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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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sollen. Aber James ist so ein netter Junge, trotz seines draufgängerischen Getues. Er hat mir die Schuld an der Trennung seiner Eltern gegeben, aber tief im Innern weiß er, dass ich nichts dafür konnte. Ich wollte nicht diejenige sein, die ihn in Verdacht bringt. Er hat nicht … na ja, ich bin sicher, dass er nichts mit dem Tod seines Vaters zu tun hat.«
    »Ich wünschte, ich könnte da auch so sicher sein!«
    Daniels verbrachte noch eine weitere halbe Stunde bei Monica. Erst als sie sich endgültig überzeugt hatte, dass da nichts weiter zu erfahren war, verließ sie das Haus. Auf dem Weg zu ihrem Auto rief sie Gormley auf seinem Handy an und berichtete ihm, was sie gerade herausgefunden hatte.
    »Stephens hat sein Testament geändert und James komplett herausgenommen«, erklärte sie.
    »Hatte er es unterschrieben?«
    »Monica weiß es nicht genau, zumindest behauptet sie das.«
    »Das gibt James einen Grund, ihn zu töten. Ihr auch, wenn man bedenkt, wie untreu er war. Vielleicht wollte sie aussteigen, bevor Stephens beschloss, sie endgültig zu verlassen.« Gormley machte eine Pause, Verkehrslärm im Hintergrund. Es hörte sich an, als überquerte er gerade eine befahrene Straße. Dann sagte er: »Wär’s nicht an der Zeit, dass du Bright in Jos kleines Geheimnis einweihst?«
    Daniels ging weiter. »Wir sehen uns dann morgen, Hank.«

56
    Die anderen Autos waren kaum mehr als geisterhafte Schatten auf dem Weg in die Stadt. Daniels fuhr langsam durch die Nebelsuppe und dachte an eine Kollegin, die vor genau zwei Jahren bei ähnlichem Wetter ihr Leben bei einem Auffahrunfall auf der M6 verloren hatte. Sie war unterwegs gewesen, um ihre Tochter für Weihnachten von der Universität abzuholen und mit nach Hause zu nehmen, als ihr Auto auf einen langsam fahrenden Bus auffuhr.
    Der Gedanke daran ließ Daniels frösteln.
    Sie fühlte sich reichlich mitgenommen heute Morgen, hatte schlecht geschlafen, war mehr als einmal durch Träume aufgeschreckt worden, die sie nicht verstand. Sie hatte versucht, noch eine Mütze voll Schlaf zu kriegen, aber am Ende hatte sie aufgegeben, war aufgestanden, hatte geduscht und war noch lange vor Morgengrauen zur Arbeit losgefahren. Erleichtert, dass der Toyota schließlich die Sicherheitsschranke der Polizeistation passierte, parkte Daniels den Wagen und betrat das Gebäude durch die Hintertür. Als sie schweigend in die Einsatzzentrale kam, überraschte sie eine Putzfrau, die ganz in ihre Arbeit vertieft war.
    »Mein Gott, haben Sie mich erschreckt!«, rief die junge Frau mit einem sanften Geordie-Näseln aus. Sie war hübsch: Mitte, Ende zwanzig, ovales Gesicht, braune Augen und rotbraunes Haar, das fest zu einem hoch angesetzten Pferdeschwanz zusammengebunden war – eine Frisur, die Maxwell grausamerweise als »Croydon-Facelift« beschrieb. »Soll ich rausgehen? Ich bin fast fertig hier.«
    »Nein, machen Sie nur weiter. Tut mir leid, ich wollte Ihnen keinen Schrecken einjagen«, antwortete Daniels. In all den Jahren bei der Polizei dachte sie zum ersten Mal darüber nach, wie unheimlich es für einen Zivilisten sein musste, allein in einer Einsatzzentrale der Mordkommission zu arbeiten, ganz besonders zu so einer unchristlichen Stunde. Sie zeigte auf ihr Büro: »Sind Sie da drin fertig?«
    Die junge Frau nickte, dann drehte sie sich um, ging mit Mopp und Eimer auf Zehenspitzen über den feuchten Flur und hinterließ nur einen schwachen Geruch nach Reinigungsmitteln. Genau wie sie wollte Daniels zunächst einmal Ordnung in das Chaos bringen. Das Team würde nicht vor sieben hier eintrudeln. Sie hatte anderthalb Stunden Vorsprung.
    In ihrem Büro streifte sie den Mantel ab, setzte Wasser auf und wartete, bis es kochte, dann machte sie sich einen Becher Kaffee, der so schwarz und bitter war wie ihre Stimmung. Sie ganz allein war schuld an ihrem beruflichen Dilemma – sie wusste selbst, wie unangemessen sie sich verhalten hatte – bizarrerweise jedoch hatte genau dieses Verhalten ihre Loyalität Jo gegenüber wieder gefestigt, und ihr gefiel, was sie dabei empfand.
    Sie schob ihre persönlichen Gefühle beiseite und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, die vielen Dinge, die ihre Aufmerksamkeit forderten, in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Alan Stephens mochte einen »Hang zur Grausamkeit« gehabt haben, wie seine Witwe gesagt hatte, aber es war ihre Aufgabe, den oder diejenigen zu finden, die für seinen Tod verantwortlich waren. Es spielte keine Rolle, dass er ein

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