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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Messer im Bauch starren will. Manche nennen es Klugheit oder Vorsicht; andere sagen: Warum kratzest du dich, wo es noch gar nicht jucket?‹ Ich kratze mich lieber zu früh.«
    »Das bleibt aber unter uns«, sagte Antigonos halblaut , obwohl niemand in der Nähe war. Dann berichtete er über seine Verhandlungen mit dem Fürsten der Kontestaner, eines großen Volks an der iberischen Südostküste. Der Hauptort, Mastia, lag an einer Bucht, die einen der besten natürlichen Häfen dieser Weltgegend bildete. Die Punier unterhielten dort seit langem eine Handelsniederlassung und warben Söldner an. Urdabil hatte nach all den Jahren einmal selbst Qart Hadasht sehen wollen und im Herbst viertausend Krieger begleitet, die wegen des Kriegsendes nicht mehr zum Einsatz gekommen waren.
    »Wir haben uns darauf geeinigt, daß gute Handwerker für sein Volk und seine Hauptstadt ein Gewinn wären. Sein Sohn, Mandunis, war bei Hamilkar. Er ist jetzt mit fünfhundert Kriegern aus Sizilien zurückgekommen und haust in der Isthmos-Mauer. Wenn nichts mehr dazwischenkommt, werden die Männer zusammen mit ein paar reisewilligen Handwerkerfamilien bald nach Iberien aufbrechen. Vielleicht wird es eine richtige kleine Pflanzstadt; die Bank hat an der Bucht von Mastia Boden gekauft. Es sind aber noch nicht alle Einzelheiten geklärt.«
    Hasdrubal beugte sich seitlich vor und klopfte auf Antigonos’ Oberschenkel. »Wir denken das gleiche, wie ich sehe. Das ist gut. Ich mag diese vorsichtige Herzlichkeit, die sich in den letzten Monden zwischen uns entwickelt hat.«
    Antigonos gluckste. »Nachdem wir durch gemeinsame Waffenspiele zu Herzlichkeit gekommen sind, sollten wir vielleicht die Vorsicht langsam ein wenig abbauen.«
    Hasdrubal lächelte, »Gut. Wann wollen wir trinken?«
    »Bald – bis wir schielen. Aber sag mir, was in deinem allzu hübschen Kopf vorgeht, dies Dorf betreffend.«
    Sie hatten den äußeren Gebäudering fast erreicht. Hasdrubal zugehe sein Reittier. »Die ›Alten‹ sind im Moment stärker. Sie werden versuchen, alles wieder auf die alten Wege zurückzubringen – billige Rohstoffe in barbarischen Ländern kaufen, billige Erzeugnisse dorthin liefern, kein Wettbewerb mit den Hellenen, keine Reibungspunkte mit Rom. Deine Erfolge, Metöke, und deine Verbindungen zu den ›Neuen‹ machen dich besonders abscheulich. Und deine guten Handwerker mit ihren hervorragenden Erzeugnissen passen nicht in die alten Vorstellungen. Du machst etwas Neues, du bist Metöke, du hast Erfolg – drei gute Gründe für die ›Alten‹, dir Knochensplitter in die Suppe zu spucken, sobald sie können.«
    Antigonos betrachtete die hellen Häuser unter dem schaumigen Himmel und kaute auf der Unterlippe. »Ich weiß nicht, ob sie mit dem, was ich plane, glücklicher sein werden.«
     
    Lysandros’ Begeisterung kannte Grenzen. »In meinem Alter? Übers Meer? Iberien? Diesen Nirgend-Ort hier aufgeben? Und vorsichtig vorfühlen, ohne dem Dorfrat wirklich etwas zu sagen?« Er schnaubte. Dann knurrte er: »Aber du bist der Herr. Zu sechs Zehnteln.«
    »Deine makischen Schulden sind bezahlt. Wenn du willst, können wir neu verhandeln. Oder die Zusammenarbeit lösen. Das gilt auch für die anderen – niemand muß reisen. Es wird neue Werkstätten in der Stadt geben für die, die bleiben.«
    Der alte Mann fuhr sich mit der Rechten über den kahlen Schädel, seufzte, kratzte sich den dünnen verfärbten Bart und bleckte die zahnlosen Gaumen. »Ah, was soll es? Ich bin ein alter Mann, Antigonos. Die Augen lassen nach, die Beine sind steif und wankelmütig. Fast acht Jahrzehnte. Wenn ich noch einmal reisen und etwas Neues sehen will, muß ich mich beeilen. Du hast mich immer anständig behandelt, und ich habe nie besser und mit mehr Lust gearbeitet als in den letzten Jahren.« Er klopfte an die große Bronzeschale, in der eine winzige Pfütze Duftwasser schwappte. »Du willst also meine Düfte nicht mehr haben? Hier, in Karchedon?«
    »Doch – wenn du hierbleiben willst. Wenn nicht, hoffe ich , jemanden zu finden, der wenigstens halb so gut ist wie du und deine Arbeit fortführen kann. In einer anderen Werkstatt.«
    Lysandros lehnte sich gegen das Gestell mit Näpfen, Töpfen und Tiegeln und verschränkte die Arme. Er blickte sich in dem hellen sauberen Raum um, in dem zwei junge Männer geheimnisvolle Dinge taten. Einer hantierte an einem kleinen Preßtrog. Neben ihm stand ein flaches Gefäß mit hochgebogenen Rändern. Es enthielt eine duftende

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