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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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schlechter Vater gewesen war, ein verabscheuenswürdiger Schläger, der Jo während ihrer Ehe erniedrigt hatte. Was immer er in seinem Leben getan haben mochte, er hatte mit Sicherheit nicht verdient, es auf so grausame Weise zu verlieren. Es war ihr Job, dafür zu sorgen, dass ihm Gerechtigkeit widerfuhr. Die Toten verdienten eine Stimme und, ob es Daniels gefiel oder nicht, sie war die seine.
    Vier Post-its klebten an ihrem Monitor, einer von Bright, der sie daran erinnerte, dass sie ihre Spesenabrechnung und Budget-Planung noch bis heute Abend unterschreiben musste, die anderen drei waren Benachrichtigungen, dass ihr Vater angerufen hatte. Sie nahm sie ab und warf sie in den Papierkorb. Jetzt hatte sie sich um Wichtigeres zu kümmern. Sie holte den Zeitungsausschnitt hervor, der vor ein paar Tagen zur Rezeption gebracht worden war, und scannte das Bild ein. Dann schickte sie es als E-Mail-Anhang an Ron Naylor und ihren Ansprechpartner bei der Mordkommission der West Midlands Police. Als Nächstes steckte sie den Zeitungsausschnitt und den Briefumschlag, in dem er geliefert worden war, in eine Beweismitteltüte und schickte sie ins gerichtsmedizinische Labor.
    Sie nahm das Telefon zur Hand und rief in der Rezeption an. »Hier spricht DCI Daniels. Besorgen Sie mir die Aufzeichnungen aus der Überwachungskamera von vor zwei Tagen, ungefähr …« Wann war das gewesen? »Gegen halb acht. Ja, das ist richtig … Ja, sofort!«
    Sie legte auf und loggte sich in ihren Computer ein. Minuten später klopfte eine Zivilangestellte leise an die Tür, eine CD in der Hand und einen finsteren Ausdruck im Gesicht. Daniels dankte ihr für die CD, entschuldigte sich, dass sie am Telefon so barsch gewesen war, und versprach, sie so bald wie möglich zurückzubringen. Als das Mädchen gegangen war, legte sie die CD in den Computer ein, öffnete die Datei und machte einen Schnelldurchlauf, bis der Zähler in der rechten unteren Ecke ihres Bildschirms 19:20 Uhr anzeigte.
    Dann setzte sie sich und sah sich die weitere Aufnahme an.
    Auf dem Monitor öffnete sich die Tür zum Eingangsbereich der Zentrale, und ein stadtbekannter Krimineller kam herein. Der Officer vom Dienst griff unter den Tisch, zog das Unterschriftenbuch heraus und blätterte darin. Auf der richtigen Seite angekommen, drehte er das Buch herum. Der Kriminelle unterschrieb und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Als er hinausging, kam eine Frau in einer Burka herein. Während der Beamte ihr gerade den Rücken zukehrte, legte sie einen Briefumschlag auf den Tresen und eilte schnell wieder hinaus. Daniels spulte zurück und ließ die Aufnahme noch einmal ablaufen, hielt sie an der entsprechenden Stelle an und vergrößerte die Figur in der Burka.
    Der Umschlag.
    Ihre Hand.
    Oder war es seine?
    Mein Gott! Der hatte wirklich Nerven.
    Sie rief Ron Naylor an, ohne sich dafür zu entschuldigen, dass sie ihn aus dem Bett holte. Sie verabredeten ein Treffen im Lauf des Tages, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Stephens’ Fall zu. Sekunden wurden zu Minuten; Minuten zu Stunden, und es war schon fast vier Uhr nachmittags, ehe sie wieder den Kopf hob.
    Als sie sich jetzt zurücklehnte, hörte sie Telefone klingeln, Detectives mutmaßen und auf der anderen Seite ihrer Bürotür den Fall erörtern. Sie konnte hören, wie Gormley sich über die spärlichen Spuren in dem Fall beschwerte. Brown gab seinen Senf dazu, indem er auf die sich häufenden Beweise gegen Jo Soulsby hinwies. Er würde sie noch nicht als zwingend beschreiben, stimmte aber mit Bright überein. Sie begann sich als einzige wirkliche Verdächtige herauszukristallisieren. Wenn Daniels ehrlich war, musste sie zugeben, dass der Rest der Mannschaft ähnlich dachte. In jedem anderen Fall wäre sie geneigt gewesen, ihnen zuzustimmen. Aber nicht dieses Mal, dachte sie, während sie aus dem Fenster sah, auf die letzten spärlichen Spuren des Sonnenlichts am Horizont. Dieses Mal war sie fest entschlossen, ihnen allen zu beweisen, dass sie falsch lagen. Irgendwo in den Straßen da unten lief der wahre Mörder frei herum.

57
    Er hatte es sich heute wieder angesehen.
    Der Ladeneingang stank nach Pisse und bot nur wenig Schutz vor dem strömenden Regen. Er lächelte, als ein Streifenwagen herankam, dessen Fahrerin ihn kurz musterte, bevor sie weiterfuhr, wahrscheinlich mit wichtigeren Dingen beschäftigt.
    Wie sehr konnte sich ein Mensch irren?
    Ihre Kollegen waren ihm kein Stück näher gekommen. Er plante schon

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