Hanibal
durch Aufgießen des wenigen verbliebenen Essigweins und großer Mengen Schmelzwassers mürbe. Sie zerschlugen den spröde gewordenen Stein und machten seine Hänge durch kleinere Krümmungen gangbar; nun konnte man nicht nur die Zugtiere, sondern auch die Elefanten hinabführen. Vier Tage brachte man auf dieser Klippe zu. Am Fuß der Berge gab es Täler und Hügel, auch Bäche in der Nähe der Wälder. Hier schickte man die Tiere auf die Weide, und die ermatteten Menschen fanden endlich Ruhe. Nach drei Tagen ging es in die Ebene hinab. In fünfzehn Tagen hatte das Heer unter furchtbarsten Mühen die Alpen bezwungen, mit entsetzlichen Verlusten. Zwölftausend libysche Hopliten, achttausend iberische Fußkämpfer, an die tausend Leichtbewaffnete und sechstausend iberische und numidische Reiter erreichten Italien. Und alle siebenunddreißig Elefanten.
SOSYLOS DER LAKEDAIMONIER, AM FUSS DER ALPEN, AN PHILINOS DEN AKRAGANTINER, IN SYRAKOSAI; DREIFACH
Alter Freund – dies gebe ich einem ligurischen Eseltreiber, einem etruskischen Händler und einem samnitischen Gesandten, hoffend, daß eines dich erreiche. Ein viertes bleibt mir, das fünfte Schreiben Antigonos dem Karchedonier, der mir beim Abschreiben half.
Du wirst gehört haben, was nicht zu beschreiben ist. Wir haben ein Wunder vollbracht – das heißt, nicht wir, sondern Er, der Fürst aller Strategen, Herausforderer der Götter, Entsetzen Roms, Staunen des Kosmos, Meister der Waffen, Lenker der Tiere, Herr und Hüter der Menschen, Bezwinger der Moira, Hannibal. Die Verluste waren furchtbar, die Erschöpfung ist gewaltig, die Qualen waren unsäglich, aber die Zukunft ist verändert. Die Taumelnden hat er gestützt, die Gestürzten aufgerichtet, die Zagenden ermutigt, die Kraftlosen gestärkt. Als wir nicht mehr kriechen konnten, ließ er uns ausschreiten; als Lawinen und Feinde das Heer zertrümmerten, fügte er die Teile wieder zusammen; als der Weg, der keiner war, uns erstickte und einzwängte, sprengte er die Felsen; als die steinige Unendlichkeit des getürmten Eises uns zur Verzweiflung wurde, brachte er uns auf einen Vorsprung und zeigte uns die grüne Ebene Italiens. Wir schleppten uns krank und zerlumpt und fast wahnsinnig aus den Bergen und waren von Feinden umgeben, da erstürmte er an der Spitze der letzten Kampffähigen die Stadt der Tauriner, römischer Bundesgenossen. Publius Cornelius Scipio erschien mit frischen Reitern, da führte Hannibal seine verhungerten Geister auf Pferdegerippen in die Schlacht – ein römisches Heer geschlagen auf italischem Boden, der Konsul verwundet, von seinem jugendlichen Sohn aus dem Gemenge geborgen. Ein römisches Heer geschlagen auf italischem Boden, o Philinos.
Erst vor wenigen Jahren warf Rom die Kelten Norditaliens nieder; Städte wurden zu Ackerland, Dörfer brannten, Männer und Frauen, Kinder und Greise wurden zu Tausenden abgeschlachtet. Rom begann mit dem Bau von Marschstraßen und Festungen, nahm Geiseln von den Überlebenden, raubte Vieh und Besitztümer, verteilte Truppen im ganzen Land. Niemals mehr, sagte der Senat, werde nach dieser furchtbaren Züchtigung ein Kelte das Haupt wider Rom zu heben wagen. Aber die Fürsten der Bojer und der Insubrer schicken Nahrung und Kleidung, Holz und Schlachtvieh; sie mustern ihre Krieger und werden noch im Winter nicht nur Futter, sondern auch Pferde, nicht nur Pferde, sondern auch Reiter, nicht nur Reiter, sondern auch Waffen, nicht nur Waffen, sondern auch Fußkämpfer stellen. Die Samniter, in furchtbaren Kriegen von Rom unterworfen, schicken heimlich Gesandte; Bruttier und Kampaner kommen auf verborgenen Wegen durch Italien in den Norden, um den Mann zu sehen, der die Berge überwand und nun den Völkern und Städten Italiens die Freiheit vom römischen Joch bringen soll. Niemand hatte es geglaubt, nicht einmal Hannibal selbst; plötzlich flackern überall im Land die von den Legionen zertretenen Feuer wieder auf.
Aber zunächst kommt der Winter, und er wird furchtbar. Die Ebenen sind schneebedeckt; die Bewohner des Landes sagen, ein solcher Winter sei seit Jahrzehnten nicht gewesen. Und vor dem Winter kommt noch etwas, und dies ist vielleicht Hannibals größter Triumph.
Tiberius Sempronius Longus, bereit zur Eroberung Libyens, hat Lilybaion verlassen, mit dem größten Teil seiner Truppen. Qart Hadasht ist nicht länger bedroht. In wenigen Tagen wird er hier eintreffen, die Besatzungen aus den umliegenden Orten zusammenziehen und uns angreifen. Er
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