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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Rom nimmt an?«
    Hannibal trank, lehnte sich zurück und schloß die Augen wieder. »Nein.«
     
    Nach kaum zehn Tagen, in denen Hannibals Truppen kleinere Züge durch Apulien und einen Vorstoß nach Samnium unternommen hatten, kehrte Qarthalo zurück. Er brachte genau das, was Hannibal erwartet hatte: nichts.
    »Sie haben einen neuen Diktator gewählt, Marcus lunius Pera. Er hat mir einen seiner Beamten geschickt, einen Liktor; wir haben uns vielleicht eine halbe Stunde unterhalten.«
    »Hast du ihm die Forderungen mitgeteilt?«
    »Ja, Stratege. Alle – auch die äußersten. Er hat sie angehört und gesagt, er will es Diktator und Senat melden. Im übrigen hätte ich bis zum Sonnenuntergang das römische Stadtgebiet zu verlassen. Ende.«
    »Und die Gefangenen?«
    Qarthalo zuckte mit den Schultern. »Werden nicht freigekauft. Sie sind auch nicht mit zurückgekommen. Vielleicht kommen sie nach.«
    Sie kamen nicht. In den folgenden Tagen gingen lediglich neue Nachrichten ein; Maharbal legte irgendwann in diesen Tagen seinen Helm vor Hannibals Füße und bat um Vergebung für seinen Vorschlag, Rom zu belagern; er sehe ein, daß es sinnlos sei.
    Die bei Ostia an der Mündung des Tiberus liegende Flotte war zur Verstärkung nach Lilybaion geschickt worden; Diktator Pera hatte, nach den Gepflogenheiten der Diktatur, einen Befehlshaber der Reiterei ernannt, Tiberius Sempronius Gracchus, die unmittelbare Kriegführung jedoch dem erfahrenen Marcus Claudius Marcellus übertragen, der mit den restlichen verfügbaren Truppen bereits nach Canusium marschiert war und versprengte Überlebende der großen Katastrophe sammelte, während in Rom Jugendliche, Sklaven und Verbrecher bewaffnet wurden. Kein Wort von Friede, kein Hinweis auf die geringste Bereitschaft zu Verhandlungen. Aber Menschenopfer zur Beschwichtigung der Götter: Ein hellenisches und ein keltisches Paar, alle vier lebendig begraben auf dem Forum.
    Nicht ganz einen Mond nach der großen Schlacht reiste Antigonos ab. Er hatte Botschaften für Philippos von Makedonien – im Kopf; da die römische Flotte auch das Illyrische Meer beherrschte, wäre es allzu leichtfertig gewesen, Schriftstücke bei sich zu führen, die den Römern in die Hände fallen konnten. Für die Vorbereitung der angestrebten Verhandlungen brauchte Hannibal jemanden, dem er bedingungslos vertraute; angesichts des uralten Hasses der Hellenen auf alles Phönikische und Punische konnte jedoch der erste Botschafter kein Punier sein. Antigonos war nicht nur der einzige Hellene, dem Hannibal vertrauen durfte; dank seiner verzweigten Handelsgeschäfte kannte er auch in Pella einige hochstehende Männer, die dem König gegenüber bezeugen konnten, daß er – auch ohne schriftlichen Auftrag – Herz, Auge, Ohr und Mund des Strategen und der Barkiden war. Den sich anbahnenden zähen Kleinkrieg um apulische Festungen – Canusium mit der von Claudius Marcellus befehligten Restlegion lag kaum zehn Meilen von Cannae entfernt – ließ er gern hinter sich.
    Es war ersprießlich, wieder zu reisen, aber die Reise war unersprießlich. Apulische Fischer aus der Nähe von Salapia brachten ihn über das Meer; der Preis entsprach dem Gegenwert eines halben Dutzends Fischerboote. Das makedonische Reich war weitestgehend unwegsam; die Straßen glichen eher Suhlen von Wildsauen, die Hälfte aller Bergpässe – sämtlich unweit makedonischer Festungen – wurde nicht von königlichen Truppen, sondern von Wegelagerern gehütet. In Apollonia, seit dem Tod des Pyrrhos mit Rom befreundet, hatte Antigonos nach besorgten Warnungen hellenischer Händler ein Dutzend herumlungernde Kappadokier in Sold genommen, mußte aber trotz ihrer Fertigkeiten mit dem Bogen selbst dreimal sein Schwert in Blut tauchen – das alte Schwert, das Hamilkar ihm nach der Schlacht gegen die Söldner gegeben hatte; durch einen von Hannibals Waffenschmieden verkürzt, geschliffen und geschärft. Der Weg war eine Schinderei; der Hellene begann sich alt zu fühlen und fragte sich immer wieder, warum der fünfte Träger des Königsnamens Philippos die halbe Welt erobern wollte, wenn er nicht einmal das eigene Reich ordnen konnte. Die makedonischen Truppen, die er sah, überzeugten ihn von der Güte römischer Legionen. Tausend libysche Fußkämpfer, befehligt von einem klugen Mann wie Muttines, hätten sich in vier Wochen von der illyrischepeirotischen Küste nach Pella durchkämpfen können, ohne allzu große Verluste zu erleiden. Die makedonische

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