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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hatte sich die Anzahl der Amphoren vermindert; die Zolleinnahme betrug nur noch acht shiqlu. Was meinst du, wie es in anderen Bereichen aussieht? Und was, glaubst du, sind die dreitausendzweihundertsechsundsechzig Talente Silber, verglichen mit dem, was der Stadt von den eigenen Amtsleuten und Ratsherren geraubt wird? Was etwa Hanno der angeblich Große in den letzten fünf Jahren gestohlen hat?«
    »Pssst. Hanno hat überall Ohren.« Bostar legte den Finger auf den Mund.
    »Wenn er ein Ohr in meine Bank steckt«, sagte Antigonos , »wird es ihm bald fehlen. Ich schneide es ab.« Er sprach nicht besonders laut, aber auch nicht leise; der Vorhang zwischen dem Arbeitsraum und dem Saal der Mitarbeiter war nicht völlig zugezogen.
    Als Antigonos und Bostar am Abend die Bank zur Stadt hin verließen und absperrten, stand ein einachsiger Wagen auf der Straße. Die beiden Pferde waren fast weiß und unübersehbar teuer; die obere Wagenkante war vergoldet. Zwei Männer warteten neben dem Gefährt; beide trugen über der langen weißen Tunika einen Brustpanzer aus Leder, besetzt mit Silberscheiben, und am Gurt ein Schwert. Es waren junge Punier. Der Fahrer des Wagens, ein numidischer Sklave, blickte starr geradeaus, auf die Pferde.
    »Wer von euch ist der Metöke Antigonos?« sagte einer der beiden Punier.
    »Wer will das wissen?« sagte Bostar.
    »Wir sind beauftragt, Antigonos zu einem Gastmahl zu laden.
    Hanno der Große begehrt seine Anwesenheit.«
    Bostar zuckte kaum merklich zusammen. »Vielleicht hat Antigonos schon etwas anderes vor.«
    Der Punier lächelte. »Das wäre unklug; ihm würde einiges…
    entgehen.«
    Antigonos räusperte sich und trat vor. »Das wäre bedauerlich. Ich bin Antigonos. Wünscht euer Herr mich sofort zu sehen, oder kann ich mich für das Gastmahl geziemend umkleiden?«
    Der Punier deutete auf den Wagen. »Nicht nötig. Es ist ein kleines Mahl; nichts, was prächtige Gewänder verlangt.«
    Antigonos stieg auf den Wagen und zog Bostar hinterher.
    »Halt, so nicht, nur einer.« Der Punier, der bisher geschwiegen hatte, lockerte sein Schwert.
    »Lebst du gern?« knurrte Antigonos auf Numidisch. Plötzlich hatte er den krummen ägyptischen Dolch in der Hand, den er immer im Gürtel trug. »Dann fahr los!«
    Der Numider schnalzte und ruckte an den Zügeln. Die Bewaffneten liefen ein paar Schritte hinterher, blieben dann stehen und sahen dem Wagen nach. Antigonos hielt sich an der vergoldeten Kante fest, blickte zurück und rief: »Keine Sorge, ich kenne den Weg.«
    In Nähe der Agora war die Straße belebter; sie mußten langsamer fahren. Schließlich ging es nur noch im Schritt, hinter einem mit Amphoren beladenen Ochsenkarren her, der zwei Wassereseln folgte.
    Antigonos berührte den Numider an der Schulter und streckte die Hand nach dem Zügel aus. »Ist Hanno in seinem Stadthaus? Gut. Steig ab, ich fahre weiter. Keine Sorge, ich werde deinem Herrn sagen, daß mein Messer dich verjagt hat.« Der Numider sprang ab. Bostar murmelte etwas und schaute nach vorn. Die Straße verengte sich zwischen zwei hohen verwitterten Häusern, die einander ab dem dritten Stockwerk zuneigten; dahinter öffnete sich der Töpfermarkt. Endlich konnten sie an dem Ochsenkarren und den Eseln vorbei.
    »Was hast du eigentlich vor?«
    Antigonos lenkte den Wagen knapp an einem Turm großer Schalen und Teller vorüber. »Ich will Hanno besuchen.«
    »Du bist wahnsinnig.«
    »Nein, neugierig. Ich wollte ihn immer schon mal kennenlernen, aber die edlen alten Punier geben sich ja nicht mit einem Metöken ab, auch wenn er Bankherr ist.«
    »Blöder Hellene. Was soll ich mit deiner Leiche machen?« Antigonos grinste. »Zerstückeln und versteigern. Ich setz dich an der Agora ab. Kannst du ein paar Dinge erledigen?« Bostar seufzte. »Natürlich, Herr. Und zwar?«
    »Einen Boten zu Kassandros und Memnon, daß ich spät komme. Und du, bevor du zu Weib und Kindern heimgehst, besuchst Hasdrubal.«
    »Ah, du bist also doch nicht völlig verrückt.«
    »Sag ihm, wo ich bin. Und er soll sich Gedanken über eine Palastwache machen. Plötzlich ist mir so, als ob Hamilkars Kinder sehr gut hundert Hopliten gebrauchen könnten.« Bostar hüstelte. »Eh, was hältst du von Vorzeichen?«
    »Nichts. Warum?«
    Der Punier deutete auf eine Wand. Kurz vor Sonnenuntergang war die breite Straße schattig. Rechts saßen, hinter Zerrschirmen aus grünem Molkeglas, seltsame Männer auf der Terrasse einer Taverne: verformte Fratzen, zerfließende

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