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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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rechteckigen »Bauch« der Flasche entsprach der Handelshafen; der »Flaschenhals« führte zum Kriegshafen, der fast rund war wie der Pfropfen oder Verschluß des Trinkgefäßes. Antigonos war fast sicher, daß die Lakedaimonier ihre Flasche nach der Form des punischen oder eines anderen Doppelhafens benannt hatten.
    Zwei doppelt mannshohe Mauern umgaben den Kriegshafen.
    Schwere, unter Wasser mit Bronze, darüber mit Eisen beschlagene Tore und eine dicke Kette sperrten die Durchfahrt. Der Rand des »Halses« bestand aus gewaltigen Quadern, ohne Fugen und ohne Mörtel. Neben den Schiffstoren begann die Doppelmauer, mit einem von vier Posten bewachten Durchgang – Flügeltüren, ebenfalls mit Eisen verstärkt. Die Wächter waren Punier; sie trugen Bronzehelme mit rotem Busch, Nasen und Wangenschutz, über dem Chiton bronzene Muskelpanzer mit Verzierungen, darunter eiserne Beinschützer und Sandalen; gerüstet waren sie mit Lanzen, Schwertern, Dolchen und ovalen Schilden.
    Antigonos zog Tomyris mit sich. Vor den Posten blieb er stehen, legte die Faust aufs Herz und sagte halblaut: »Der Herr der Sandbank, Antigonos, begehrt ein Gespräch mit dem Herrn der Flotte.«
    Einer der Wächter wandte sich ab, klopfte mit der flachen Hand an das Metall der Tür und sagte leise etwas in die kleine vergitterte Sprechöffnung in der Wand.
    Antigonos trat ein paar Schritte zurück. »Sie werden dir die Augen verbinden«, murmelte er. »Aber aus den Räumen des Nauarchen wirst du den Hafen überblicken. Nicht viele Einzelheiten, aber da du kein römischer Spitzel bist, dürfte dir der Gesamteindruck genügen.«
    Tomyris war ein wenig blaß geworden unter ihrer Bräune.
    »Du kannst hier wirklich… Ich meine, du bist Herr der Sandbank, aber kein Punier.«
    »Ich kann. Und seit die Römer und alle anderen Penteren bauen können, gibt es hier eigentlich keine Geheimnisse mehr zu hüten. Außer den wirklichen Möglichkeiten, der Ausstattung, den Kammern und Werkstätten. Aber du wirst es sehen – teilweise.«
    Einer der Flügel öffnete sich. Ein punischer Offizier, mit hellrotem Umhang und goldener Spange auf der Schulter, trat vor den Durchgang. In der Hand hielt er eine breite weiße Leinenbinde. Als Tomyris nichts mehr sehen konnte, nahm Antigonos ihre Hand.
    Die Insel des Nauarchen, durch einen kurzen Damm mit dem Kai verbunden, lag im Südosten des runden Beckens. Aus den oberen Stockwerken des Gebäudes überblickte man nicht nur den Kriegshafen, sondern auch den Handelshafen und die halbe Stadt. Der Turm war hoch genug, höher als die Seemauer. Der Befehlshaber der Flotte konnte die Schiffe in der weiten Bucht von Qart Hadasht zählen.
    Wie Schachteln zogen sich die Schiffsschuppen um das Becken: zweihundertzwanzig Kammern für zweihundertzwanzig Schlachtschiffe. Mit Werkstätten, Waffenschmieden, Werften, Vorratsspeichern, Rüstkammern, Unterkünften für die Seetruppen und Ruderer, gewaltigen unterirdischen Lagerhallen für Eisen, Kupfer, Zinn und tausend Hölzer. Ein Silberschiff aus Iberien und zwei Frachter mit Eisenbarren lagen am Entladekai vor den Hallen; sie waren im Handelshafen von der Besatzung geräumt und den Offizieren des Nauarchen übergeben, dann durch Ruderer der Flotte in den Sperrbereich gebracht worden. Vierrädrige Wagen, beladen mit Metallbarren, rollten in Rillen die Schräge vom Kai zu den tiefen Hallen hinab. Zwei Offiziere überwachten die Arbeiten; die Stauer waren ausschließlich Punier der unteren Schichten. Sie trugen eine Art Lederpanzer und bunte Kopftücher.
    Der Offizier, der sie führte, schwieg während des ganzen Wegs. Hinter den Toren überquerte eine kleine Klappbrücke aus Holz den »Flaschenhals«; wenige Schritte weiter begann der Damm zur Insel.
    Der Nauarch war einer von Hannos Leuten, ein älterer grauer Mann namens Sapu. Er entließ den Offizier, löste selbst die Binde um Tomyris’ Kopf und rückte Scherenstühle zurecht.
    »Herr der Sandbank – was ist dein Begehren?«
    »Dies ist die Handelsherrin Tomyris aus Kition, Sapu. Sie spricht Punisch, aber…«
    Sapu hob die Hand. »Es macht mir keine Mühe«, sagte er auf Hellenisch. Tomyris verneigte sich; dann ließ sie sich nieder. Aus den großen Fenstern war der gesamte Bereich der Häfen, der unteren Stadt, der Bucht zu überschauen. Die Augen der Kyprerin irrten zwischen Sapu, Antigonos und den äußeren Anblicken hin und her.
    »Es geht um eine Beförderung«, sagte Antigonos. Er lehnte sich zurück und betrachtete die

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