Hanibal
Pfauen, Perlhühner, Fasanen und afrikanische Vögel vorbei, alle in großer Zahl. Ferner gab es zahllose Tiere, darunter vierundzwanzig Löwen, hundertdreißig äthiopische Schafe, dreihundert aus Arabien, zwanzig aus Euboia, sechsundzwanzig ganz weiße indische und acht äthiopische Stiere, eine große weiße Bärin, vierzehn Leoparden, sechzehn Panther, vier Luchse, drei Pantherjunge, ein Strauß, ein äthiopisches Rhinozeros. Dann folgte auf einem vierrädrigen Wagen eine Darstellung des Dionysos, wie er vor der Verfolgung durch Hera am Altar der Rhea Zuflucht sucht, mit einem goldenen Kranz, zu seiner Seite Priapos mit goldenem Efeukranz. Das Standbild der Hera hatte ein goldenes Diadem. Dann Statuen des Alexandros und Ptolemaios mit goldenen Efeukränzen, neben Ptolemaios die Verkörperung der Tugend mit goldenem Ölkranz. Auch Priapos stand dabei mit goldenem Efeukranz. Bei Ptolemaios stand auch die Verkörperung der Stadt Konnthos mit goldenem Diadem. Neben diesen allen war ein Pokalständer voller Goldgefäße und ein Mischkrug, der fünf Eimer faßte. Diesem Wagen folgten reichgekleidete und geschmückte Frauen, die die Städte darstellten, die den Persern in lonien Untertan gewesen waren und die übrigen Hellenenstädte in Asien und auf den Inseln. Alle trugen sie goldene Kränze. Auf weiteren Wagen wurden ein neunzig Ellen langer goldener Thyrsos mitgeführt und eine silberne Lanze von sechzig Ellen, ein hundertzwanzig Ellen langer Phallos aus Gold, bunt bemalt und mit vergoldeten Bändern geschmückt, an der Spitze einen goldenen Stern mit einem Durchmesser von sechs Ellen.
Die Tiere, vor allem Elefanten und zwei Tiger aus Indien, veränderten mein Leben. Ich wollte die Länder sehen, aus denen sie kamen. Die weiße Bärin besuchte ich oft im Tierpark des Königs; ein punischer Händler, sagte man, hatte sie auf dem Okeanos auf Eis treibend gefunden, nördlich der Zinninseln, dort, wo Pytheas Thule sah. Er hatte sie dem König geschenkt und besondere Bedingungen für den Papyroshandel erhalten.
Neben dem weißen Bären gab es zwei weitere merkwürdige Tiere, die meine Reiselust anstachelten. Eine Lust, die mich bis heute nicht verließ. Zwei gelbgewandete Gesandte des Herrschers von Indien erzählten viel von ihrer Heimat und von dem milden Meister, dessen Lehre sie im fernen Westen verbreiten sollten. Ich fürchte, ihr größter – vielleicht einziger – Erfolg war, daß ich nach zwei Jahren Alexandreia verließ. Mit Händlern, als junger Händler, zog ich über Petra und Damaskos nach Tadmor, zu den zwei Strömen, durch die alten persischen Länder, hinein nach Baktrien und über die Berge ins Reich des Königs Ashoka. Wenn die Zeit sich mir weitere drei Jahre lang nicht entzöge, könnte ich vielleicht auch dies schildern. Aber Korinna, die schreibt, was ich sage, erinnert mich an die Pflicht, nicht zu sagen, was man nun nicht sagen will, sondern das zu berichten, wozu man sich entschlossen hat. Allerdings kommt es nicht nur darauf an, wozu sich ein Mensch entschließt; auch der Grund und der Zeitpunkt des Entschlusses mögen Bedeutung gewinnen – unter Umständen. Die punischen Ratsherren, die einmal dreiundzwanzig und einmal siebzehn Jahre Zeit hatten, sich zu einem wirklichen Krieg zu entschließen, entschlossen sich im vierundzwanzigsten, dann im achtzehnten Jahr, als es zu spät war. Sie entschlossen sich nicht, um das Begonnene zu beenden, sondern weil ihnen neben diesem Entschluß nur noch das Aufgeben blieb. Mir bleibt immerhin die Möglichkeit, alles zu unterlassen, nichts zu beschreiben, meine Tage der Muße, der Betrachtung des Meers, dem Entrollen von Schriften zu widmen. Es ließen sich Gründe finden, die großen Ereignisse der vergangenen sechseinhalb Jahrzehnte für minder wichtig zu halten denn die Pein des Gemüts oder das Schwären des Nabels. Zu sagen, die Welt sei wichtiger, birgt bereits den Entschluß, sich ihr zu widmen und nicht der Muße oder dem Nabel. Und der Zeitpunkt? Nun, da die Kriege verloren sind und Rom drei Viertel der Oikumene nach Gutdünken zertrampeln kann, wäre es lächerlich, wenn ein Greis eine Streitschrift gegen Senat und Volk verfaßte. Man soll sich nicht kratzen, wo es noch nicht juckt, aber auch nicht da, wo längst das Fell abgezogen ist. Wie der alte Kapitän Hiram sagte, ist es eine Vergeudung von Schubkraft, gegen den Wind zu furzen statt ins eigene Segel. Hätte ich nicht mit dem Schwert, mit Schiffen und mit Silber gegen Rom gekämpft, wäre
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