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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Mit ihrem Gewirr und Getriebe steckten sie schließlich auch die ruhigen, erprobten Truppen an, die seit dem Abmarsch aus Qart Hadasht in Iberien daran gewöhnt waren, Ordnung zu halten, Zelte in überschaubaren Reihen zu bauen und zu sichern, zu bestimmten Zeiten gemeinsam zu kochen und zu essen, um kein Brennholz zu vergeuden. Überall flackerten Einzelfeuer. Die Zelte und schiefen Hütten standen wie vom Himmel gefallen in Zickzacklinien und Halbkreisen. Es gab nur einen ungefähr geraden Weg, vom östlichen Walltor zum Strategenzelt. Viele der Kelten hatten Frauen mitgebracht; in einer Ecke des vor drei Tagen mit Erdwällen, Palisaden und Holzverschanzungen angelegten Lagers, vom Rest durch einen Zaun und Posten getrennt, hausten an die fünftausend Frauen und männliche Sklaven aus romtreuen Stämmen. Trotz aller Entbehrungen des Marschs, bei dem sie fast die Hälfte ihrer Kameraden verloren hatten, mochte auch den härtesten Kämpfern aus dem warmen Libyen oder den milden Regionen Iberiens die gewalttätige Paarung in eisigem Schlamm , umstanden von tausend verlausten Betrachtern, nicht unbedingt als elysisch erscheinen. Den Keltinnen bestimmt nicht; aber sie waren Beutestücke und hatten wie Münzen, Waffen oder Brennholz einen Zweck, keinen Sinn. Ebenso die Sklaven.
    Antigonos sah Mago im Frauenpferch verschwinden; durch das Gekeife dröhnte Gelächter, die Stimme des Monomachos. Der eisige Wind, der abgeflaut war, kam wieder stärker; ein kurzer Eisregen ging über das Lager nieder. Dann sprang der Wind um und brachte den Ekel der Latrinen und Viehweiden von Nordwesten. Einige der Elefanten waren krank, viele Pferde ebenfalls. Antigonos bahnte sich einen Weg durch verdreckte Iberer und verschlammte Kelten.
    Vor dem Osttor traf er Maharbal und Muttines, die an der Postenkette entlangwanderten. »Etwas muß geschehen – hast du eine Idee, Tiggo?« sagte der Libyphöniker, als Antigonos sie erreicht hatte.
    »Wir können nicht vorstoßen, mit den Römern im Rücken« , sagte Maharbal. »Zurück auch nicht, wenn wir nicht die ganze Gegend wieder für sie freimachen wollen. Außerdem wohin?« Er hob den rechten Stiefel aus der Pfütze, die sich sofort bildete, wenn man irgendwo stehenblieb, betrachtete das Loch in der Sohle, das seltsam frei von Schlamm war, verzog das Gesicht und zerrte an seinem Wollmantel.
    Von den Hügeln oberhalb der Trebia, die etwa achttausend Schritte östlich des Lagers floß, näherten sich Numider. Nur an dem fast schwarzen Pferd erkannte Antigonos Hannibal, der mitten im Trupp ritt. Er warf einem anderen die Zügel zu, sprang ab und kam zu den Posten. Aus der Nähe sah der Hellene, daß das Gesicht des Strategen mit Kalk und Ocker verschmiert war. Der Bart schimmerte rötlich, und auf dem Kopf trug Hannibal einen fast blonden Keltenschopf.
    »Wo ist Mago?« sagte er. Er schien kaum angestrengt zu sein; dabei hatte er mindestens zehn Stunden auf dem Pferderücken oder wer weiß wo verbracht.
    »Im Lager, nehme ich an.« Maharbal wies mit dem Daumen hinter sich.
    »Er fickt, wenn du es genau wissen willst«, sagte Antigonos.
    »Ah. Dafür soll er ein paar Römerknie nehmen.« Hannibal fuhr sich über das Gesicht und spuckte in die verschmierte Handfläche. »Ich weiß jetzt, was ich wissen wollte.«
    Muttines schien die Ohren aufzustellen. Manchmal meinte Antigonos, der Libyphöniker, der einen Teil der Reiterei befehligte, werde sich nach und nach in einen Hengst verwandeln. »Der Cornelier?«
    Hannibal nickte. »Publius Cornelius ist noch immer krank – die Wunde und das Wetter. Sempronius hat den Oberbefehl. Und das ist gut so. Kommt.«
    Er rief den Posten ein paar Befehle zu; vier der Männer liefen ins Lager.
    Eine halbe Stunde später, kurz vor dem mutmaßlichen Untergang der unsichtbaren Sonne, begann der Kriegsrat. Hannibal hatte sich gereinigt und die Verkleidungsstücke abgelegt. Er berichtete von seinem Ritt, der ihn als keltischen Trödler bis ans römische Lager geführt hatte.
    »So, zu den Ergebnissen«, sagte er dann. »Der Cornelier , Roms bester Mann, fällt aus. Sempronius ist eitel und leichtsinnig, trotz aller Umsicht, die er auf Sizilien gezeigt hat. Er will vor der Wahl der neuen Konsuln unbedingt Schlachtenruhm erringen. Ich finde, wir geben ihm die Gelegenheit dazu.«
    »Wie?« Mago beugte sich vor.
    »Du, o Bruder, wirst ihm besonders helfen können. Such dir, wenn wir hier fertig sind, hundert Libyer und hundert Numider aus, gute harte Leute, und bring sie

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