Hannah, Mari
Kinderbücher auf den unteren Regalfächern beherbergten.
Sie verbrachten etwa zwei Stunden damit, den Raum zu durchsuchen, bevor sie zur Rezeption zurückkehrten. Gormley dankte der Sekretärin für die Kooperation, während Brown Quittungen für die Gegenstände ausstellte, die sie mitnahmen: Jos Tischkalender, ihren Laptop, ein Handy und verschiedene Dokumente, die sie vielleicht brauchen konnten.
»Vielleicht müssen wir noch einmal wiederkommen«, warnte Brown sie vor. »Außerdem brauchen wir noch eine Liste mit Ms. Soulsbys aktuellen Fällen.«
»Ist das wirklich nötig?«, fragte die Sekretärin.
»Ja, ich fürchte schon.«
Die Frau loggte sich in ihren Computer und gab einen Befehl ein. Der Drucker erwachte zum Leben und spuckte eine Liste von etwa sechzig Namen aus. Brown fragte sich, ob die Leute darauf als Klienten oder Patienten bezeichnet wurden. Beide Bezeichnungen erschienen ihm viel zu gut für den Abschaum, an dem sie vorhin im Flur vorbeigekommen waren.
55
Als Kate Daniels Jo Soulsbys Haus betrat, wuselten schon überall die Leute von der Spurensicherung herum. Eine Beamtin in einem weißen Overall begrüßte sie mit einem Kopfnicken, stand auf und reichte ihr zwei durchsichtige Beutel mit Beweismitteln.
»Das hab ich im Mülleimer in der Küche gefunden«, sagte sie und zeigte auf den ersten. Er enthielt ein zerrissenes Foto, das sie nicht sonderlich überraschte. Sie hielt den zweiten hoch. »Und was ist das?«
»Eine Mahnung wegen unbezahlter Studiengebühren, die an Alan Stephens gerichtet ist.«
»Wo war das?«
»In einem der Schlafzimmer oben, unter eine Matratze gestopft.«
Daniels’ Kiefer verspannte sich. Sie zog ihr Telefon heraus, tippte eine Nummer ein. »Hier ist DCI Daniels. Ich habe noch ein paar Fragen an Sie.« Pause. »Natürlich, sonst würde ich ja nicht anrufen.« Daniels verdrehte die Augen. Die Person, die sie angerufen hatte, strapazierte ihre Geduld. »Ich komme sofort vorbei.«
Die Stimmung im Raum hatte sich geändert. Monica Stephens’ Gelassenheit schien sich plötzlich verflüchtigt zu haben. Sie machte einen nervösen Eindruck, änderte ständig die Ordnung der neuen Kissen auf ihrem neuen Sofa und tat alles, um Daniels nicht in die Augen sehen zu müssen. Es war nicht zu übersehen, dass das Wohnzimmer in den letzten Tagen renoviert worden war.
»Und bisher haben Sie das mit den Studiengebühren nicht für erwähnenswert gehalten?«, fragte sie.
Monica sah auf. »Alan hat sich sehr darüber geärgert, dass er noch für den Jungen zahlen musste, nachdem er volljährig geworden war.«
»Verstehe ich das richtig, dass Sie da anderer Meinung waren?«
Monica seufzte. »Ja. James hatte gerade erst sein zweites Studienjahr angefangen, aber Alan wollte nicht auf mich hören. Er hat gesagt, er selbst habe die Schule mit fünfzehn verlassen, und es habe ihm auch nicht geschadet.«
Daniels war empört. »Und James hat das herausgefunden?«
»Natürlich …« Monica schlug die Hände zusammen und legte sie in den Schoß. »Er hat hier angerufen und hat geschimpft und getobt. Mein Mann hatte Thomas das Studium finanziert, und James fand es ungerecht, dass er anders behandelt werden sollte. Alan hat sich geweigert, mit ihm zu sprechen oder noch einmal darüber nachzudenken. Sie hatten einen schrecklichen Streit. Ich weiß nicht, was James zu ihm gesagt hat, aber ich habe Alan noch nie so wütend gesehen.«
Monica stand auf, kehrte Daniels den Rücken und sah aus dem Fenster.
Ungeachtet dessen machte Daniels weiter Druck. »Gibt es noch etwas, was Sie uns nicht gesagt haben?«
Monica drehte sich zu ihr um. »Welches Sternzeichen sind Sie, Detective Chief Inspector?«
Daniels antwortete nicht.
»Alan war Skorpion, durch und durch.«
»Und das heißt?«
»Wenn ihn jemand gekränkt hat, hat er doppelt so hart zurückgeschlagen. Meistens verbarg er es gut, aber Alan konnte ziemlich grausam sein. Er hat damit gedroht, den Jungen zu enterben.«
»Nur James?«
Monica nickte.
»Zu wessen Gunsten?«
Monica sah sie direkt an. »Da bin ich ebenso überfragt wie Sie. Wer weiß schon, wen ein notorischer Schürzenjäger noch so aus dem Ärmel schüttelt.«
Daniels schüttelte den Kopf. »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?«
»Es ist nicht meine Art, vor anderen Leuten meine schmutzige Wäsche zu waschen, Ihre etwa?«
»Darum geht es nicht.«
Monica machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Es tut mir leid, ich hätte Ihnen von Alans Affären erzählen
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