
Und es gelingt. Nach kurzer Zeit rötet sich Kates Haut und wird sehr warm. Sie erwidert die Geste, streicht mit der Hand über Renees glatten Rücken, dessen Haut so weich ist wie die eines Säuglings. Renee streckt ihren langen Arm aus, so dass ihre Hand Kates Flanke reiben kann, und sie streckt ihn weiter, bis die Hand Kates Brust berührt. Kate keucht verhalten auf bei dem elektrisierenden Gefühl von Renees Fingern, die ihre Brustwarze streicheln, und sie hält die Luft an, während Lippen ihren Hals liebkosen und die Hand an ihrem Bauch nach unten wandert. Sie hat das Gefühl, als würde jeden Augenblick tief in ihr etwas explodieren ...
Und dann ertönt das Geräusch von Reifen auf dem Kies draußen vor dem Haus – Renees Mutter und ihr kleiner Bruder kommen vom Markt zurück, beladen mit den Zutaten fürs Abendessen. Der Zauber des Augenblicks zerbricht, sie rennen unter ausgelassenem Gelächter in Renees Zimmer, wo sie Kate ein paar Kleider leiht, die sie anziehen soll, bis ihre eigenen trocken sind. Sie gehen nach unten, um Renees Mutter zu begrüßen… und sie reden nie mehr über diesen Nachmittag.
»Was ist ›beinahe‹ passiert?«, fragte Jack.
»Die Einzelheiten sind nicht so wichtig. Es versank alles in meinem Unterbewusstsein – vielleicht wurde es auch dorthin verdrängt, ich weiß es nicht –, aber der Punkt war, dass, wenn ich es zuließ, mich daran zu erinnern, ich es lediglich als eine interessante, wenn auch nicht ganz normale Episode betrachtete. Schließlich war ich frei, weiß und fast einundzwanzig, und es waren die Siebzigerjahre, als es üblich war, herumzuexperimentieren. Ich betrachtete es als einen kurzen Abstecher in die Gefilde der lesbischen Liebe. Aber ich wusste, dass ich nicht lesbisch war. Ich lebte mein normales Leben weiter.«
»Und gingst zur Uni und fingst mit deinem Medizinstudium an.«
»Wo ich Ron kennen lernte. Er war ein gut aussehender, einfühlsamer Mann, und wir hatten so viel gemeinsam – wir kamen aus der Mittelschicht, kamen aus ähnlichen Familien und träumten von einer Karriere als Ärzte. Und er war geradezu verrückt nach mir, daher schien es eine perfekte Beziehung zu sein. Ich liebte ihn, vielleicht nicht so heftig, wie er mich liebte, aber ich fühlte mich von ihm angezogen – und von mir wurde erwartet, dass ich ihn heiratete. Und das tat ich auch. Ron ist ein anständiger Kerl. Viele einst verheiratete Frauen, die ihr Coming-out hatten, können wahre Horrorstorys über gestörte Beziehungen erzählen. Das trifft auf mich nicht zu. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich zum anderen Lager bekannte, weil ich schlecht behandelt wurde. Wenn überhaupt etwas, dann habe
ich
ihn schlecht behandelt.«
»Wie ich von Dad hörte, hat er dich betrogen.«
»Und das nehme ich ihm gar nicht übel. Nach Elizabeths Geburt verlor ich jegliches Interesse an Sex. Das ist nicht ungewöhnlich, wenn es vorübergehend geschieht, aber bei mir dauerte dieser Zustand an. Ron und ich hatten lange eine gute Ehe geführt. Ich war eine gute Ehefrau und er ein guter Ehemann. Aber im Laufe der Jahre fühlte ich mich immer weniger ausgefüllt. Es ist ein schreckliches Wort, aber es ist das einzige, das den Sachverhalt genau trifft. Irgendetwas fehlte, Jack, und ich wusste nicht, was es war. Bis ich Jeanette kennen lernte.«
»Du
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