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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Schwertergeschichte?«
    »Sie ist noch nicht beendet, Hanno. Alle, die starben, danken ihren Tod dir. Wenn es dir möglich war, Nachschub zu verhindern, hast du ihn verhindert. Wenn dir das nicht möglich war, hast du dafür gesorgt, daß er nicht dorthin kam, wo er den Krieg entschieden hätte. Deine Parteigänger unter den Ältesten haben durch sinnlose Befehle Iberien ins Chaos gestürzt. Das Blut von Hasdrubal, Mago, Memnon und Zehntausenden in allen drei Kriegen, gegen Rom und die Söldner, färbt den Saum deines kostbaren Gewands. Deine Ohren hallen von den Todesschreien am Eryx, bei Zama und Baikula, vom Knirschen der versenkten Schiffe, vom Gurgeln des Wassers in den Kehlen der Ertrinkenden, vom Kreischen der Verstümmelten, von den erwürgten Klagelauten der geschändeten Frauen.«
    »Ich höre nichts«, sagte Hanno. Er grinste; dann ächzte er leise, fuhr sich mit dem Daumen vom Hals zum Bauch und zurück, ergriff den Becher und stürzte den Wein hinunter.
    »Du hast mit Hilfe des Demetrios die Römer von allem in Kenntnis gesetzt, was sie niemals hätten wissen dürfen. Du hast Hasdrubal den Schönen ermorden lassen und Scipio den Weg ins neue Qart Hadasht gezeigt. Du hast Myriaden anderer Schändlichkeiten begangen, immer gegen die Stadt und das Volk, immer nur für deine Tasche. Oft habe ich gewünscht, ich könnte dir eine Schlange in den Rachen stecken und deine Lippen vernähen.«
    Hanno nickte und rülpste. »Hat dich beeindruckt, wie?« Er verzog den Mund.
    »Aber ab jetzt soll kein Haß mehr sein zwischen uns. All dies will ich vergessen, Punier. Denn ich habe meine Rache genommen, und nach der Rache kommt der Friede, das Schweigen, das Vergessen.«
    Hanno kniff die Augen zusammen. Wieder faßte er sich an den Bauch. »Was… wieso Rache?«
    Antigonos zog das Schwert, das Memnon gehört hatte. Die Klinge war schartig, an der Oberkante wie zerfressen, aber die Schneide war scharf. »Mit diesem Schwert meines toten Sohns, o großer Hanno, habe ich Haare vom Schweif eines Pferdes geschnitten und zerkleinert. Mit einer starken Feile, o großer Hanno, habe ich Späne von diesem Schwert gelöst. Beides, Haar und Späne, dazu ein langsam wirkendes Gift, waren in der punischen Pampe in deinem Napf.« Er stieß das Schwert in die Scheide zurück. »Dein Gott Baal ist mein Zeuge: Nachdem dieses Mahl gegessen ist, wird nichts mehr zwischen uns sein.« Hanno starrte ihn an, mit aufgerissenen Augen. Der Mund öffnete sich, die Zunge fuhr über die Lippen. Im Halbdunkel der ungeheuren Halle floß die Farbe aus seinem Gesicht, bis es zu einem verdichteten Nebelfleck wurde. Er wollte aufspringen.
    Dann krampfte sich sein Körper zusammen. Hanno schrie. Er schrie stundenlang, verfluchte Antigonos, winselte um den Todesstoß, jaulte und kreischte, wand sich auf dem feuchten kalten Boden. Er schrie, bis die Bronze des Baal vom Widerhall zu dröhnen schien. Antigonos stand neben ihm, betrachtete ihn, verhärtete sein Inneres, dachte an die Toten und Verstümmelten, Gemarterten und Geschändeten. Neun Stunden nach dem ersten Schrei starb Hanno der Große, zusammengekrümmt, mit blutigen Schaumblasen vor dem Mund, von innen nach außen zerfressen von tausend glühenden Schlangenzähnen, im Morgengrauen, zu Füßen des furchtbaren Gottes.
    Die Metöken, aschfahl, sammelten Schüsseln, Näpfe und Gefäße ein. Die Ablösung fand eine Stunde später Hannos Wächter gefesselt, mit verbundenen Augen, fast ertrunken unter dem Regen und fast wahnsinnig vor Angst. Sie berichteten vom zornigen Gebrüll des Gottes und von tausend Geistern, die sie nachts überfallen hatten.
    Es war, als hätten der Regen und die Tat Qart Hadasht geläutert. Einen Moment lang ließ Antigonos sich durch diese verlockende Überlegung verblüffen; dann begriff er, daß eine andere Macht für die Reinigung der Straßen von Mordgesindel zuständig war.
    Bostar berichtete später aus dem Rat, der sich am Abend von Hannos letztem Mahl ohne Hanno und viele andere, die wegen des gewaltigen Regens zuhausegeblieben waren, im Eshmun- Tempel getroffen hatte.
    »Ein guter Auftritt«, sagte er. Mit gespreizten Fingern fuhr er sich durch das gelichtete Haar. »Hannibal hat ihnen einfach mitgeteilt, daß er um Mitternacht zuschlägt. Da man ihn den Krieg größtenteils selbst habe bezahlen lassen und ihn so daran gehindert habe, als Stratege die äußere Sicherheit der Stadt zu hüten, werde man sicher nichts dagegen haben, daß er nun aus eigener Tasche die

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