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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ausgezahlt – aber wie konntest du sicher sein?«
    »Es war ein Köder.« Hannibal leerte seinen Becher und reckte sich. »Ein Köder für die Angst der Römer vor unserer Reiterei. Nichts fürchten sie mehr als die weite flache Ebene, auf der sich unsere Reiter entfalten können. Als wir die Kataphrakten zwischen Fußvolk und Fluß förmlich eingeklemmt haben, haben wir einen Fehler gemacht – meinten die Römer. Und deshalb haben sie sich so beeilt mit ihrer Aufstellung. Damit wir den Fehler nicht mehr rückgängig machen können.«
    Antigonos kaute eine Weile darauf herum; schließlich sagte er: »Trotzdem, Stratege. Sie hätten sich aufstellen können, aber nicht in dieser tiefen Staffelung, sondern mit einer doppelt so breiten, dabei immer noch ausreichend tiefen Phalanx.«
    Hannibal hielt Muttines den Becher hin; der Libyphöniker füllte nach.
    »Eine Umfassung ihrerseits? Dann hätte ich die Kelten in der Mitte geteilt, die Leichtbewaffneten gegen die römischen Reiter geschickt, und Hasdrubal wäre mit seinen schweren Reitern in der Mitte durch die römische Linie gebrochen. Wir hätten sie in zwei Teile gespalten. Vergiß nicht, ihre Reiterei war am Fluß eingeklemmt und wäre dann im eigenen Fußvolk erstickt. Es wäre schwieriger und blutiger geworden, aber die Römer konnten nicht gewinnen. Trotz aller Überlegenheit.« Nach kurzer Pause setzte er hinzu: »Sie hatten nur zwei Möglichkeiten des Siegs – genauer, eine; und eine, nicht zu verlieren.«
    »Nämlich?«
    »Sieg, wenn sie mit kleinen beweglichen Einheiten angetreten wären. Aber das können sie nicht. Und keine Niederlage, wenn sie im Lager geblieben wären. Aber dazu haben wir sie in den letzten Tagen zu sehr gereizt.«
     
    Am nächsten Tag ergaben sich die beiden römischen Lager; sie waren vom Aufidus abgeschnitten und hatten kein Wasser. Nach und nach wurden die Ausmaße dessen, was am Vortag geschehen war, klarer. Fast fünfzehntausend Römer und Bundesgenossen waren gefangen, etwa die gleiche Menge mußte entkommen sein, in kleinen Gruppen im Land versickert. Über fünfzigtausend Gefallene bedeckten das Schlachtfeld; darunter neben zahlreichen Fürsten der römischen Bundesgenossen auch ein Konsul, mehrere Konsuln und Tribüne früherer Jahre, beide Quaestoren des Jahres, neunundzwanzig Militärtribunen, etliche frühere und jetzige Praetoren und Aedilen, achtzig Senatoren.
    Von den Kelten, die der Phalanx standgehalten hatten, war kaum einer unverletzt; viertausend waren gefallen. Außerdem etwa eintausendfünfhundert Libyer und Iberer sowie zweihundert Reiter. Die Zahl der Verwundeten, die genesen konnten, lag bei siebentausend; nach Meinung der Ärzte würden weitere tausend, vor allem Kelten, an ihren Verletzungen sterben. Hannibals Schätzung vom Vorabend war fast richtig; von den etwa dreiunddreißigtausend überlebenden Siegern hätten kaum fünfundzwanzigtausend einen Marsch auf Rom antreten können.
    Die gefangenen Bundesgenossen entließ Hannibal mit Geschenken und freundlichen Worten; anders als nach den bisherigen Kämpfen wandte er sich diesmal auch an die gefangenen Römer. Er habe, sagte er ihnen, niemals das Ziel verfolgt, Rom zu zerstören und sei keineswegs ein Feind des römischen Volks. Jahrhundertelang habe Freundschaft geherrscht zwischen Rom und Qart Hadasht-Karthago; mit dem Angriff der Römer auf Sizilien habe vor achtundvierzig Jahren der erste Krieg begonnen, kaum zehn Jahre nach den großen karthagischen Hilfeleistungen für Rom im Kampf gegen Pyrrhos. Nach dem Krieg habe Rom den Friedensvertrag gebrochen und Karthago zum Abtreten Sardoniens und zur Zahlung zusätzlicher Gelder gezwungen. Dann habe der Senat mit Hasdrubal einen Vertrag geschlossen, in dem alle Gebiete südlich des Iberos den Puniern zugesprochen wurden; wenige Jahre danach habe Rom die südlich des Iberos liegende Stadt Zakantha-Saguntum zum Bundesgenossen erhoben und zugelassen, daß von dort aus Feindseligkeiten gegen die Punier und ihre iberischen Verbündeten unternommen wurden. Ziel seines Feldzugs sei es zunächst gewesen, die Römer daran zu hindern, seine Vaterstadt Karthago unmittelbar anzugreifen; nun sei er zum Frieden bereit, und dies seien seine Bedingungen: Rom zieht sich aus Iberien zurück; die Inseln Sizilien, Sardonien und Kyrnos-Corsica werden von beiden Seiten freigegeben, das Meer um sie her ist beiden zur Nutzung offen, kann aber weder von Rom noch von Karthago beansprucht werden; die italischen Bundesgenossen Roms,

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