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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Inseln der Balliaren. Qart Hadasht war gefesselt, geknebelt, entmannt, zur Freundschaft Roms verurteilt, aber ohne römischen Schutz. Die Sandbank, die ihre Geschäfte klug von West nach Ost verlagert hatte, bisher angesehene Einrichtung im reichen und mächtigen Karchedon, war in Zukunft irgendeine Bank einer geplünderten ohnmächtigen Stadt, deren Ausfallbürgschaften niemand ernstnehmen würde. Und im Osten, wo die Bank hätte handeln können, hatten Philippos von Makedonien und Antiochos mit dem Krieg gegen das vom unmündigen fünften Ptolemaier gelenkte Ägypten und seine Besitzungen in Asien und der Ägäis begonnen. Was blieb?
    Qart Hadasht erinnerte ihn an das, was zu tun er sich vorgenommen hatte. Seit Beginn des Waffenstillstands hatten die Bewohner der Vororte und Dörfer des Isthmos die Stadt langsam wieder verlassen – nicht alle, nicht gleich; viele kehrten nachts hinter die Isthmos-Mauer zurück. Immer noch zogen in der Dunkelheit Horden durch die Gassen; Wut, Verzweiflung, Enttäuschung und die Gegensätze zwischen Anhängern der Barkiden und der »Alten« entluden sich täglich und vor allem nächtlich in Straßenkämpfen, Plünderungen, Brandstiftungen und Messergefechten. Die Büttel, zu wenige und nicht für Kämpfe ausgebildet, beschränkten sich darauf, im grauen Morgen die Toten fortzuschaffen. Die Gesandten unter Hasdrubal dem Bock waren in Rom, um den Frieden auszuhandeln, der im Feld vorläufig galt, innerhalb der Stadtmauern jedoch fehlte. Die Reichen schützten sich durch Wächtertruppen; alles andere war Chaos und Mord.
    Nicht ganz – es gab auch die Kaschemmen, die Häfen, die Tavernen , die Bauern, Wasserverkäufer, Obsthändler, Buchläden; den Rat, der abwechselnd im Ratsgebäude und im Eshmuntempel zusammentrat; es gab den Strategen, der ungeschützt, ohne Wächter, zwischen dem Barkidenpalast in der Megara und dem Rat wechselte, Boten ins Land schickte, an Fäden zog, die Antigonos längst für zerschnitten gehalten hatte. Noch galt der Friede mit seinen harten Bedingungen nicht; noch gab es die niemals eingesetzte punische Flotte. Nachts spien Schiffe, die aus den Häfen an der Ostküste kamen, Männer aus, die von Hannibals Leuten erwartet und durch die Stadt zu den Unterkünften in der großen Mauer geführt wurden. Niemand wußte, was im einzelnen vor sich ging, was der Stratege plante, ob der Rat welchen Plänen auch immer zustimmte; und niemand konnte wissen, ob der Senat in Rom den Frieden annehmen, die Bedingungen bestätigen oder verschärfen würde; ob Qart Hadasht im Frühjahr noch einmal, zum letzten Mal kämpfen mußte.
    Antigonos beschloß, Hannibal zunächst nicht aufzusuchen; er sah voraus, daß der Stratege und Freund die Rachsucht eines alten Mannes nicht billigen würde. Zwei Nächte verbrachte er im Haus der Weinhändler, die Tage in der Bank. Dort gab es nicht viel zu tun; während des Waffenstillstands durfte Qart Hadasht weder Gesandtschaften noch Händler aus fremden Gebieten empfangen. Bostar hatte eine punische Wachtruppe angemietet, um die Bank zu schützen. Eine weitere Truppe aus Puniern und Metöken hütete den Stadtteil, in dem er wohnte. Er bat Antigonos dringend, vorübergehend zu ihm zu ziehen, aber der Hellene lehnte ab.
    Zehn Tage trieb er sich in der Hafengegend herum, im Viertel der Metöken, bei den Färbern und Fuhrleuten; er trug schäbige Kleidung, falsche Haare, einen falschen rötlichen Bart, redete mit tausend Leuten und gab fast zwanzig Minen in Silbermünzen aus. Nach und nach erfuhr er, was er wissen wollte, lachte, als die größte Schwierigkeit sich von selbst löste, kaufte die Schwerter und das Schweigen von zwanzig kräftigen hellenischen Metöken aus Sippen, die er seit langem kannte, und bereitete alles weitere vor.
    Ein bösartiges Gedicht, das Antigonos an andere Epigramme aus unendlich weit entfernten Tagen erinnerte, machte in der Stadt die Runde, wie eine Zusammenfassung all seiner Empfindungen und Absichten:
     
    Schlimm der Schimpf dieser Stadt: gefallen in römische Knechtschaft.
    Schrecklich die Schande des Volks: Aus Geiz verriet es den Helden.
    Scheußlich die Schmach aller Welt: Noch immer lebt Hanno die Viper.
     
    Der Hohe Priester des Baal, Mitglied im Rat der Ältesten und Führer der Romfreunde, neunundsiebzig Jahre alt, bei bester Gesundheit, reicher als je zuvor und im Begriff, wieder eine Mehrheit im Rat hinter sich zu bringen. Seit Beginn des Waffenstillstands hielt er sich am schwärzesten Ort der

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