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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und Nachrichten heimzubringen als drei Überlebende.
    Er konnte sich nachher nicht erinnern, einen römischen Reiter mit dem Schwert durchbohrt zu haben – wie Miqipsa behauptete. Die Verbissenheit des Gefechts, die Härte und Standhaftigkeit der Römer, die trotz Unterlegenheit nicht wichen und sich zuletzt, da die Numider abrückten, als Sieger fühlen konnten, das Gebrüll, die Todesschreie, das Klirren der Waffen und das Blut auf den Klingen, die wiehernden stampfenden Pferde, all das vermengte sich zu einer furchtbaren Erinnerung, die gleichzeitig Vorahnung war.
    Er sagte es Hannibal, am nächsten Tag, als sie das fast verlassene Lager am Rhodanos erreichten. Die Fußtruppen und ein Teil der Reiter waren bereits nach Norden unterwegs; der Stratege war mit den Elefanten und den übrigen Reitern zurückgeblieben.
    »Sie werden nicht aufgeben, Hannibal. Wenn du sie in eine Falle lockst, wie hier am Fluß die Uolker, werden sie nicht wie die Hühner durcheinanderrennen und fliehen, sondern in geschlossenen Gruppen den Durchbruch suchen – oder sterben. Vergiß alles, was du an Kämpfen gesehen hast, Stratege.«
    Hannibal pfiff auf vier Fingern und deutete flußaufwärts; das Zeichen zum Aufbruch. Noch gab es genug frische Pferde; die müden Reiter konnten neue Tiere besteigen und ihre erschöpften Pferde hinter sich herziehen.
    »Ich weiß«, sagte Hannibal. »Komm.« Er nahm den Arm des Hellenen und zog ihn zu Syros. Der große indische Elefant kniete nieder und ließ sie auf seinen Rücken klettern; der »Inder« stieg auf ein frisches Pferd und nahm die Zügel des schweißbedeckten Tiers, das Antigonos’ Gepäck trug.
    »Ich weiß, Tiggo. Hamilkar hat es mir immer wieder eingeschärft, wenn ich der Meinung war, unsere libyschen und iberischen Kämpfer seien nun wirklich gut genug ausgebildet. Auch Hasdrubal, er war ja auf Sizilien und hat sie gesehen.«
    Der Elefant setzte sich in Bewegung. Antigonos saß im Nacken, hinter Hannibal, den Rücken an den leeren Korb gelehnt. »Und du willst immer noch über die Alpen?«
    Hannibal verdrehte den Kopf. »Was sonst? Im Strudel kann man nur versuchen, oben zu bleiben und möglichst lange Luft zu bekommen. Es gibt keinen Weg hinaus. Nur das Schlingen und Malmen am Ende. Kräftige Schwimmer können das Ende ein wenig aufschieben.«
     
    Während Antigonos’ Abwesenheit hatte es die große Heeresversammlung gegeben. Hannibal stellte den Bojerfürsten Magilos vor, der über die Berge gekommen sei – dorther, wohin sie auf dem gleichen Weg gehen sollten.
    Über die Rede, die er dabei hielt, erfuhr Antigonos nichts Genaues – oder zuviel Ungenaues. Jeder hatte andere Dinge behalten, und Sosylos, der eine schriftliche Fassung vorlegte, gab freimütig zu, dies sei die Rede, die Hannibal entsprechend den Erfordernissen der Rhetorik und des feinen Stils sowie den Wünschen seines Chronisten hätte halten sollen. Der Punier schien an die Lage der Länder außerhalb Italiens erinnert zu haben, Karchedons Klemme, die Schwierigkeiten, die man bereits überwunden hatte und daran, daß in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder keltische Heere durch die Alpen gezogen seien. Was unordentliche Heerhaufen geschafft hätten, sei für die Besten und Tapfersten kein Problem. Überdies, wie Magilos bezeuge, warte jenseits der Berge reiche Beute, zu teilen nur mit den Verbündeten, die dort ebenfalls ihrer harrten: Kelten, überdrüssig der Knechtschaft, die Rom auch über Iberien und Libyen breiten wolle wie einen erstickenden Mantel.
     
    Nach vier Tagen erreichten sie den Zusammenfluß von Isarra und Rhodanos. Im fruchtbaren flachen Schwemmland, »Insel« genannt, gab es eine Rast, die nach den Gewaltmärschen nötig war; und es ergab sich eine Möglichkeit, sehr viel Hilfe zu bekommen. Antigonos erfuhr von den Vorgängen nur am Rande; er versuchte, da es nun keinen anderen Weg mehr für ihn gab, sich nützlich zu machen, indem er Hasdrubal dem Grauen half. Die Schwierigkeiten des Ordnens, Versorgens und Planens lagen dem hellenischen Metöken und Händler näher als andere Dinge, die er hätte tun können.
    Das zahlreiche und kampfkräftige Volk der Allobrogen, das die »Insel« und das Tal der Isarra bewohnte, war durch Streit zwischen den beiden Söhnen des verstorbenen Fürsten gespalten. Der ältere, Braneus, bat den auch hier schon berühmten punischen Feldherrn um ein Urteil; Hannibal entschied den Erbstreit zu Braneus’ Gunsten, gestützt auch auf die Meinung des größten

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