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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Geiseln und verwendete auch die Vorräte. Dann folgte er ihren Wegführern in völlig geordnetem Zuge, aber nicht wie durch Freundesland. Den ersten Zug bildeten die Elefanten und die Reiter. Er selbst zog mit der Kerntruppe hinter ihnen her und hielt nach allen Seiten Ausschau. Als man in einen schmaleren Weg kam, der auf der einen Seite unter einem drohenden Bergjoch dahinlief, brachen die Bergmenschen auf allen Seiten aus dem Hinterhalt hervor, griffen von vorn und im Rücken an und kämpften im Nahkampf und aus der Entfernung. Sie wälzten große Steine auf den Zug herab. Die stärkste Streitmacht drängte im Rücken. Allen war klar, daß man eine ungeheure Niederlage in diesem Engpaß einstecken müsse, wenn man nicht die äußersten Teile des Heereszuges sicherte. Die Bergbewohner stürzten von der Seite auf den Weg, weil der Zug in der Mitte auseinandergerissen war; Hannibal verbrachte die Nacht ohne Reiterei und Gepäck.
    Weil die Bergmenschen am folgenden Tag nicht mehr so heftig gegen die Lücke drängten, konnten sich die Truppen wieder vereinigen und den Paß hinter sich bringen; zum Glück geschah dies mit größerem Verlust an Zugtieren als an Menschen. Seitdem fielen die Bergbewohner sie nur noch in kleineren Haufen an, mehr wie Räuber als nach Kriegsart. Die Elefanten wurden mit großem Zeitverlust durch die engen und steilen Wege getrieben; aber sie machten den Zug doch überall dort, wo sie auftauchten, sicher, weil die Feinde vor den ungewöhnlichen Tieren Angst hatten.
    Am neunten Tag kam man auf die Gipfel der Alpen, meist auf Irrwegen und durch schwieriges Gelände. Zwei Tage hielten sie auf der Höhe ein Standlager: elend, umkämpft, fast ohne Vorräte und ganz ohne Ruhe. Zugtiere, die in den Felsen abgestürzt waren, folgten der Spur und gelangten ins Lager. Zu allem kam auch noch Schneefall. Das Heer brach beim Morgengrauen auf und zog durch den hohen Schnee; die Feinde belästigten die Punier höchstens in kleinen Raubüberfällen. Aber der Weg war viel beschwerlicher als beim Aufstieg, weil die Alpen auf der italischen Seite steiler sind. Fast der ganze Weg war abschüssig, eng und glatt, so daß Stürze nicht zu vermeiden waren, wenn man erst einmal strauchelte, und dann blieb man auf der Stelle liegen. So stürzten Menschen und Tiere übereinander. Danach kam man zu einer noch viel engeren Klippe; ihre Felswände standen steil, daß nicht einmal ein unbewaffneter Soldat sich herablassen konnte, wenn er sich auch mit den Händen an den Büschen und Stämmen festzuhalten versuchte. Diese schon von Natur steile Stelle war erst kürzlich durch einen Erdrutsch beinahe tausend Fuß abgestürzt. Als Hannibal fragte, was den Zug hier aufhalte, weil die Reiterei wie am Ende eines Weges stehenblieb, meldete man ihm, auf diesem Felsen sei ein Weiterkommen unmöglich. Sofort ritt er selbst nach vorn, um sich das Gelände anzusehen. Tatsächlich mußte er das Heer auf einem Umweg durch die unwegsamen, nie betretenen Gegenden führen. Dann wurde der Weg völlig ungangbar.
    Denn solange der Neuschnee nicht zu hoch auf dem alten lag, konnten sie festen Fuß fassen, wenn sie darauf traten. Nun war aber der Schnee durch so viele Menschen und Tiere auseinandergetreten, und sie gingen auf dem bloßen Eis, schlüpfrigem Boden, auf dem kein Fußtritt haftete; und die abschüssige Fläche der Anhöhe ließ den Fuß noch viel eher ausgleiten. Wenn sie sich auf Händen oder Knien aufrichten wollten, verloren sie selbst die Stützen und fielen von neuem hin. Es gab weder Stämme noch Wurzeln, an die man sich mit dem Fuß oder der Hand stemmen konnte. So schoben sie sich nun auf glattem Eis und geschmolzenem Schnee vorwärts. Die Lasttiere traten oft durch; wenn sie mit den Hufen aufschlugen, um nach dem Fallen wieder aufzustehen, sanken sie völlig ein, so daß sie in dem harten, tiefen Eis steckenblieben wie in einem Fangeisen. Endlich schlug man auf der Höhe des Bergzuges ein Lager auf, vor einer weiteren Felswand. Das Gelände wurde unter größter Anstrengung gesäubert. Man mußte eine Menge Schnee weggraben und ausschachten. Nun wurden die Krieger und die wenigen übrigen Werkmeister an den Felsen geführt, um ihn gangbar zu machen; nur hier war der Weg möglich, der Stein mußte gebrochen werden. Dazu fällte man die ringsum stehenden Bäume und schichtete einen riesigen Stoß auf; man zündete ihn an, als sich ein günstiger Wind erhoben hatte, der das Feuer anfachte; dann machte man den erhitzten Stein

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