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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Die Waffenschmieden, die Hanno oder seinen Mittelsmännern gehörten, lieferten im zweiten Jahr des Kriegs fast zwei Drittel der in Qart Hadasht hergestellten Schwerter, Lanzenspitzen, Rüstungen und Helme.
    Antigonos wußte, was er von Hannos Barkidenbegeisterung zu halten hatte. Zumal die von Hanno gebilligten Kriegsausgaben des Rats bisher die Stadt nichts kosteten. Aus den iberischen Silberlieferungen der Barkiden, fünfzehn Jahre lang verläßlich gestiegen, hatte Qart Hadasht große Rücklagen gebildet. Fast das Vierfache dessen, was Rom nach dem Sizilischen und dem Libyschen Krieg erpreßt hatte, lag teils gemünzt, teils als Finger und Barren im Schatz der Stadt: über Zwölftausend Talente Silber allein aus den iberischen Lieferungen. Mehr als zehn Jahre lang hatte Iberien außerdem – bis auf einen kleinen, viel zu kleinen Anteil der punischen Hauptstadt – alle Truppen und Schiffe gestellt und bezahlt , dazu die Erschließung Iberiens und kleinere Befriedungszüge gegen numidische und mauretanische Stämme. In dieser Zeit des Friedens und der Ruhe, blühender Landwirtschaft und ständig zunehmenden Seehandels, satter Erträge aus Grenz und Hafenzöllen sowie beständig fließender Abgaben der übrigen punischen und libyphönikischen Städte war der Staatsschatz von Qart Hadasht kaum durch Ausgaben belastet worden – keine Seuchen, keine Hungersnöte, keine großen Bauten. Weder der Führer der Barkiden im Rat, Himilko, noch Bostar, der über gute Sonderkenntnisse verfügte, konnten den Gesamtbestand angeben; sie schätzten ihn auf etwa zwanzigtausend Talente Silber, dazu mindestens tausend Talente Gold aus den Gruben am Okeanos, weit im Südwesten Libyens.
    Antigonos und Hanno begegneten einander nur einmal in diesem Winter. Hanno pflegte ansonsten das Haus der Weinhändler, zu denen er ja nicht gehörte, kaum aufzusuchen, aber eines Abends erschien er im Palast der berauschenden Beeren, mit drei anderen Ratsherren; sie ließen sich am Nebentisch nieder.
    Antigonos verzichtete darauf, seine Begleiterin, eine hellenisch-phönikische Kyprerin namens Tomyris, mit Hanno bekanntzumachen. Sie war zweiundvierzig Jahre alt, hatte drei Männer überlebt, besaß ein Dutzend Schiffe, Warenlager in Mytilene, Kition und Tyros und wickelte ihre punischen Geschäfte über die Sandbank ab. Für die hellenischen Schönheitsvorstellungen waren ihr Mund und ihre Hüften zu breit, aber Antigonos schätzte Faßbares höher als Ideales. Seit der ersten Begegnung, am Vormittag in der Bank, genossen beide das ungezwungen spöttische Verhältnis. Sie wollten die Nacht in dem oft von Antigonos genutzten Raum im dritten Stockwerk des Weinhändler-Hauses verbringen und aßen leicht. Hanno kam als schwerer unverdaulicher Nachtisch.
    »Unter manchen Blicken faulen die Beeren, und der Käse beginnt zu schimmeln.« Antigonos schob die Platte in die Mitte des Tischs und leerte seinen Pokal.
    Tomyris nahm eine Weinbeere, hielt sie hoch, drehte sie hin und her. »Diese ist noch heil, und ihr Saft ist für viele Dinge gut.«
    Hanno klatschte in die Hände; als ein Schanksklave zu ihm stürzte, ließ er den fünf armigen bronzenen Fackelträger verschieben, der zwischen den Tischen stand.
    »Nun sehe ich dich besser, Metöke. Ein Vergnügen.« Antigonos blickte nicht hinüber. »Edler Ratsherr Hanno« , sagte er halblaut, durch die Zähne. »Dein Abend sei leicht, deine Verdauung hurtig und dein Lager bequem. Oder ist das barkidische Silber in deinen Kissen zu hart?«
    »Ich höre schlecht.« Hanno seufzte ausgiebig. »Das Alter bringt es mit sich, aber dieses Gebrechen erspart mir viele unerfreuliche Reden anderer, auf die ich sonst etwas würde erwidern müssen.«
    »Wer zwänge dich denn, etwas zu erwidern? Langwieriges Schweigen deinerseits gölte der ganzen Stadt als großartiges Geschenk, glaube ich.« Antigonos starrte in seinen Pokal.
    Tomyris’ Mundwinkel zuckten. »Liebe alte Freunde, nach langer Trennung vereint, wie?«
    Hanno lehnte sich in seinem gepolsterten Ledersitz zurück.
    »Ah ja.« Er faltete die Hände über dem Bauch. Im Palast der berauschenden Beeren war es still geworden; niemand ließ Teller oder Messer klirren, kein Schankdiener rührte sich. Außer dem Zischen und Knacken der Feuer und Fackeln war nur die dicke Stille zu hören; sie schien zu pulsieren.
    »Ah ja. Alte Freunde, wie wahr. Und diesmal, Metöke, zerren wir gewissermaßen am gleichen Ruder. Ein seltenes Vergnügen.«
    »Wann wirst du das Ruder

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