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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der Pläne, Kenntnisse und Möglichkeiten hatte, wurde vom Krieg ferngehalten und durfte nichts unternehmen. Als ich neunundzwanzig war, tobte der Libysche Krieg, und es war das Jahr, in dem Hamilkar wieder nichts tun konnte, weil Hanno der andere Stratege war und alles lähmte – das Jahr, in dem Ityke und Hipu zu den Söldnern überliefen.«
    Hannibal ergriff beide Hände des Hellenen. »Ich danke dir wieder einmal, Freund. Die Pfählung oder das Kreuz stehen vielleicht auch am Ende meines Wegs. Aber immerhin ist hier kein Hanno, der mich lähmen kann. Mir graut allerdings vor dem, was er in Qart Hadasht anrichten mag.«
    Antigonos blinzelte zu den Sternen. »Hanno ist so alt, wie Hamilkar heute wäre. Nur die Götter, die es nicht gibt, wissen, warum sie den Bären schlachten und die Schlange leben lassen. Aber Hanno ist nicht allein in Qart Hadasht; es gibt andere – Bomilkar, Bostar.«
    »Er ist jenseits der Sechzig, nicht wahr? Vielleicht…«
    Antigonos nickte langsam. »Vielleicht. Man könnte auch ein wenig nachhelfen.«
    »Nur wenn es wirklich nicht anders geht.«
    »Ich werde es bedenken, Stratege. Aber wie ist es mit deinem Schwanken, den Zweifeln, der Verzweiflung?«
    Hannibal schwieg, wandte sich ab, setzte sich auf den Boden.
    »Die vielerlei Unmöglichkeiten«, sagte er schließlich kaum hörbar. »Ein konsularisches Heer – zwei römische Legionen, zwei Legionen römische Bundesgenossen, Reiterei, zusammen vielleicht vierundzwanzigtausend Mann. Sie auszuschalten wäre gut. Aber… Der Herbst kommt, wir haben in Iberien und hier schon zuviel Zeit verloren. Den Cornelier abfangen, zur Schlacht stellen, danach zwei Tage Rast – es würde uns weitere acht oder sogar zehn Tage kosten.« Er seufzte. »Wenn wir morgen aufbrechen, zu den Alpen, zuerst den Rhodanos aufwärts, dann die Isarra, wird es spät genug. Es wird schlimme Verluste geben, durch die Berge, den Weg, das Eis, die Bergmenschen. Wenn wir länger warten, wird es noch furchtbarer.«
    »Und die Küste?«
    »Unmöglich. Die Massalioten lassen uns nicht einfach vorbei. Wir müßten die Krieger aller hellenischen Städte der Küste überwinden – Massalia, Antipolis, Nikaia, wenigstens diese drei. Dann kämen wir nach Ligurien, wo die Römer Festungen angelegt haben. Außerdem können sie uns jederzeit mit der Flotte weitere Truppen in die Flanken werfen. Und von den Ligurern stehen viele auf ihrer Seite. Wenn wir überhaupt eine Möglichkeit haben, den Todesstoß gegen Qart Hadasht abzuwehren, müssen wir so schnell wie möglich mit so vielen Kämpfern wie möglich in Norditalien erscheinen – nicht bei den Ligurern, sondern bei den Bojern und Insubrern: Kelten. Dort können wir Hilfe bekommen – Nahrung, Pferde, Kämpfer. Alles andere…« Er hob die Arme. »Die Strecke, die ich ausgesucht habe, ist die mit dem wenigsten Schnee. Es gäbe andere Pässe, aber die Straßen dorthin führen über Gletscherfelder.«
    »Wie ernst ist das mit dem Todesstoß? In Iberien hast du doch alles heruntergespielt – Qart Hadasht kann eine lange Belagerung aushalten und so weiter.«
    Hannibal lächelte schwach. »Sempronius macht es sehr gründlich. Das letzte, was ich gehört habe, klingt übel. Er ist noch immer in Lilybaion, hebt weitere Truppen aus, läßt zusätzliche Schiffe beschlagnahmen oder bauen. Inzwischen hat er uns die letzten Inseln zwischen Sizilien und Libyen abgenommen – Melite, vor allem. Lauter vorgeschobene Stützpunkte für Rom, jetzt; er kann dort Lager und Werften nutzen.« Er stockte, summte einige Momente leise vor sich hm.
    »Wenn ich an seiner Stelle wäre…«
    »Was dann?«
    »Ich würde noch einen Mond warten und dann übersetzen.
    Im Winter das Hinterland verwüsten, versuchen, möglichst viele Libyer, Städte, Dörfer zum Abfall zu bringen, Qart Hadasht abschneiden.«
    »Aber das haben doch auch die Söldner versucht, und Atilius Regulus. Nicht zu reden von Agathokles, vor neunzig Jahren.« Hannibal winkte ab. »Die Lage ist anders. Sempromus kann alles einsetzen, was den anderen fehlte. Mehr Männer, mehr Nachschub; er hat die Herrschaft über die See, die bei allen bisherigen Belagerungen wir besaßen. Und er hat, was wir hier nicht haben und in Italien nicht haben werden – Belagerungsmaschinen, Sturmböcke, Türme, Katapulte.«
    Antigonos schwieg. Agathokles’ Heer war klein gewesen, kaum ein Drittel dessen, was Sempronius aufbieten konnte. Atilius Regulus war in einer ähnlichen Lage gewesen, und die Söldner

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