Hanibal
konnten in Iberien nicht nur den großen Aufstand bewirken, sondern zusätzlich Kämpfer anwerben, ebenso bei den Kelten, bei den Ligurern und in Illyrien. Die seleukidische Flotte zur Verschiffung der Söldner und als Flankenschutz, zehntausend seleukidische Fußkämpfer, tausend Reiter, ein paar Elefanten und zweitausend Talente zur Anwerbung oder Beschwichtigung der Italioten, dazu gesicherte Abwehrstellungen in Hellas, die einen schnellen römischen Gegenstoß vereiteln würden, und das aufgeblähte Kriegsungeheuer Rom würde zerbrechen, platzen, zusammenstürzen. Es konnte sich ja nur behaupten, weil alle Feinde einzeln zu schwach waren, und zu den Feinden zählten inzwischen sogar die Latiner und Etrusker.
Ein großer Plan, ein kühner und dabei einfacher Entwurf.
Nichts von alledem war unerreichbar oder unerschwinglich; ohne Zuziehung von Kämpfern aus den östlichen Reichsteilen, ohne Aushebung neuer Truppen verfügte Antiochos über mehr als hunderttausend Mann seines stehenden Heers; er besaß mehr als genug Geld, um Hannibals Vorschläge zu bezahlen. Aber er besaß weder die nötige Klarheit des Blicks noch die nötige Größe des Geistes.
Und er hatte schlechte Ratgeber. Den unfähigen Strategen Thoas, der ihm half, den Krieg schnell zu verlieren; einen in der Kriegskunst unsäglich bewanderten Philosophen namens Phormion; einen weiteren Redner, dessen Name nicht verzeichnet ist. Dieser verkündete einst zum Beifall des Hofstaats, nur ein Weltweiser könne auch ein wahrer Feldherr sein. Hannibal lachte und sagte, Feldherr werde man nicht durch die Betrachtung der Wolken und das Beschreiben von Papyros, sondern im Feld. Phormion hielt einen stundenlangen Vortrag über die Kriegskunst, der allein ob seiner Unverständlichkeit und Länge alle ungeheuer beeindruckte. Jemand fragte den Punier anschließend, was er dazu zu sagen habe. Hannibal hatte das zu sagen: »Ich bin in meinem Leben schon vielen eitlen Schwätzern begegnet, aber dieser hier übertrifft sie alle.«
Nach vielem Zaudern und Schwanken beschloß Antiochos , den Plan seines großen Strategen Thoas auszuführen und Hannibal lediglich als Begleiter mitzunehmen. Das Heer setzte nach Hellas über und erstürmte klangvolle Namen ohne Bedeutung, statt haltbare Stellungen zu sichern. Im Winter machte Antiochos sich bei den Hellenen durch Anmaßung und Prunksucht zusätzlich unbeliebt. Im Frühjahr kam der römische Gegenstoß.
Da Hannibal bei Antiochos weilte, hatte der Senat angenommen, der Seleukide werde diesem die Kriegführung überlassen. Wer seine schärfste Waffe nicht nutzt, nicht nutzen will, sollte keinen Krieg beginnen. Rom, in klarer Erkenntnis der eigenen Schwäche und der ungeheuren Möglichkeiten des großen Königs, vor allem aber entsetzt darüber, abermals gegen Hannibal kämpfen zu müssen, dem diesmal weit mehr und bessere Mittel zur Verfügung stünden, dies arme entsetzte raubgierige Rom hatte mit dem sofortigen Angriff auf Italien gerechnet und Bollwerke errichtet. Aber der Angriff kam nicht; Acilius Glabro setzte mit den freigewordenen Legionen nach Illyrien über, zog nach Thessalien und vernichtete bei den Thermopylen das fast dreimal so große Heer des Antiochos. Hannibal beglückwünschte den Strategen Thoas nach der Niederlage. Er habe, sagte der Punier, in Anbetracht der Kräfte acht Möglichkeiten des Sieges und eine der Niederlage gesehen; in Anbetracht des Wetters und der Landschaft abermals nur eine mögliche Niederlage, aber elf leicht durchführbare Formen der Umfassung und des Sieges; es zeuge gewiß von hoher Kunstfertigkeit, daß es Thoas gelungen sei, die einzig denkbare Aufstellung der Truppen zu finden, die zum Verlust der Schlacht führen mußte.
Antiochos hielt den Krieg für beendet, da er sich ja aus Hellas zurückzog. Statt gegen das Nachsetzen der Römer zu rüsten oder nun endlich Hannibals Landung in Italien zu gestatten, ließ er sich auf Kleinkriege gegen Pergamon und Rhodos ein. Er machte Hannibal zum Nauarchen; der Meister des Landkriegs sollte eine Flotte gegen die stärkste Seemacht des Ostens führen, gegen Rhodos. Hannibal führte jedoch nicht allein; er befehligte einen Flügel der seleukidischen Flotte und gewann seinen Teil des Treffens. Der andere Flügel, unter Antiochos’ Günstling Apollonios, zerbrach und zog den siegreichen Teil mit in den Untergang.
Ein Jahr nach der Schlacht in Thessalien marschierten die Römer unter Lucius Cornelius Scipio, beraten von seinem Bruder
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