Handyman Jack 07 - Todessumpf
begeistert zu klingen, doch in Wirklichkeit war sein Tonfall eher zerstreut. Er sagte zwar, dass es ihm gut gehe und alles in Ordnung sei, aber Tom spürte irgendwie, dass ihn etwas bedrückte.
Bedeutete dies etwa, dass er jetzt zwei heimlichtuerische Söhne hatte?
Jack war an diesem Abend mit herübergekommen, und Tom erfuhr, dass er und Anya den Sonnenuntergang am Vortag gemeinsam beobachtet hatten.
Die beiden schienen einander gesucht und gefunden zu haben. Er verspürte so etwas wie … ja, was? Eifersucht? Nein, das war lächerlich. Er mochte Anya – liebte sie sogar –, aber mehr auf eine brüderliche Art und Weise. Er fühlte sich nicht sexuell zu ihr hingezogen. Sie war eine Freundin, eine Vertrauensperson, eine Cocktailpartnerin. Er konnte mit ihr trinken, über alles mit ihr reden. Sie hatte ihm geduldig zugehört, als er von seinen Selbstzweifeln und seinen ungeratenen, unberechenbaren Kindern gesprochen hatte, sie hatte ihn im Arm gehalten und getröstet, als er vom Tod seiner Tochter Kate erfahren hatte. Was er an sexuellen Gelüsten hatte – und sie schienen im Laufe der Zeit weniger zu werden –, wurde von zwei Vertreterinnen der scharfen Witwenfraktion, die Gateways South bevölkerte, mehr als ausreichend befriedigt. Sie interessierten sich nicht für längerfristige Beziehungen – was in dieser Umgebung auch ein ziemlich seltsames Ansinnen wäre – und er auch nicht. Die Beziehungen wurden durch Viagra gefördert, doch das Hauptvergnügen bestand im Kuscheln und Schmusen und der Tatsache, dass man nicht alleine im Bett lag.
Er schaltete den batteriegetriebenen CD- und Radioplayer ein, den er immer mitbrachte. Doch statt der gewöhnlich einschmeichelnden Musik seines Lieblingsradiosenders tönte harter Rap aus den Lautsprechern.
»Was zum Teufel ist das denn?« Er blickte auf die Senderskala und sah, dass der richtige Sender eingestellt war. »Was hat das zu bedeuten?«
»Sie haben das Programm geändert, während du im Krankenhaus warst, mein Lieber«, erklärte Anya.
»Nein!«
»Ich fürchte doch. Tut mir Leid.«
Er schlug wütend auf den AUS-Schalter. »Was geschieht mit dieser Welt? Früher fuhr ich hinter Frauen her, und sie hatten nichts anderes zu tun, als im Rückspiegel ihren Lidschatten zu überprüfen und sich die Frisur zu richten. Jetzt sind es die Männer, die an keinem Spiegel vorbeigehen können – ständig starren sie sich an und denken nur an ihre Schönheit. Mein Gott, man hat geradezu das Gefühl, als würde der Schminkkoffer den Untergang der Welt besiegeln.«
»Ja.« Jack nickte zustimmend. »Und du kannst darauf wetten, dass ein Fendi- oder ein Gucci-Logo daraufklebt.«
»Sehr lustig.« Er deutete auf das T-Shirt seines Sohnes. »Sieh doch nur. ›Hilfiger‹ quer über die Brust. Sie verkaufen dir das Hemd und verwandeln dich damit in eine wandelnde Werbefläche für ihr Produkt. Eigentlich solltest du sie dafür, dass du das Shirt trägst, zur Kasse bitten – und nicht umgekehrt.«
»Es ist allgemein so üblich, Dad«, sagte Jack. »Jeder tut es.«
»Und ist es deshalb richtig? Seit wann willst ausgerechnet du so aussehen wie alle anderen?«
»Das ist eine lange Geschichte, Dad.«
»Das glaube ich dir glatt.«
Was ist mit mir los?, dachte er. Warum bin ich so streitsüchtig? Ich klinge wie ein mürrischer alter Mann.
Er lächelte innerlich. Verdammt noch mal, ich bin ein mürrischer alter Mann. Allerdings nicht ohne triftigen Grund, nicht …
Anyas Hund jaulte. Der Chihuahua trabte zum Rand des kleinen Teichs und bellte das Wasser an. Verrückter kleiner Köter. Tom hatte kurz zuvor noch einen schneeweißen Reiher gesehen, doch der war mittlerweile verschwunden. Wahrscheinlich verscheucht von dem kleinen Kläffer. Im Augenblick war dort nicht mehr zu sehen als eine glatte Wasserfläche.
Er vernahm jedoch einen anderen Laut. Es war ein leises Klappern und Klirren ringsum. Die selbst gebastelten Verzierungen – speziell die bunt bemalten Dosen auf ihren Stöcken, die zwischen den Kobolden, den Häschen, Schildkröten und kleinen Flamingos im Erdreich steckten – zitterten und vibrierten mit zunehmender Heftigkeit. Seltsam … er spürte nicht den geringsten Windhauch.
Das Gekläff des Hundes wurde lauter und wütender.
Tom wandte sich zu Anya um. »Was ist mit ihm los? Er bellt doch fast nie.«
»Er scheint irgendetwas Ungewöhnliches zu wittern«, sagte sie. »Oyv! Geh da weg, und hör auf mit dem Lärm. Ich bekomme gleich eine Migräne. Geh
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