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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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vernichten, sondern durch Zermürbung zum Frieden zwingen; Rom will uns durch den Vernichtungskrieg auslöschen. Nun betreiben die Römer eine Strategie des Ermattens und zwingen Hannibal zu einer Strategie der Vernichtung. Sie zermürben, um zu vernichten; wir müssen vernichten, um zu zermürben. Ist die Welt nicht doch nur ein Tollhaus? Und wenn, dann wären wir die Insassen, aber wer sind die Wächter?
    Und beinahe wäre es Quintus Fabius Maximus, den sie in Rom längst den Zauderer nennen, weil sie die Klugheit seines Handelns nicht begreifen – beinahe wäre es ihm gelungen. An einem Fluß namens Volturnus. Wir hatten das Wasser im Rücken und die Berge vor uns, und auf diesen Bergen, durch die ein einziger Paß führte, setzte sich Fabius fest. Aber, o Freund, hast du in den Schriften der hellenischen Kriegsdenker jemals von der Möglichkeit gelesen, einen überlegenen Gegner, der die Höhen und den Paß beherrscht, durch ein paar Leichtbewaffnete und zweihundert Mann von der Versorgung zu vertreiben? Manchmal scheint mir, es gebe zwischen allen Dingen des Kosmos keines, das Hannibal die Mitwirkung bei irgendeiner List verweigern kann. Wetter, wie an der Trebia, Wasser und Berge, wie am See in Etrurien, ja selbst die Klugheit des Gegners. Er kann alles nutzen, und ich weiß nicht, wo die Grenzen seines unglaublichen Geistes liegen mögen. Bisher sah ich sie jedenfalls nicht.
    Dies geschah: Hannibal sagte, die Römer seien wohl bereit , jede Unmöglichkeit seinerseits für denkbar zu halten; also beriet er sich mit Hasdrubal dem Grauen. Zwischen dem Paß und dem römischen Lager gab es eine Anhöhe, steil, aber nicht zu steil; sie ließe sich übersteigen, aber niemals gegen einen starken Feind. Dennoch – in dieser Lage rechneten die Römer tatsächlich mit allem. Hasdrubal der Graue trieb unser gesamtes Schlachtvieh zusammen, etwa zweitausend Ochsen; er band ihnen Holz und Fackeln auf die Hörner, brachte die mächtige Herde etwa drei Stunden nach Mitternacht zum Fuß der genannten Anhöhe, leise und behutsam. Dann ließ er die Hölzer und Fackeln entzünden und trieb, unterstützt von den Leichtbewaffneten, die Tiere den steilen Hang hinauf. Fabius hatte den Paß von mehr als viertausend Mann sichern lassen; sie hätten ausgereicht, alle Heere der Oikumene in der steinigen Enge aufzuhalten und aufzureiben. Als sie nun ein Flammenmeer den Hang hinauf branden sahen – und ich versichere dir, von unten, aus unserem Lager, war es ein unglaublicher Anblick; wie muß es erst von oben gewirkt haben! –, meinten sie, Hannibal mache das Unmögliche möglich und werde mitten in der Nacht das schlummernde Lager des Fabius angreifen. Diese Überzeugung wurde für sie zur Gewißheit, als ihre eilig losgeschickten Aufklärer mit den Schleuderern und Lanzenkämpfern zusammenstießen. Darauf räumten sie den Paß und stürmten auf die Anhöhe, um den Durchbruch abzuwehren; sehr bald erhielten sie Verstärkung aus dem Lager. Wir, unterdessen, brachen auf; Hannibal selbst nahm die schweren libyschen Fußtruppen, besetzte den Paß, hielt ihn gegen die Römer, als sie endlich die List bemerkten, und brachte uns alle in Sicherheit.
    So ist nun das zweite Jahr dieses großen und schrecklichen Kriegs vergangen; der milde Winter in einer festen Stadt läßt uns das Vergangene eher als bösen Traum empfinden. Zu diesem bösen Traum gehören auch jene Dinge, die sich auf dem Meer und in Iberien zutrugen. Aber von diesen wirst du wohl Genaueres wissen als ich. So laß mich denn schließen, o Antigonos Karchedonios, mit dem Wunsch, in einigen Monden deiner wieder teilhaftig zu werden. Mich dürstet; bring syrischen Wein, Freund, und zwar reichlich.

13
 
HANNIBAL
    Hanno der Große machte große Geschäfte. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte er die Werft auf der »Zunge« zwischen Meer und Tynes-See mit kleinen Aufträgen arbeiten lassen; nach Abzug der Kosten war in den meisten Jahren nichts geblieben. Die von Antigonos gegen Ende des ersten Römischen Kriegs verkaufte Anlage, damals von einem Mittelsmann Hannos übernommen, begann am Tag nach der römischen Kriegserklärung wieder mit der Herstellung von Schiffsteilen für Penteren und Trieren. Im ersten Kriegsjahr blieb der Bedarf gering; der Rat von Qart Hadasht versuchte, mit den von Hannibal aus Iberien geschickten Schiffen und den wenigen eigenen zurechtzukommen. Im zweiten Jahr wurden fast einhundert Penteren gebaut; gut die Hälfte davon mit Fertigteilen aus Hannos Werft.

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